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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Saunabesucher war. Hier wohnst du also, dachte er, während er seinen Blick diskret zwischen dem komplizierten Karomuster des Parkettbodens, der Stuckdecke hoch oben und den dunklen brusthohen Wandtäfelungen hin und her wandern ließ, ohne dabei einen einzigen Perserteppich, ein niederländisches Ölgemälde, eine venezianische Lampe oder einen kristallenen Wandleuchter zu übersehen.
     
    Zuerst setzten sie sich aber in die Bibliothek, um das Praktische zu besprechen, damit sie dann in aller Ruhe essen könnten. Mit dem Praktischen waren sie nach zehn Minuten fertig.
    »Wann kannst du anfangen«, fragte der Sonderbeauftragte.
    »Montag«, sagte Johansson.
    »Aber das ist doch ganz ausgezeichnet«, sagte der Sonderbeauftragte und strahlte wie ein Vollmond über sein ganzes rundes Gesicht. »Dann können wir uns endlich an das Wesentliche machen. Ich hab seit dem Mittagessen keinen Bissen mehr bekommen«, fügte er hinzu.
    »Du wohnst ja in einem sehr schönen Haus«, sagte Johansson auf ihrer Wanderung zum Esszimmer. »Von deinen Eltern geerbt?«
    »Du spinnst, Johansson. Ich bin ein Mann von ungeheuer schlichter Herkunft«, teilte der Sonderbeauftragte mit. »Alter Söderjunge, geboren und aufgewachsen auf den Höhen von Söder. Ich habe den ganzen Kasten von einem armen Teufel gekauft, dem es nicht so richtig gut ging«, erklärte er.
    »Dir dagegen scheint es gut gegangen zu sein«, sagte Johansson.
    »Ungewöhnlich gut«, sagte der Sonderbeauftragte zufrieden. »Und überaus wohlverdient, wenn du mich fragst.«
     
    Da es mitten in der Woche war, hoffte der Sonderbeauftragte auf das Verständnis seines Gastes, wenn diesem nur ein bescheidener Imbiss vorgesetzt werden würde. Wollte man das Positive an der Sache sehen, dann verhielt es sich doch so, dass sie beide ihr täglich Brot bei einer Arbeiterregierung verdienten und schlichte Gewohnheiten in der Natur der Sache lagen. Dennoch gab es triftige Gründe, Johanssons bevorstehende Ernennung zu feiern, und vielleicht noch stärkere für seinen Arbeitgeber, sich selbst zu seiner klugen Entscheidung für Lars Martin Johansson zu gratulieren.
    »Du musst eben nehmen, was ich dahabe«, sagte der Sonderbeauftragte seufzend. »Einfach die Situation mögen. Sagt ihr Polizisten das nicht immer?«
     
    In der Welt, in der der Sonderbeauftragte fast sein gesamtes Erwachsenenleben verbracht hatte, war es ungeheuer wichtig, einander auf halbem Wege zu begegnen. Und dass beide Teile gleichermaßen zufrieden und froh waren, wenn sie danach auf ihrem Lebensweg weiterwanderten. Aus diesem existenziellen Credo heraus meinte Johanssons Gastgeber, dass er hoffentlich eine Lösung gefunden habe, die sein Gast bestenfalls zu schätzen wisse und mit der er jedenfalls leben könne.
    »Ich habe gehört, dass du aus einer Sippe alter norrländischer Holzpatrone stammst, und was könnte da besser passen, als mit einer Variante der uralten schwedischen Schnapstafel anzufangen«, meinte der Sonderbeauftragte und zeigte auf eine Ecke des Esszimmers, wo eine ältere Haushälterin in engem schwarzen Kleid und weißer Schürze bereits mit der Schnapskaraffe parat stand.
    »Naja«, sagte Johansson. »Eher Instleute, Tagelöhner also, jedenfalls mütterlicherseits. Väterlicherseits…«
    »Ist ja schon gut, lieber Lars Martin«, fiel der Sonderbeauftragte ihm ins Wort. »Wir wollen unseren Blick doch nicht durch falsche Bescheidenheit trüben und uns die sonst so klaren Gedanken verdüstern lassen. Wir wollen uns lieber raschen Schrittes zum Büffet begeben und stehenden Fußes ein paar richtige Schnäpse lüpfen und unsere wunden Seelen in den Mantel aus Seide und Sammet hüllen, den wir uns so ehrlich verdient haben.«
    »Klingt gut«, sagte Johansson.
     
    Es gebe Variationen vom Stör, erklärte der Sonderbeauftragte, als sie nach dem einleitenden Schnaps stehenden Fußes endlich vor gefüllten Tellern und beschlagenen Gläsern am Tisch saßen. Gekochter Stör, kalter geräucherter Stör, kalter eingelegter Stör, gebratener Stör, geräucherter Stör, gebeizter Stör, gefrorener Stör und Störrogen mit Kartoffelblinis, wie Johanssons Gastgeber erklärte, während er pädagogisch mit seiner Gabel zeigte.
    »Nur Gebrauchtwagenhändler wälzen sich in russischem Kaviar«, sagte er und schob sich einen Esslöffel voll Störrogen in den Schlund. »Normale Menschen essen Störrogen.«
    »Der Wodka war ganz hervorragend«, sagte Johansson mit Kennermiene und drehte das hohe Kristallglas in der

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