Mörderische Harzreise (German Edition)
für mich eine rein.«
Alfonso rannte auf den Mann zu, positionierte sich vor ihm und sagte: »Was fällt dir ein, meine Tante Lilly zu belästigen? Da, wo ich herkomme, schneidet man Leuten, die so etwas tun, den Kopf ab.«
Der Mann war beeindruckt von Alfonsos Größe und Fremdartigkeit. Als er versuchte, ihn wegzuschubsen, versetzte der ihm eine kräftige Ohrfeige. Just in diesem Augenblick fuhr Amadeus vor. Er sprang aus dem Wagen und rief: »Was ist denn hier los?«
Alfonso schubste den Mann mehrmals, bis er seinen Wagen am Straßenrand erreicht hatte und brüllte ihm hinterher: »Lass dich hier nie wieder blicken!«
Als der Mann die Faust erhob, um Alfonso zu drohen, brüllte dieser so furchterregend, dass der Typ schnell in seinem Wagen verschwand. Alfonso versetzte der Autotür noch einen kräftigen Tritt, während der Mann zu starten versuchte, den Motor aber abwürgte. Erst nach dem dritten Versuch gelang es ihm, das Weite zu suchen.
Amadeus stand fassungslos da und rief in Richtung Balkon: »Tante Lilly, was ist hier los?«
»Frag doch nicht so dumm. Du hast doch selbst gesehen, was hier los ist. Wir haben den Kerl, der uns bedroht hat, vom Grundstück gejagt.«
»Das wäre ja wohl meine Sache gewesen. Deshalb bin ich gekommen. Ihr könnt doch nicht einfach Leute verprügeln. Und warum war der eigentlich so nass?«
»Weil er unbedingt ein Abkühlung brauchte.«
Nun mischte sich Alfonso ein. Er trat auf Amadeus zu und reichte ihm die Hand.
»Ich bin Alfonso. Du hast eine tolle Großtante. Weißt du, in Mexiko hätte man dem Typen für solche Unverschämtheiten zuerst die Eier und dann den Kopf abgeschnitten.«
»Verdammt! Wir sind hier nicht in Mexiko.«
Dann ging Amadeus Richtung Haustür und stolperte über den Plastikeimer, den Lilly dem Mann zuvor an den Kopf geworfen hatte. Er konnte sich nicht mehr halten und landete im Blumenbeet. Lilly rief herunter:
»Amadeus, du bist noch keine Minute da, und schon machst du Ferdinands Garten platt.«
Als sich alle wieder beruhigt hatten, setzte man sich auf die Terrasse hinter dem Haus. Amadeus musterte Alfonso sehr genau, um sicherzugehen, dass seine Großtante sich nicht in allzu dubioser Gesellschaft befand. Nach einer Weile hatte er sich wieder halbwegs abgeregt, war aber immer noch fassungslos angesichts der Gewalt, mit der Alfonso den Mann quasi vom Grundstück geprügelt hatte und belehrte ihn, dass dies nach deutschem Recht einfach nicht gehe. Und an Lilly gewandt sagte er: »Und du kannst den Leuten nicht einfach einen Eimer Wasser auf den Kopf schütten.«
»Doch, kann ich wohl. Und es hat ausgezeichnet gewirkt.«
»Tante Lilly, mein juristisches Gewissen lässt solche Methoden nicht zu.«
»Amadeus, Menschen, die ein Gewissen haben, werden keine Juristen.«
Nordseeküste / Duderstadt
Stefan verlebte ein paar wunderbare Tage mit seinem Sohn an der Nordsee. Monika spielte bei den Urlaubsfreuden zwar nur eine Nebenrolle. Aber sie genoss es, dass ihr Mann sich so intensiv um Michael kümmerte und sie ihre Ruhe hatte.
Da kam ein Anruf von Monikas Mutter. Ihr Vater sei spurlos verschwunden. Als sie die Sache mit Stefan besprach, schaute dieser nur skeptisch und meinte: »Der Alte wird sich schon wieder einfinden. Vielleicht wollte er einfach mal ein paar Tage Ruhe haben vor deiner Mutter.«
Monika empfand das als zutiefst herzlos und wollte nach Hause fahren.
»Was willst du zu Hause? Durch den Wald laufen und ihn suchen? Wir haben noch nie Urlaub gemacht. Und jetzt sollen wir diese paar Tage abbrechen, weil der Kerl, der meinen Sohn schlägt, die Schnauze voll hat von seiner Alten? Ich denke nicht dran. Was können wir denn dazu beitragen, deinen Vater zu finden? Sollen wir von Haus zu Haus gehen und schauen, ob er sich versteckt hat?«
Monika war fassungslos. Soviel Gefühlskälte hatte sie ihrem Mann nicht zugetraut. Sie wusste, dass es ein großer Fehler von ihrem Vater gewesen war, den Jungen zu schlagen. Aber dass Stefan deshalb so unversöhnlich und voller Hass war, verursachte ihr Bauchschmerzen. Schließlich machten sie sich am nächsten Tag doch auf die Heimreise. Die Urlaubsstimmung war sowieso dahin.
Monikas Mutter war ein heulendes Elend. Sie hatte ihren Mann als vermisst gemeldet und die Polizei befragte alle Leute, mit denen er zuletzt zusammen gewesen war. Seine Kumpane aus der Kneipe gaben an, dass er ziemlich angeheitert gegen elf Uhr nach Hause gehen wollte. Mehr wusste keiner. Auch Stefan wurde befragt. Er
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