Moerderische Idylle
fand in der Kirche statt, in der Linda sieben Jahre zuvor konfirmiert worden war, und Linda wurde auf dem nahe gelegenen Friedhof in der Gruft bestattet, die ihr Vater nach seiner Rückkehr nach Schweden für sich und kommende Generationen gekauft hatte. Seine eigene Trauer kannte keine Grenzen, hatte weder Anfang noch Ende, und die Tatsache, dass seine Tochter vor ihm dort landete, konnte sie jedenfalls nicht mehr vergrößern.
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Stockholm, Montag, 11. August Lars Martin Johansson war schon um sieben Uhr morgens an seinem neuen Arbeitsplatz eingetroffen. Auf seinem Schreibtisch lagen sorgfältig geordnete Papierstapel. An einem klebte ein Zettel mit einer Nachricht von seiner Sekretärin: »Sofort zu erledigen.«
Oben auf dem Stapel lagen jeweils ein Schreiben des Justizkanzlers, JK, und eins vom Juristischen Ombudsmann, JO. Inhaltsmäßig waren sie fast identisch, sie richteten sich an den Polizeichef des Bezirks Kronoberg und wurden dem Leiter der Zentralen Kriminalpolizei zur Kenntnisnahme vorgelegt. Ursache waren Mitteilungen der Zeitung Dagens Nyheter vom Donnerstag, dem 7. August, und es ging um die Voruntersuchungen und vor allem um die angeblich freiwilligen DANN-Proben, die man diesem Artikel nach bei den Ermittlungen zum Mord an Linda Wallin genommen hatte. Und was auch nicht unwichtig war: Beide Schreiben gingen auf die Initiative von JK und JO zurück. Und bei diesen Absendern war das so ungefähr das Schlimmste, was passieren konnte, und durchaus ein Omen für das Allerschlimmste.
Warum liegt das auf meinem Tisch? Warum haben die das nicht direkt nach Ulleräker geschickt, fragte Johansson sich sauer, während er auf dem Klebezettel vermerkte, dass er sofort alle Juristen sprechen wolle, die mit diesem Fall zu tun hatten. Ansonsten sah alles so aus wie auch sonst immer in seiner langen Karriere. Papier, Papier und noch mehr Papier, dachte er.
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Växjö, am selben Tag Als die Ermittlertruppe unten in Växjö sich zur ersten Besprechung in dieser Woche um den großen Tisch versammelt hatte, ahnte niemand etwas von den düsteren Wolken, die sich über ihrer Ermittlung zusammenballten. Im Gegenteil glaubten wohl alle, dass endlich das Licht der Gnade auf sie herabströmte. Eine Minute, ehe sie anfingen, tauchte plötzlich Enoksson auf und fragte Bäckström, ob er die einleitenden Worte sprechen dürfe. Er habe nämlich allerlei Interessantes zu berichten, und da es sich um Enoksson handelte und nicht um Olsson - der Bäckström mit seiner Abwesenheit erfreute -, hatte Bäckström plötzlich das Gefühl, die vertrauten Vibrationen immerhin zu ahnen.
»Ich habe allerlei zu erzählen, falls das hier irgendwen interessiert«, begann Eriksson, und die Reaktionen unter seinen Zuhörern ließen durchaus auf Interesse schließen.
»Die Kollegen in Kalmar haben einen Treffer für die DANN des Lindamörders. Leider können sie uns keine Identität liefern, aber ich finde, es klingt trotzdem vielversprechend«, sagte Enoksson. So ist das also, wenn man sein Publikum mit Stummheit schlägt, dachte er.
Da Enoksson ein genauer und pädagogischer Mann war, versuchte er, seinem Publikum das Zuhören zu erleichtern, indem er alles in Punktform zusammenfasste und sicherheitshalber eine kleine Aktennotiz über den Fall verteilte, die sie sich derweil ansehen konnten. Der erste Punkt bezog sich auf den Mord an Linda. Der letzte auf das Analyseergebnis, das vor nur einer Stunde aus dem Labor in Linköping gekommen war.
Linda war zwischen vier und fünf Uhr am Freitagmorgen, dem 4. Juli, in der Wohnung ihrer Mutter im Pär Lagerkvists väg in Växjö ermordet worden. Am Montagnachmittag des 7. Juli war bei der Polizei von Växjö ein über zehn Jahre alter Saab als gestohlen gemeldet worden. Der Wagen war offenbar am Morgen des Tages, an dem er plötzlich weg war, zwei Kilometer vom Tatort entfernt verschwunden. Dieses Auto war dann am Freitag, dem 11. Juli, in ihrer Ermittlung aufgetaucht, als im Zusammenhang mit dem Mord an Linda die Ergebnisse der Nachbarschaftsbefragung besprochen worden waren. Da diese Mitteilung damals nicht weiter interessant erschienen war, hatten sie es auf sich beruhen lassen. Jetzt gab es viel stärkere Gründe, um sich ihr wieder zu widmen.
»Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, dann dachten wir wohl, dass der kaum etwas mit Linda zu tun haben könne, wo er doch über drei Tage nach dem Mord gestohlen worden war«, sagte Enoksson.
Aber egal. Schon am Sonntag
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