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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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Auf einem Tisch baute er vor den Geschworenen seine Gläser, Flaschen und Retorten auf und führte vor ihren Augen, wie ein Zauberkünstler sie mit Worten ablenkend, ein Farbenspiel roter, grüner, bläulich-violetter chemischer Reaktionen vor. Dabei kam es ihm darauf an, den Zuschauern trotz der sichtbaren Farbunterschiede zwischen animalischen und pflanzlichen Substanzen einzureden, die Farbreaktionen seien miteinander identisch.
    Von der Show ebenso fasziniert wie verwirrt, wuchs bei den Geschworenen der Zweifel am Morphium-Nachweis von Prof. Witthaus. Der Anwalt hatte mit Hilfe von Prof. Vaughans Scharlatanerie sein Ziel erreicht. Aber lange konnte er sich nicht seines Erfolges freuen. Staatsanwalt Wellman hatte Vaughans Manipulationen durchschaut. Er verwickelte den Angeklagten im Kreuzverhör in solche Widersprüche, dass seine Schuld immer klarer zutage trat.
    Buchanan wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet.
    Witthaus gelang es kurz darauf nachzuweisen, dass Vaughan für sein Täuschungsmanöver zuvor die Reagenzien verändert hatte.

    Überdenkt man die drei Giftmorde von Pommerais, Lamson und Buchanan, drängen sich dabei beängstigende Vorstellungen auf. Nur durch Zufälle wurden sie als Mord erkannt. Und sie als Mord zu beweisen war ebenfalls schwierig genug. Deshalb ist es gewiss nicht abwegig anzunehmen, dass Morde, von Ärzten begangen, eine relativ hohe Dunkelziffer besitzen.

    Ein Fehlurteil?

    Waren die Giftmörder Dr. Lamson und Dr. Buchanan nur knapp einem Freispruch entgangen, schien der mutmaßliche Giftmörder Dr. Sandner mehr Glück gehabt zu haben.
    Auch dieser Fall aus dem Jahre 1871 zeigt, wie in jenen Jahrzehnten mörderische Ärzte bereits Pflanzengifte verwendeten, die damals noch immer schwer nachweisbar waren oder bei denen der Nachweis außerordentlich große toxikologische Erfahrung erforderte.
    Dr. Sandner war angeklagt worden, seine vermögende Frau mit Strychnin vergiftet zu haben. Nicht nur alle Symptome des Todeskampfes der Frau sprachen dafür. Auch weitere Indizien wie das Motiv und das Verhalten Dr. Sandners nach dem Tod seiner Frau machten einen Giftmord wahrscheinlich. Die gerichtsmedizinischen Gutacher gelangten zu widersprüchlichen Erkenntnissen, und im Zweifel kam es zu einem zweifelhaften Freispruch.
    Johann Sandner war 26 Jahre, als er die 38jährige kinderlose Witwe eines Bierbrauers, Katharina Loher, heiratete. Der Altersunterschied befremdete die Leute nicht. Denn die Witwe war vermögend. Sie besaß eine Bierbrauerei, mehrere Gastwirtschaften und ein Landgut.
    Sandner zeigte sich nicht nur als tüchtiger Arzt, er betätigte sich auch erfolgreich als Bierbrauer und Landwirt. Sein Wohlstand wuchs, sein Einfluss nahm zu, und bald saß er im Gemeinderat seines Heimatstädtchens Osterhofen (Niederbayern), wurde Distriktsrat und Vorstand des landwirtschaftlichen Bezirkskomitees. Der König von Bayern verlieh ihm mehrere Auszeichnungen.
    Aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor, Magdalene und Amalie. Jeder, der die Familie Sandner kannte, war überzeugt, dass sie eine glückliche Ehe führten.
    Aber das war nur äußerer Schein. Des guten Rufes wegen versuchte Frau Sandner, das Bild einer harmonischen Ehe aufrechtzuerhalten. In Wirklichkeit war sie schon tief zerrüttet. Der große Altersunterschied der Ehegatten machte sich bemerkbar.
    Als der Doktor Ende Dreißig war, hatte seine Frau die Fünfzig schon überschritten. Wahrscheinlich hatte Sandner seine Frau auch nie geliebt, sondern sie aus reiner Berechnung geheiratet. Ihr Vermögen und ihre Reputation erleichterten ihm den gesellschaftlichen Aufstieg in seiner kleinen Welt.
    Auch in sexueller Hinsicht stimmte es zwischen den Eheleuten nicht. Der Doktor suchte sich bei Dienstboten und Kellnerinnen schadlos zu halten. Sobald das seine Frau bemerkte, entließ sie die Beischläferinnen ihres Mannes. Doch das half nichts, er fand rasch Ersatz, und die Spannungen zwischen den Eheleuten wuchsen nur noch mehr.
    Um aber das Geschäft und die Praxis nicht zu gefährden, ließen sich beide nach außen nichts anmerken. In der Öffentlichkeit waren sie freundlich zueinander. Nur zum Gendarmeriewachtmeister Weidner, der in der Familie verkehrte, äußerte Frau Sandner mehrmals insgeheim, sie würde einmal keines natürlichen Todes sterben und sich am liebsten von Sandner scheiden lassen.
    Da sie sonst aber niemanden hatte, mit dem sie über ihre Konflikte sprechen konnte, suchte sie Trost im Alkohol. Bald kam es so weit, dass

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