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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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sie fast täglich, oft schon früh am Vormittag, bis zur Bewusstlosigkeit betrunken war. Sandners Abscheu vor seiner Frau wurde immer größer.
    Notwendigerweise stellten sich bei Frau Sandner Krankheiten ein. Dr. Kufner, Arzt in Osterhofen, behandelte sie. Er beschränkte sich aber meist darauf, die Verdauung zu regeln. Er verschrieb ihr Abführmittel, und zwar Jalappa pulvis, das sich bei ihr als wirksam erwies.
    Anfang April 1875 - Frau Sandner war nun 59 Jahre erkrankte sie heftiger als je zuvor. Sie empfand Übelkeit und Schwindelgefühl, verlor das Bewusstsein und musste mehrere Tage im Bett verbringen. Ihr Zustand besserte sich nur langsam.
    Im Juni wurde ihr erneut unwohl. Am 25. Juni klagte sie einer Nachbarin, ihr sei dauernd schwindlig, sie schwitze häufig und könne den linken Arm kaum bewegen. Am 27. Juni, so berichtete der Hausarzt Dr. Kufner später, »klagte sie abends, als ich am Stammtisch saß, über ihren linken Arm. Ich sah mir den Arm an und stellte eine bedeutende Störung seiner Bewegungsfähigkeit fest. Ich nahm an, es sei Rheumatismus in den Muskeln, und verordnete ein Senfpflaster und einen Watteumschlag. Am nächsten Tag lag Frau Sandner im Bett. Ihr Arm hatte sich nicht gebessert.
    Ich untersuchte deshalb den Arm genauer und stellte nichts als eine bedeutende schmerzhafte Funktionsstörung fest. Der Puls war regelmäßig, ruhig wie immer und das Allgemeinbefinden durchaus nicht gestört. Da Frau Sandner erklärte, sie habe jetzt keine Zeit, krank zu sein, unterließ sie es auch, die von mir verordnete Medizin zu nehmen.«
    Tatsächlich gab es gerade in diesen Tagen viel Arbeit für Frau Sandner. Am 29. Juni sollte in einem ihrer Gasthäuser eine Festivität stattfinden. Die vorbereitende Arbeit fiel ihr schwer.
    Sie sagte nach der Veranstaltung, wenn die Feier nicht gewesen wäre, hätte sie sich hingelegt und die Medizin regelmäßig eingenommen. Wenn ihr jetzt nicht besser würde, würde sie wohl den nächsten Tag nicht mehr erleben. Schwindelgefühl und Reißen im Arm hatten zugenommen. Dr. Kufner musste erneut gerufen werden.
    Kufner berichtete später über den Zustand der Frau Sandner an diesem Morgen: »Ich traf die Patientin im Gastzimmer. Sie war angekleidet und schon mitten in der Arbeit, sagte, es ginge ihr mal besser und mal schlechter. Ich verließ sie dann wieder. Nachmittags traf ich Sandner allein. Ich teilte ihm meine Besorgnis mit, seine Frau sei ernstlich krank. Ich dachte dabei an die Möglichkeit eines Gehirnschlags. Damit sie gleich am nächsten Morgen einnehmen könne, schrieb ich ihr ein Rezept aus, das ich Sandner gab. In diesem Rezept war ein leichtes Abführmittel, Jalappa tinctura, enthalten. Es schmeckt nach Weingeist und hinterlässt einen bitteren Geschmack.«
    Das war am Nachmittag des 29. Juni. Am gleichen Abend sahen verschiedene Zeugen, dass es Frau Sandner wieder schlechter ging. Sie war blass und elend, schwitzte stark und sprach sehr leise, schlich matt und kraftlos umher.
    Ein Pferdehändler, der in der Gaststube saß, sagte zu seinem Reisegefährten: »Die macht nicht mehr lange.«
    Frau Sandner blieb bis Mitternacht auf. Um ein Uhr nachts ließ sie sich von der Kellnerin Anna Polster den linken Arm in Watte einwickeln.
    Zwei Stunden später hörte Sandner seine Frau schwer atmen und stöhnen. Er fühlte ihr den Puls und sagte, es sei alles in Ordnung. Am Morgen äußerte Frau Sandner, heute würde sie endlich die Medizin einnehmen. Dauernd sei ihr schwindlig. Und die Schmerzen im Genick halte sie nicht mehr aus. Auch das Flimmern vor den Augen sei unerträglich. Sie schwitzte heftig.
    Dr. Sandner schickte die Hausmagd Johanna Reitinger mit dem Rezept, das Dr. Kufner am Vortage ausgeschrieben hatte, in die Apotheke. Der Apotheker bereitete es zu, die Magd brachte die Flasche mit der Tinktur ins Schlafzimmer, wo sich außer Frau Sandner auch ihr Mann befand. Die Magd übergab Sandner die Medizin und verließ das Schlafzimmer wieder.
    Bald darauf ließ Sandner anspannen und fuhr wie jeden Tag auf die Dörfer, um seine Praxis auszuüben.
    Die Dienstmagd Reitinger begab sich dann wieder ins Schlafzimmer, um die Betten in Ordnung zu bringen. Frau Sandner lag noch im Bett, neben ihr saßen die beiden Töchter. Die Reitinger fragte Frau Sandner, wie sie sich fühle. »Zum
    Grausen«, erhielt sie zur Antwort.
    Die Töchter meinten, der Zustand der Mutter habe sich erst nach Einnahme der Medizin so verschlechtert.
    Frau Sandner versuchte nun aufzustehen.

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