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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Nebenraum.«
    Grygoriew stand auf, um ihr zur Tür zu folgen, und drehte sich noch einmal um, als Ole Petersen sich lautstark räusperte. »Eine Frage, Herr Attaché, oder besser gesagt: eine Bitte!«
    Petersen war in den letzten zwei Jahren deutlich gealtert. Sein schmales, faltiges, vom Wetter gegerbtes Gesicht hatte ein paar zusätzliche tiefe Furchen bekommen, und sein weißes Haar hatte sich deutlich gelichtet; aber noch immer strahlten seine wasserblauen Kanoniersaugen eine kühle und überzeugende Autorität aus, die auch Grygoriew zu beeindrucken schien. Er blieb stehen und wartete.
    »Wenn Sie mit den zuständigen Stellen in Moskau telefonieren, fragen Sie doch bitte, ob Sie Einblick in die Besatzungslisten der unter russischer Flagge fahrenden Öltanker bekommen können. Vielleicht lässt sich feststellen, ob sich unter den Besatzungen Seeleute tschetschenischer Abstammung befinden. Möglicherweise mit gefälschten Papieren. Und vielleicht könnten Sie zudem herausfinden und uns mitteilen, welche russischen Tankschiffe am 11. September die Kadetrinne passieren werden.«
    Grygoriew lächelte und in seinen dunklen Augen war ein amüsiertes Funkeln.
    »Das«, sagte er, »ist ein ausgezeichneter Vorschlag, aber selbstverständlich sind wir auch schon auf diese Idee gekommen.«
    Dann drehte er sich um und ging hinaus. Meiners gab ein leises Pfeifen von sich.
    »Der scheint nicht im Mindesten beunruhigt zu sein«, sagte er. Monk, Skerning und Bengtson nickten zustimmend. Niemand sprach, und auch das leise Stimmengemurmel der anderen Mitarbeiter des Lagezentrums war verstummt.
    »Er glaubt es nicht«, sagte Elena in die Stille hinein, »weil er es sich einfach nicht vorstellen kann. Natürlich sind die Tschetschenen für die russische Propaganda Terroristen, und Putin hat sich ja große Mühe gegeben, den Tschetschenienkonflikt als Teil des weltweiten Kampfes gegen den Terror darzustellen, aber Grygoriew fürchtet sie nicht wirklich, nicht so, wie der Westen al-Qaida fürchtet. Sie sind Abschaum für ihn. Dumme, barbarische Irre, die man bombardiert und vergast, wenn sie aufmucken. Keine Gefahr für die stolze russische Handelsmarine.«
    »Ich glaube es auch nicht«, sagte Maybauer herausfordernd.
    »Natürlich nicht«, sagte Elena, »Arroganz macht dumm!«
    »Jetzt reichts mir langsam mit Ihnen«, explodierte Maybauer, »was bilden Sie sich eigentlich ein!«
    »Schluss damit«, unterbrach ihn Monk und würgte die Konfrontation mit einer unmissverständlichen Geste ab. Er war ganz offensichtlich mit seiner Geduld am Ende. »Mäßigen Sie sich, oder verlassen Sie den Raum. Das gilt für alle!«
    Elena war rot geworden, schien jedoch nicht sonderlich beeindruckt. Maybauer hatte sichtlich Mühe, sich zu beherrschen. Im ganzen Raum war jetzt nur noch das leise Surren der Computer zu hören. Irgendwo klingelte ein Telefon. Niemand ging ran. Wenig später öffnete sich die Tür und Grygoriew kam zurück. Offenbar schien er die Spannungen im Raum zu registrieren und zu spüren, dass man über ihn gesprochen hatte. Er blinzelte unbehaglich und setzte sich umständlich an den Konferenztisch zurück. Alle sahen ihn erwartungsvoll an.
    »Eine unangenehme Sache«, sagte Grygoriew, »der Verdächtige, dieser Wassily Jedmajew hat einen Herzinfarkt erlitten. Er ist tot. Und zwar bevor er uns etwas erzählen konnte, was uns weiterbringt!«
    Ich sah, wie Elena zusammenzuckte und Grygoriew anstarrte. Auf ihrer blassen Gesichtshaut hatten sich ein paar hektische rote Flecken gebildet, und ihre Augen funkelten zornig. Ich wollte mich zu ihr rüberbeugen und sie beruhigen, doch es war bereits zu spät.
    »Scheiße!«, sagte Maybauer.
    »Stimmt«, sagte Elena, »da haben wohl Ihre Spezialisten die Elektroschocks falsch dosiert?«
    Ihr beißender Tonfall war pure Provokation. Alle Köpfe drehten sich erschrocken zu ihr herum. Grygoriew zuckte zusammen.
    »Wer sind Sie denn?«
    »Mein Name ist Elena Bakarova.«
    »Sie sind Russin?«
    Grygoriews Stimme war ein sanftes, bedrohliches Schnurren.
    »Nein«, sagte Monk kühl, »Frau Bakarova ist eine Politologin aus Lettland. Sie war es, die mit Ediew Chasimikow gesprochen hat, und sie hat uns die Informationen über den geplanten Anschlag übermittelt. Wir sind ihr zu Dank verpflichtet, aber ihre Beratertätigkeit in diesem Gremium ist hiermit beendet. Ich möchte mich in aller Form für ihre Äußerungen entschuldigen.«
    Grygoriew nickte bedächtig.
    »Ich habe nicht damit gerechnet, hier

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