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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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spritzte.
    Gewiss gab es jenen Widerspruch zwischen der Aussage von Schwester Rose und dem Arzt Dr. Snay, ob Mrs. Borroto zum Zeitpunkt der Luftinjektionen noch lebte oder schon tot war. Aber in den ersten Vernehmungen hatte Sander selbst erklärt, er habe aus Mitleid bewusst den Tod seiner Patientin herbeigeführt und damit gegen das Gesetz verstoßen. Nun aber sollte er sein Motiv und seine eigene Aussage verleugnen. Und sollte sich zu einer Handlung bekennen, die ihm sowieso niemand glauben würde, so dass er dann auch noch als jämmerlicher Lügner dastünde.
    Sander beugte sich dieser schweren Entscheidung, denn Wyman sah keine andere Möglichkeit, ihn vor einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe zu bewahren.
    Und so verkündete Wyman also in der Eröffnungs ansprache, Dr. Sander sei nicht schuldig. Er habe seine Patientin nicht durch Luftinjektionen getötet, vielmehr sei sie, wie auf dem Totenschein vermerkt, an Darmkrebs gestorben. Nach Dr. Snays Aussage habe Mrs. Borroto nicht mehr gelebt, als sie die Injektionen erhielt. Warum Dr. Sander einer bereits Toten diese Injektionen gegeben habe, könne er sich selbst nicht erklären. Sander sei an jenem Tage völlig überarbeitet gewesen und habe aus einem unerklärlichen spontanen Entschluss heraus gehandelt, wahrscheinlich um zu verhindern, dass die tote Patientin wieder in ihr qualvolles Leben zurückkehrte.
    Als erstes versuchte Wyman, den Geschworenen die ärztliche Lauterkeit seines Mandanten zu beweisen. 23 Zeugen - Ärztekollegen, Schwestern, Patienten - bekundeten Sanders fachliche Qualitäten, seine Fürsorglichkeit und Anteilnahme am Schicksal seiner Patienten.
    Aber Sanders ärztliche und menschliche Tugenden bezweifelte niemand, waren sie doch augenscheinlich das Motiv für seine Handlung. Peinvoll wurde es für den Angeklagten erst, als er sich von seinem Verteidiger zur eigenen Person vernehmen ließ. Das war notwendig, denn nur so konnte er verhindern, dass der Generalstaatsanwalt als erster die heikelsten Probleme aufgriff und Sander in die Enge trieb. Griff er dagegen bereits alle Widersprüche auf, in die sich Dr. Sander verstrickt hatte, besaß er eine geringe Chance, sie den Geschworenen glaubhaft zu erklären.
    Wyman forderte Sander auf, den Zustand der Patientin zu beschreiben, als Schwester Rose ihn zu ihr rief. »Sie machte den Eindruck einer Toten«, sagte Sander. »Totenstill, wie sie dalag. Sie war bleich, ihr Gesicht hatte diesen entspannten Ausdruck. Ihre Augen waren offen und starr gegen die Decke gerichtet. Als ich nach ihrem Handgelenk griff, um den Puls festzustellen, war die Hand kalt. Ich fühlte keinen Puls mehr. Dann versuchte ich es mit dem Stethoskop. Aber ich konnte
    nichts hören, weder Atemzüge noch Herztöne.«
    »Was schlossen Sie daraus, Doktor?«
    »Ich war überzeugt, sie war tot.«
    »Baten Sie dann die Tagesschwester Miss Rose um eine sterile Spritze?«
    »Ich kann mich nicht mehr erinnern.«
    »Können Sie sich erinnern, was Sie mit der Spritze taten?«
    »Ich injizierte ein paar Kubikzentimeter Luft in den Arm, und nichts geschah. Ich sah eine leichte Schwellung um die Nadel herum, und ich injizierte noch ein paar Kubikzentimeter langsam in den Arm hinein und blickte auf die Patientin, und nichts geschah. Es war keine Veränderung im Ausdruck festzustellen, aber es gab eine leichte Schwellung um die Nadel und die Aderpartie herum. Ich war noch nicht sicher, ob ich in der Ader war oder nicht, ich fuhr aber fort, kleine Luftmengen zu injizieren, bis schließlich die ganzen 10 Kubikzentimeter erschöpft waren.«
    »War irgendeine Veränderung im Ausdruck oder irgendeine Bewegung bei Mrs. Borroto festzustellen?«
    »Während dieser ganzen Prozedur kein Lebenszeichen, keine Reaktion.«
    »Wie viel Injektionen waren es im ganzen, Doktor?«
    »Vier Injektionen.«
    »Wie viel Luft haben Sie insgesamt in den Arm injiziert?«
    »Zwischen 25 oder 30 Kubikzentimeter.«
    »Sie sagten, während der ganzen Prozedur keine Reaktion. Warum dann nahmen Sie überhaupt die Injektionen vor?«
    »Ich weiß es nicht. Ich kann es nicht genau erklären. Als ich auf ihr Gesicht sah und alle Gedanken an die Vergangenheit durch meine Seele gingen, fühlte ich mich plötzlich angetrieben, war gewissermaßen davon besessen, etwas zu tun; warum ich es aber tat, kann ich nicht sagen. Es hatte keinen Sinn.«
    Der Anwalt blickte zu den Geschworenen. Würden sie diese absurde Behauptung glauben? Richtet ein Arzt mit einer solchen Aussage nicht

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