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Mörderische Harzreise (German Edition)

Mörderische Harzreise (German Edition)

Titel: Mörderische Harzreise (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Exner
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Zeitpunkt seines Vorhabens.
    Als Stefan dem Professor ins Gesicht schaute, wusste er ganz genau, dass es keinen anderen Weg gab. Der Mann hatte sein Urteil selbst gesprochen. So, wie der Professor auf ihn wirkte, war er allein durch seine Schlechtigkeit, durch seine Menschenverachtung zu dem geworden, was dieses äußere Erscheinungsbild, seine Gestik und die Art zu sprechen, widerspiegelten. Dieser Mann war weit entfernt von Einsicht und Schuldbewusstsein. Das war ein Menschenschinder. Vielleicht hatte er nie Kinder geschlagen. Aber mit Sicherheit hatte er schon viele, die unter ihm standen, fertiggemacht. Es wäre sinnlos, mit diesem Menschen über Schuld, Mitleid oder Umdenken zu reden. Hier gab es nur einen Weg, um seinen Sohn vor diesem Misthaufen in Menschengestalt zu bewahren.
     
    Als Stefan eine Viertelstunde später das schön gelegene Haus des Professors wieder verließ, war es bereits dunkel. Seinen Wagen hatte er drei Straßen weiter geparkt. Nun fuhr er in die Innenstadt, um sich ein gutes Essen zu gönnen. Er hatte seine Arbeit erledigt und war zufrieden mit sich und der Welt. Und sein Sohn hatte hoffentlich einen schönen Abend in London. Wird er wohl, sagte er zu sich selbst. Was kann mit so einer hübschen Begleitung in einer der aufregendsten Metropolen der Welt schon schiefgehen?
    Beim Essen musste er daran denken, wie der Professor ihn angesehen hatte, als die beiden Messer zum Vorschein kamen. Der Mann saß auf dem Sofa, selbstsicher wie ein Halbgott. Als Stefan dann mit ihm über seinen Sohn redete, wehrte er sofort ab. Er schätze es gar nicht, wenn Studenten einen Vormund brauchten. Es sei alles geklärt und er denke nicht daran, sich mit ihm über seinen Sohn zu unterhalten. Als Stefan dann anfing zu singen Wer nur den lieben langen Tag… , lachte der Professor laut auf. Das löste den letzten Impuls bei Stefan aus. Er erhob sich, fasste in seinen Jute-sack und stand innerhalb einer Sekunde mit je einem Messer in jeder Hand am Sofa. Er führte beide Klingen rasch an den Hals des Mannes, der die Arme hochstreckte und ihn in Todesangst anstarrte. Stefan stach sofort zu, gleichzeitig mit beiden Messern. Dann zog er sie wieder heraus und versetzte ihm noch einen tiefen Schnitt in die Kehle.
     
    Als Michael am Montag von seinem London-Trip zurückkam, war er ganz euphorisch. Er hatte so viele neue Eindrücke gesammelt, dass er gar nicht wusste, wo er anfangen sollte, zu berichten. Außerdem war es anscheinend gut gelaufen mit seiner Freundin. Stefan lächelte zufrieden. Als Michael fertig war mit seinem Bericht, sagte Stefan fast beiläufig: »Übrigens, es hat ein Verbrechen gegeben. Das wird dich interessieren.«
    Stefan legte seinem Sohn die Zeitung auf den Tisch. Die Schlagzeile auf der ersten Seite – Göttinger Professor grausam ermordet – war kaum zu übersehen. Als er dann im Text erfuhr, dass es sich um Professor Tisch handelte, schaute er seinen Vater ungläubig an.
     
    Der Mörder wurde nicht gefunden. Die Kriminalpolizei hatte sich mit zahlreichen Studenten und Kollegen des Professors unterhalten. Und es kam auch ziemlich viel heraus über das Leben des Mannes. Er hatte etliche intime Verhältnisse zu Studenten unterhalten. Es gab einige Fälle von sexueller Nötigung mit Abhängigen. Aber der Professor war nie angezeigt worden. Der Polizei war klar, dass es angesichts der vielfältigen Enthüllungen schwer werden dürfte, den Täter zu finden. Man konzentrierte sich vor allem auf Studenten, die bei ihm durchgefallen waren. Aber es gelang einfach nicht, einen Menschen, der ein Motiv hatte, mit der Tat in Zusammenhang zu bringen.
    Michael wurde nicht vernommen. Einige Zeit später wurde ein neuer Professor eingesetzt, der die Arbeit des Verstorbenen übernahm. Michael hatte keinerlei Schwierigkeiten, sein Diplom zu machen.

Duderstadt

     
    Stefan hatte sich nach dem Tod seiner Frau nie wieder gebunden. Ein paar Mal hatte er mit der einen oder anderen Frau geliebäugelt. Aber bevor es ernst wurde, zog er sich immer zurück. Bindungen waren offenbar nicht seine Sache. Mittlerweile war er Mitte fünfzig und sein Leben bestand vor allem aus Arbeit. Michael war längst aus dem Haus und hatte einen Job in Hamburg. Er war ein begehrter Junggeselle von Anfang dreißig. Seine Stelle in einer Redaktion brachte es mit sich, dass er viel herumkam. Seinen Vater besuchte er vielleicht dreimal im Jahr. Ab und zu kam Stefan auch nach Hamburg. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn war

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