Moerderische Idylle
verstanden, Anna«, sagte Enoksson. »Jedenfalls sieht es nicht so aus, als ob sie da hätte einziehen wollen. Das Einzige, was wir in der Wohnung gefunden haben und was offenbar Linda gehörte, sind im Badezimmer ein Reisenecessaire mit dem üblichen Inhalt und so eine Sporttasche aus Stoff im oberen Fach des Kleiderschranks in dem Raum, den wir für das Arbeitszimmer der Mutter halten. Und darin liegt saubere Unterwäsche und eine Bluse. Also stelle ich mir vor, dass sie nur dort gewohnt hat, wenn die Mama nicht im Haus war und wenn sie selbst in der Stadt bleiben wollte, zum Beispiel, um auszugehen. Wie am Donnerstag eben, als sie im Statt war.«
»Wir müssen weitergraben«, stellte Bäckström fest und lächelte auch Anna freundlich an. »Ich weiß ja nicht, wie es euch anderen geht, aber ich muss jetzt jedenfalls einen Bissen essen.«
10
Zuerst hatten Bäckström und Rogersson sich in die Stadt schleichen und ihr Mittagessen an einem diskreten Ort einnehmen wollen, wo sie sich das große Bier hätten gönnen können, das sie nun wirklich verdient hatten. Aber als sie die Pressescharen vor dem Eingang des Polizeigebäudes sahen, machten sie auf dem Absatz kehrt und ließen sich in der Kantine nieder. Sie hatten einen freien Tisch ganz hinten gefunden und nahmen zusammen mit einem Lightbier das Tagesgericht zu sich.
»Was zum Teufel muss man in der Birne haben, wenn man bei fast dreißig Grad Außentemperatur Bratwurst und Makkaroni und als Nachtisch smäländischen Käsekuchen serviert? Das sieht doch aus wie Leichenwürmer«, sagte Rogersson und stocherte missmutig mit der Gabel in den Makkaroni herum.
»Frag mich da lieber nicht. Ich habe noch nie Leichenwürmer gegessen«, sagte Bäckström. »Mir hat es gut geschmeckt.«
»Ja sicher, Bäckström«, sagte Rogersson müde. »Aber wenn man nun mal ein normaler Mensch ist wie ich.«
»Wenn du Fragen zum Thema Leichenwürmer hast, dann kannst du ja mit Egon sprechen.« Und viel Glück dabei, dachte Bäckström, denn Egon war schließlich noch schweigsamer als Kollege Rogersson.
»Was für ein Scheißegon?«, fragte Rogersson.
»Mein Egon«, sagte Bäckström.
»Fütterst du den mit Leichenwürmern?« Rogersson starrte ihn ungläubig an.
»Würmer, Fliegenlarven, ganz egal. Aber natürlich nur an Feiertagen. Hast du überhaupt eine Ahnung, wie viel eine Dose Fliegenlarven kostet?« Sogar für Egon muss es Grenzen geben, dachte Bäckström. Wir müssen ja alle beide von einem ganz normalen Polizistengehalt leben.
»Willst du Kaffee«, fragte Rogersson und erhob sich mit einem Seufzer.
»Große Tasse, Milch und Zucker«, sagte Bäckström. So einen leckeren Käsekuchen hab ich lange nicht mehr gegessen, dachte er.
Nach dem Essen widmete sich Bäckström mit erneuerter Energie der Aufgabe, um sich herum Ordnung zu schaffen und dafür zu sorgen, dass seine Ermittlertruppe ihre Pflicht tat. Kollege Olsson war aufgetaucht, hatte eine Runde durchs Zimmer gedreht und versucht, so vielen wie möglich im Wege zu stehen, aber als er sich Bäckström genähert hatte, um dessen kostbare Zeit zu vergeuden, hatte Bäckström zum Telefontrick gegriffen, hatte den Hörer abgehoben und konzentriert dem Freizeichen gelauscht und abwehrend mit der rechten Hand gewinkt. Weshalb Olsson in sein Zimmer zurückgekehrt war und die Tür hinter sich geschlossen hatte, worauf Bäckström Kollegin Sandberg zu sich gerufen hatte, um sich ein genaueres Bild von den sexuellen Kontakten und Vorlieben des Opfers zu machen und zugleich die Gelegenheit zu nutzen, seine müden Augen auf der ruhen zu lassen, die diese Fragen bearbeiten sollte.
»Das Sexualleben des Opfers, Anna. Kriegen wir das langsam in den Griff«, begann Bäckström und nickte der Befragten zu. Dieses schwere professionelle Nicken, das er anwandte, wenn von schwierigen Dingen die Rede sein musste. Keine schlechten Möpse hat die kleine Dame, dachte er.
»Einiges wissen wir wohl schon«, antwortete Anna neutral.
»Irgendwas von Interesse«, fragte Bäckström. »Im Hinblick auf die Ermittlung«, verdeutlichte er. Wie auf frischem Eis herumzuwandern ist das, und hier muss man sich verdammt konzentrieren, wenn man nicht einbrechen will, dachte er.
Bis zu diesem Frühling hatte Linda einen Freund gehabt, den sie ein Jahr zuvor kennengelernt hatte.
Der Exfreund war einige Jahre älter und hatte an der Universität Lund Wirtschaftswissenschaften studiert. Als er sieben Monate zuvor, kurz vor
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