Moerderische Idylle
privates, eins für den regulären Dienst und eins, das so geheim war, dass er es eigentlich fast nur zum Anrufen benutzte. Sicherheitshalber war es rot, und Johansson hatte selber das Klingelsignal einprogrammiert. Abgesehen von der Lautstärke hörte es sich genauso an wie die Sirenen der Polizeifahrzeuge, und er war stolz darauf wie ein Gockelhahn. Nach dem Programmieren hatte er es seiner Gattin vorgeführt, damit sie in den Genuss seiner technischen Fertigkeiten käme. Und als es zum ersten Mal laut klingelte, schnarchte der Programmierer gelassen in seinem Sessel vor sich hin.
Vermutlich haben die Deutschen ein Angebot für ganz Smäland gemacht, dachte Johanssons Gattin Pia, die bei einer Bank als Vermögensberaterin arbeitete. Sie legte das Buch weg, in dem sie zu lesen versuchte, und griff zum Telefon.
»Jaa«, sagte Pia. Man darf wohl keinen Namen nennen, sonst landet man im Gefängnis, dachte sie.
»Enchante«, antwortete eine träge Stimme am anderen Ende der Leitung. »Ich vermute, du bist die, für die ich dich halte«, sagte die Stimme dann, »und so gerne ich auch weiter unter vier Ohren mit dir plaudern würde, so muss ich dich doch bitten, mich an deinen lieben Mann weiterzureichen.«
»Und von wem darf ich grüßen«, fragte Pia. »Es ist doch nicht so, dass du keinen Namen hast«, fügte sie hinzu.
»Keinen Namen, leider«, sagte die träge Stimme. »Sag deinem lieben Mann einfach, dass Pilgrims alter Mitarbeiter gern ein paar Worte mit ihm wechseln würde.«
»Und wenn ich frage, worum es geht, dann lande ich im Gefängnis«, sagte Pia.
»Wenn ich antworte, bin ich es, der im Gefängnis landet«, korrigierte Pilgrims ehemaliger Mitarbeiter fast beleidigt.
»Ich werde ihn wecken«, sagte Pia. Die sind wie die Kinder, dachte sie.
»Wer war das denn«, fragte Pia zehn Minuten später neugierig, als ihr Mann das gemurmelte Gespräch, das er aus unbekannten Gründen am anderen Ende der großen Terrasse geführt hatte, beendete, dann sein rotes Telefon ausschaltete und seufzend wieder in seinen Sessel sank.
»Ein alter Bekannter«, antwortete Johansson vage.
»So ein geheimer Schurke. Ohne Namen«, sagte Pia.
»Ja eben«, sagte Johansson und zuckte mit den Schultern. »Er arbeitet in der Regierungskanzlei als Sonderbeauftragter, hilft dem Ministerpräsidenten bei diesem und jenem und heißt mit Nachnamen Nilsson.«
»Aaah«, sagte Pia. »Unsere graue Eminenz. Schwedens Antwort auf Kardinal Richelieu.«
»Ja, so ungefähr«, sagte Johansson. »Die Richtung in etwa«, erklärte er. »Und was wollte er«, fragte Pia.
»Nichts Besonderes, nur ein paar Worte wechseln«, sagte Johansson.
»Und jetzt musst du nach Stockholm fahren«, erklärte Pia, die nicht von gestern war.
»Aber ich bin morgen wieder da. Wenn du nichts dagegen hast.«
»Klingt wie eine hervorragende Idee«, sagte Pia. »Dann kannst du zu Hause vorbeischauen und ein paar Dinge holen, die ich für das Fest am Wochenende brauche.«
»Natürlich«, sagte Johansson. »Natürlich«, fügte er hinzu, da er in Gedanken schon weit weg war und unnötige Diskussionen vermeiden wollte.
»Einen Moment dachte ich schon, er sei beschwipst«, sagte Pia. »So hat er sich jedenfalls angehört.«
»Er war vermutlich nur gut gelaunt«, sagte Johansson versöhnlich. »Es ist erst zwölf, da ist er sicher noch nicht mal zum Mittagessen gekommen.«
»Ja, dann war er vielleicht einfach nur gut gelaunt. Ein frohgemuter Bursche sozusagen«, sagte Pia.
»Kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Johansson und schüttelte energisch den Kopf. »Was meinst du eigentlich selber«, fragte er und schaute auf die Armbanduhr. »Zum Mittagessen, meine ich?«
51
Stockholm, Dienstag, 5. August Ehe er Alnön verließ, zog Johansson einen Leinenanzug und ein dunkelblaues Leinenhemd an und stopfte sich den Schlips in die Brusttasche, dann nahm er ein Taxi zum Flugplatz Sundsvall. Von dort flog er mit der Mittagsmaschine nach Arlanda. Dort wurde er von seinem Chauffeur von der Sicherheitspolizei abgeholt und direkt zum Mittagstisch kutschiert, der in der palastähnlichen Villa des Sonderbeauftragten auf Djursholm schon auf ihn wartete.
»Willkommen in meinen bescheidenen Gemächern«, sagte der Sonderbeauftragte und winkte einladend mit beiden Händen, sowie Johansson das Haus betreten hatte. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen, wenn wir uns ins Esszimmer setzen.«
»Je kühler, desto besser«, sagte Johansson, obwohl er ein begeisterter
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