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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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wollen, wieso ich das so genau weiß«, fügte sie hinzu.
    »Ja«, sagte Lewin, und nun lächelte auch er. Schlimmstenfalls muss ich dir wohl ein paar Routinefragen nach deinem Geburtstag stellen.
    Die Uhr war ein wichtiger Bestandteil im Leben einer Narkoseärztin. Vor allem wenn es um nächtliche Anrufe ging, die vermutlich von ihrer Arbeitsstelle kamen. Außerdem hatte sie ein hervorragendes Zahlengedächtnis und praktischerweise neben dem Telefon immer Papier und Stift liegen. Zuerst hatte sie die Anrufzeit notiert. Dann den Hörer abgenommen und sich gemeldet.
    »Da ich sicher war, dass es nur das Krankenhaus sein konnte, war das der pure Reflex«, erklärte sie. »Und damit sie wirklich kapieren, dass sie mir den Urlaub und den Schönheitsschlaf versauen, hab ich so getan, als schliefe ich noch«, fügte sie hinzu.
    »Sie haben sich nicht mit Namen genannt«, fragte Lewin.
    »Nein«, sagte sie. »Die haben nur ein sehr verschlafenes und gedehntes Hallo gekriegt. Obwohl ich hellwach war. Ich hielt das wohl nur für recht und billig.«
    »Und was hat der Anrufer gesagt?«, fragte Lewin. »Wissen Sie das noch?«
     
    Es hatte also ein Mann angerufen. Er hörte sich munter, sympathisch und nüchtern an, und von der Stimme her war er in ihrem Alter.
    »Zuerst sagte er etwas auf Englisch. Long time no see, oder so, und dass er hoffe, mich nicht geweckt zu haben, und ich dachte noch immer, es sei jemand aus dem Krankenhaus, der seinen Sinn für Humor unter Beweis stellen wolle. Ich wollte doch Urlaub in den USA machen. Aber dann kamen mir plötzlich Zweifel.«
    »Warum das?«, fragte Lewin.
    »Weil soeben mein Urlaub in den Teich gegangen war, muss ich wohl ziemlich schroff gewesen sein. Ich fragte, um wie viele es gehe und was diesmal passiert sei«, sagte sie. »Wenn um die Zeit jemand anruft, handelt es sich fast immer um Verkehrsunfälle«, fügte sie hinzu.
    »Und was sagte er?«
    »Er hörte sich plötzlich auch überrascht an. Ihm schien aufzugehen, dass er sich verwählt hatte. Er fragte, mit wem er spreche, und ich fragte, mit wem er sprechen wolle, und ungefähr da begriff ich, dass es nicht das Krankenhaus war, sondern einfach ein Irrtum.«
    »Hat er noch mehr gesagt«, wollte Lewin wissen.
    »Ja. Zuerst hat er gefragt, ob er auf Eriksson gestoßen sei. Ich fand die Ausdrucksweise ziemlich komisch, deshalb weiß ich das noch genau. Ich weiß auch noch, dass ich an diese Telefongesellschaft dachte und ob sich da vielleicht doch jemand einen Spaß mit mir erlaubte. Aber inzwischen war ich ziemlich sauer und sagte also, dass er sich bestimmt verwählt habe. Und er bat hundertmal um Entschuldigung und so, und es schien wirklich von Herzen zu kommen, und ich war ja nur froh, eben wegen meines Urlaubs. Also sagte ich, schon gut, nur müsse er versprechen, das niemals wieder zu tun.«
    »Und das war alles?«, fragte Lewin.
    »Nein«, sagte die Narkoseärztin und schüttelte den Kopf. »Er hat noch etwas gesagt, und weil das so charmant war, kann ich mich daran erinnern.«
    »Versuchen Sie, es so wortwörtlich zu sagen wie möglich«, sagte Lewin und überzeugte sich davon, dass sein kleines Tonbandgerät pflichtgemäß surrte.
    »Na gut«, sagte sie. »Er hat sich ungefähr so ausgedrückt, dass dies hier wohl nicht die richtige Gelegenheit sei, um ein Blind Date vorzuschlagen. Ja, das hier ist wohl nicht die richtige Gelegenheit, um ein Blind Date vorzuschlagen, sagte er. Oder so ungefähr, aber ehe ich noch etwas sagen konnte, hatte er aufgelegt. Eigentlich ein bisschen schade, er hörte sich eben charmant und sympathisch an«, sagte sie und lächelte Lewin an.
    »Fröhlich, nüchtern, sympathisch, charmant«, sagte Lewin.
    »Genau. Wenn er nicht mitten in der Nacht angerufen hätte, wer weiß, was dabei herausgekommen wäre«, sagte die Zeugin und lächelte noch strahlender. »Ich weiß sogar noch, dass ich nur mit Mühe einschlafen konnte. Hab mir wohl vorgestellt, dass er so sympathisch, charmant und gut aussehend ist, wie er sich anhörte.«
    »Sie haben gehofft, dass er noch einmal anruft«, sagte Lewin und lächelte ebenfalls.
    »Naja«, sagte seine Zeugin. »So tief gesunken bin ich vielleicht nicht. Noch nicht jedenfalls.«
    »Aber er hat nicht wieder von sich hören lassen«, fragte Lewin.
    »Er war jedenfalls nicht nach meinem Urlaub auf meinem Anrufbeantworter«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Da waren bloß die normalen Nervanrufe. Aber warum hätte er das auch tun sollen«, fügte sie

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