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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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intravenös einführten - warum nahmen Sie die Spritze vom Arm und öffneten sie und führten neue Luft ein?«
    »Warum ich all das tat, weiß ich nicht.«
    »Sie sagen, Sie wissen nicht, warum Sie all das taten?«
    »Ja, warum ich es tat, weiß ich nicht. Ich wurde innerlich dazu gezwungen, ich kann es nicht erklären.«
    Man konnte fast Mitleid mit Dr. Sander haben, der wohl noch immer hoffte, sich mit solchen unglaubwürdigen Behauptungen retten zu können.
    Und in dieser hoffnungslosen Situation kam die Wende für
    ihn.
    Hatten die bisher befragten medizinischen Gutachter ihn anscheinend des Mordes durch Luftinjektionen überführt, sprach ihn nun ein weiterer medizinischer Sachverständiger von dieser Anklage frei. Anwalt Wyman hatte wohl selbst wenig Zutrauen zu seiner Strategie gehabt, seinen Mandanten als Trottel auftreten zu lassen, der von der Wirkung einer Luftinjektion keine Ahnung hatte und nicht wusste, was er tat. Wyman hatte einen Sachverständigen gefunden, der dem Prozess einen sensationell anderen Verlauf gab.
    Das war Dr. Ford, ein anerkannter Pathologe von der Harvard-Universität.
    Dr. Fords Auftritt erzeugte atemlose Spannung, als er zu Beginn seines Vortrags erklärte, er habe an Mrs. Borrotos Leiche etwa hundert Gewebeproben untersucht und sei zu einer gänzlich andern Schlussfolgerung gekommen als die andern Gutachter. Die Gewebeproben habe er vornehmlich dem Arm entnommen, an dem Dr. Sander die Luftinjektionen durchgeführt hatte. Dabei habe er festgestellt, dass die betreffende Vene schon Tage zuvor durch zwei Blutpfropfen so verstopft gewesen war, dass die Luft gar nicht die Vene passieren konnte. Ferner sei die Vene durch vorangegangene Injektionen bereits so verhärtet gewesen, dass eine Nadel kaum noch in sie eindringen konnte. Wahrscheinlich sei die Luft vom umgebenden Gewebe absorbiert worden. Außerdem reichten selbst 40 Kubikzentimeter Luft nicht aus, um eine tödliche Embolie hervorzurufen. Das habe auch Dr. Miller, der Zeuge der Anklage, zugegeben.
    Dr. Fords Gutachten führte zu einem erregten Disput mit den andern Sachverständigen und dem Generalstaatsanwalt. Aber es gelang Fords Gegnern nicht, seine Argumente überzeugend zu widerlegen.
    So blieb dem Generalstaatsanwalt in seinem Schlussplädoyer nichts weiter übrig, als sich bitter darüber zu beklagen, dass die Justiz durch die Schachzüge der Verteidigung eine unverdiente Niederlage erlitten habe. Er forderte die Jury auf, Dr. Sander zu verurteilen, vermied es aber, ihn weiterhin einen Mörder zu nennen. Dann, so wird berichtet, versagte dem Generalstaatsanwalt die Stimme. Als er danach seine Rede fortsetzen konnte, gestand er, es sei für ihn sehr aufreibend gewesen, den Prozess gegen Dr. Sander zu führen. Er und Dr. Sander seien von Kindheit an miteinander bekannt, sie wären auch auf dem College Schulfreunde gewesen.
    Der Verteidiger wies in seinem Schlussplädoyer darauf hin, die Anklage habe in vielen Punkten berechtigte Zweifel an ihren angeblichen Beweisen offen gelassen. Es sei nicht bewiesen, dass Mrs. Borroto noch lebte, als sie die Injektionen erhielt, oder ob die Luft überhaupt durch die verstopften Venen eindringen konnte oder ob die injizierte Luft für eine Embolie ausreichte. Zum Schluss hielt es Wyman für notwendig zu erklären, auch wenn er Dr. Sander verteidigt habe, bedeute das nicht, dass er auch die Euthanasie verteidige.
    Als der Richter die Geschworenen belehrte, nahm er sichtlich die Argumente der Verteidigung auf, wenn er sagte: »Wenn keine Luft in die Venen von Mrs. Borroto injiziert wurde, oder wenn sie schon tot war, als die Luft injiziert wurde, oder wenn die Luft nicht ausreichte, um ihren Tod herbeizuführen, oder wenn ihr Tod auf ihrer Krankheit beruhte, dann sollten Sie den Angeklagten nicht für schuldig befinden...«
    Der Freispruch für Dr. Sander kam nun nicht mehr überraschend und wurde sogar mit Beifall begrüßt. Die Stimmung im Gerichtssaal und in der Stadt war zugunsten des Arztes umgeschlagen. Später stellte sich heraus, dass Dr. Sander viele Sympathisanten in Manchester gehabt hatte, die insgeheim Geld für die Prozesskosten gespendet hatten.
    Verständlicherweise hatte dieser landesweit beachtete
    Prozess noch ein weltanschauliches Nachspiel, in dem sich erneut die unversöhnlich gegensätzlichen Fronten eine Schlacht lieferten.
    Die Ärztliche Standesvertretung des Staates New Hampshire verurteilte in einer öffentlichen Erklärung jede Handlung, »die darauf abzielt,

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