Moerderische Idylle
kleinen.«
Schade, dass Lo nicht hier ist, die könnte einiges über eine richtig gute altmodische Therapiemethode lernen, dachte Bäckström. Kollegin Sandberg zum Beispiel sah bereits wie ein neuer und besserer Mensch aus. Sogar ihre Möpse hatten sich aufgerichtet und nahmen langsam ihre schöne alte Gestalt an. Und das nach nur zwei Kurzen und ein paar klugen Worten, dachte er.
»Scheiß da jetzt drauf, Sandberg«, sagte Bäckström und hob sein Glas. »Zur Polizei geht man nicht. Polizei ist man, und ein richtiger Polizist wird niemals einen Kollegen verpfeifen.« Nicht mal eine Kollegin, die niemals zur Polizei hätte gehen dürfen, dachte er.
Nach dem inzwischen obligatorischen Abendessen im Hotel kehrten Bäckström und Rogersson auf Bäckströms Zimmer zurück, um in aller Ruhe und Ordnung über ihren kleinen Fall zu sprechen und sich zu überlegen, wie man nach dem ermittlungstechnischen Ausfall des jungen Löfgren jetzt am besten weitermachte. Nach und nach gingen Bier und Stärkeres zur Neige, und Bäckström war am Ende so müde, dass er es nicht über sich brachte, Rogersson zum Ausklang des Abends in die Bar zu begleiten. Am Samstag hatte er dann ausgeschlafen, und natürlich hatte das faule und unzuverlässige Hotelpersonal seine Unpässlichkeit ausgenutzt und weder sein Zimmer gesäubert noch seine schmutzigen Handtücher ausgewechselt.
39
In der Nacht von Samstag auf Sonntag, während Bäckström in seinem ungemachten Hotelbett schlief, wurde abermals eine Frau überfallen, mitten in Växjö, nur einige hundert Meter vom Hotel entfernt. Das Opfer war eine Neunzehnjährige, die sich allein von einem Fest auf den Heimweg gemacht hatte. Als sie gegen drei Uhr nachts die Tür ihres Hauses in der Norrgata öffnete, fiel ein ihr Unbekannter von hinten über sie hier, stieß sie in die Diele, warf sie zu Boden und versuchte, sie zu vergewaltigen. Das Opfer schrie und kämpfte um sein Leben. Einige Nachbarn wurden von dem Lärm geweckt, und der Täter stürzte davon.
Innerhalb von fünfzehn Minuten wurde voller Alarm gegeben. Das Opfer war bereits ins Krankenhaus gefahren worden. Der Tatort war abgesperrt, Ermittler und Techniker vernahmen Zeugen und suchten Spuren. Insgesamt drei Streifen hielten in der Umgebung nach Verdächtigen Ausschau, Verstärkung war auf dem Weg, und bei den Lindaermittlern liefen die Telefone heiß. Kommissar Olsson stand in seinem Sommerhaus, hatte den Hörer ans Ohr gepresst und versuchte, sich mit der freien Hand die Hose hochzuziehen und sich daran zu erinnern, wohin er seine Autoschlüssel gelegt hatte. Kommissar Bäckström schlief unangefochten weiter. Aus Erfahrung klug geworden, hatte er sein Mobiltelefon ausgeschaltet und den Stecker vom Hoteltelefon herausgezogen.
Als er am nächsten Morgen zum Frühstück nach unten kam und Rogersson ihm von dem Vorfall berichtete, war fast alles wieder vorbei, und schon hatte es sich erwiesen, dass die näheren Umstände alles andere als klar waren.
»Ich habe vorhin mit Kollegin Sandberg gesprochen«, sagte Rogersson.
»Und was hat sie gesagt?«, fragte Bäckström.
»Dass die Geschädigte ihr komisch vorkommt«, sagte Rogersson. »Sandberg meint, dass sie sich die Sache vermutlich aus den Fingern gesaugt hat.«
Die kleine Sandbergsche, das geht ja mit dem Teufel zu, dachte Bäckström. Man muss sich ganz schön viel anhören, ehe einem die Ohren vom Kopf kullern, dachte er.
Abends rief Bäckström seine eigene Radioreporterin an, aber wie schon am Wochenende zuvor bekam er nur ihren Anrufbeantworter zu fassen. Das mit dem Mütterchen kann ja wohl nicht sein, dachte Bäckström, und weil er nichts Besseres zu tun hatte, ließ er sich Essen und Bier aufs Zimmer bringen und zappte die halbe Nacht zwischen den Sendern hin und her, bis er dann endlich einschlafen konnte.
Jan Lewin träumte jetzt wieder. Schweden, Mitte der fünfziger Jahre. Der Sommer, in dem Jan Lewin sieben wurde, in dem er im Herbst in die Schule kam und sein erstes richtiges Fahrrad hatte. Ein rotes Crescent Valiant.
Sie sind im Sommerhaus der Großeltern auf Blidö in Stockholms Schärengürtel. Mama, Papa und er selbst. Die Sonne scheint Tag für Tag von einem wolkenlosen Himmel. Ein richtiger Indian Summer, sagt sein Papa, und in diesem Sommer scheint Papas Urlaub einfach kein Ende zu nehmen.
»Warum heißt das Indian Summer«, fragt Jan Lewin.
»So sagt man eben«, antwortet Papa. »Wenn es ein richtig langer und warmer
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