Moerderische Idylle
rechten Hand. Aber du irrst dich, was meinen Bruder angeht, der zieht Feichenrogen vor, obwohl er Gebrauchtwagenhändler ist, dachte Johansson.
»Ach, der ist einfach phänomenal«, seufzte sein Gastgeber zufrieden. »Ich habe ein paar Flaschen eingesackt, als ich vorige Woche bei Putin zu Hause war.«
Das Essen war auf diese schlichte Weise weitergegangen. Der Sonderbeauftragte und sein Gast waren ganz einfach in den grauen Wollsocken des getreuen Dienstmannes weitergestapft, während der kalte Stern der Kargheit vom Kristalllüster hoch über ihren gesenkten Köpfen herabgefunkelt hatte.
Zuerst nahm jeder eine gefüllte Wachtel mit einem warmen Timbale aus Hackfrüchten zu sich, dann ging es weiter mit einer einzelnen Scheibe Ziegenkäse aus der Camargue, das Ganze wurde abgerundet mit einem Sorbet aus Limone und Zitrone, um sich ein wenig zu erquicken und die Geschmacksnerven für Kaffee, Kognak und Schokoladentrüffel, die nun folgten, vorzubereiten. Dazu gab es Weine, die der Sonderbeauftragte eigenhändig aus seinem tiefen Kellergewölbe geholt hatte. Zuerst einen roten Burgunder aus dem guten Jahr 1985, dann einen schweren Rotwein von der Loire, wenn auch ohne Jahrgangsbezeichnung.
»Wein ist ein Getränk, das in Frankreich hergestellt wird«, sagte ein zufriedener Sonderbeauftragter und schnupperte mit seiner langen Nase an seinem tiefen Glas.
»Ich und meine Frau trinken viel italienischen Wein«, sagte Johansson.
Der Sonderbeauftragte schüttelte sich.
»Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, Lars, dann solltest du um solche Dinge einen Bogen machen. Und sei es nur aus Rücksicht auf deine Gesundheit«, sagte der Sonderbeauftragte.
»Wie geht es übrigens Nylander«, fragte Johansson, als sie in die Bibliothek zurückgekehrt waren, um die Mahlzeit mit einem doppelten Espresso und einem Tropfen Frapin aus dem Jahre 1900 zu beenden.
»Besser als seit langer Zeit«, sagte der Sonderbeauftragte. »Eigenes Zimmer, drei Mahlzeiten am Tag, kleine rote, grüne und blaue Tabletten und Leute zum Reden.«
»Liegt er in einer Privatklinik«, fragte Johansson vorsichtig.
»Privatklinik«, schnaubte der Sonderbeauftragte. »Es muss ja wohl Grenzen geben. Zuerst versucht er, die Polizei in unserer verhältnismäßig anständigen Bananenmonarchie in etwas zu verwandeln, das man nicht mal in einer schnöden Bananenrepublik findet. Dann schließt er sich in seinem Zimmer ein und weigert sich aufzumachen, sodass dieser arme Fußballspieler in unserer ohnehin schon hart geprüften Regierung seine eigene kleine Privatarmee bitten muss, die halbe Fassade wegzusprengen, damit sie ihn mit all ihrer Fürsorge in die geschlossene Psychiatrie schleppen können. Das ist nicht eben gratis«, endete er mit trauriger Miene. »Ulleräker«, sagte Johansson.
»Genau«, sagte der Sonderbeauftragte energisch. »Und nicht einen Tag zu früh, wenn du mich fragst.«
»Was ist denn eigentlich passiert«, fragte Johansson neugierig.
»Unklar«, sagte der Sonderbeauftragte und zuckte mit seinen flaschenförmigen Schultern. »Es scheint damit angefangen zu haben, dass er den Spiegel auf seiner privaten Toilette zerschossen hat.«
»Worauf die Leute aber auch alles kommen«, sagte Johansson und seufzte mit norrländischem Phlegma.
»Er ist vielleicht mit dem Kinn an diesem runden Teil am Abzugshahn hängen geblieben, als er die Waffe reinigen wollte«, spekulierte der Sonderbeauftragte.
»Du meinst den Abzugsbügel«, sagte Johansson.
»Whatever«, sagte der Sonderbeauftragte mit einer gleichgültigen Handbewegung. »Ich versuche vielleicht einfach nur, nett zu ihm zu sein«, murmelte er.
Nach einer weiteren Stunde Geplauder und noch zwei Gläsern vom wirklich hervorragenden Kognak des Sonderbeauftragten schlug Johanssons Gastgeber vor, vielleicht eine Partie Billard zu spielen. Er könne sich auch vorstellen, nach diesen eher sportlichen Aktivitäten den Abend mit einer kleinen Dehnübung abzuschließen. Da Johansson wirkliche Schauergeschichten gehört hatte, lehnte er dieses Angebot ab.
»Ich spiele kein Billard«, sagte Johansson und schüttelte bedauernd den Kopf.
»Wenn du willst, bring ich es dir bei«, sagte der Sonderbeauftragte und sah ihn hoffnungsvoll an.
»Gerne, aber das muss ein andermal sein«, sagte Johansson. »Ich muss an die Heimfahrt denken«, erklärte er.
Dann bedankte sich Johansson für die außerordentliche Bewirtung. Bestellte ein Taxi und fuhr in seine und seiner Gattin sommerleere
Weitere Kostenlose Bücher