Moerderische Idylle
Besprechung eisern aufbewahrt hatte. Endlich allein, dachte Bäckström und vertrieb mit der Hand die schlimmsten Nebel der vergangenen Nacht.
Sie kommt um kurz nach drei in ihre Wohnung, denkt er. Offenbar ist ihr niemand gefolgt oder hat sich mit ihr in der Wohnung verabredet. Gleich darauf aber erscheint der Täter auf der Bildfläche. Das Ganze artet ziemlich bald aus, und wenn wir bedenken, wie es am Tatort aussah und was Bäckström sich sonst schon zusammengereimt hatte, muss dieser kleine Psychopath anderthalb Stunden lang mehr als genug zu tun gehabt haben. Wahrscheinlich ist sie irgendwann zwischen halb fünf und kurz vor fünf gestorben, dachte er.
Dann geht er ins Badezimmer, um den ärgsten Dreck wegzuduschen. Ungefähr um fünf kommt die Zeitung, und er bildet sich ein, dass jemand auf dem Weg in die Wohnung ist. Er streift die nötigste Kleidung über und springt aus dem Schlafzimmerfenster, und inzwischen ist es kurz nach fünf, dachte Bäckström. Und wo sind wir, überlegte er, schaute auf seine Armbanduhr und fing an, vom frühen Freitagmorgen zum Sonntagvormittag zu rechnen. Bald zweieinhalb Tage her, seit er verschwunden ist. Der Arsch kann inzwischen schon auf dem Mond sein, dachte er unzufrieden. Dann sammelte er seine Papiere zusammen und beschloss, zu seinen Mitarbeitern zurückzukehren und sie ein wenig zu treten.
Andererseits, dachte er, als er dann auf dem Gang stand, wäre es sicher dumm, das auf nüchternen Magen zu tun, und wo die Kantine schon aufgrund der Ereignisse auch an diesem Sonntag geöffnet war, wäre es doch sicher gut, einen Bissen in den Magen zu bekommen.
Smäländischer Hackfleischkuchen, dachte er lüstern, als er sich das Menü ansah. Unbedingt. Abgerundet durch eine Tasse Kaffee und einen Bienenstich, während er in aller Ruhe die Abendzeitungen las, die er aus dem Hotel hatte mitgehen lassen, aber zur Lektüre noch keine Muße gefunden hatte. Nichts Neues in unserem Fall, dachte Bäckström und nippte an seinem heißen Kaffee. Vor allem Spekulationen und Sensationsmacherei.
In der einen Zeitung war eine neue Variante der klassischen Polizeispur lanciert worden.
Der Täter war vermutlich ein polizistenfeindlicher Schwerverbrecher, der einen »unsinnigen Hass auf das Opfer« gehegt hatte, weil es eben bei der Polizei gewesen war, stellte einer der Befragten aus der Expertengruppe der Zeitung fest, die zu den passenden Gelegenheiten stets sofort eine Auswahl der ärgsten medialen Wirrköpfe des Landes zusammenrief.
Sicher, sicher, dachte Bäckström und knabberte an seinem Bienenstich. Muss irgendein Dozent sein, den sie an der Polizeischule in Växjö hatte, dachte er. Oder vielleicht diese Verrückte mit dem Debriefing, und das Sperma ist wohl nicht der Rede wert, das könnte eine listig gelegte falsche Spur sein.
Die Konkurrenz und deren Experten sahen die Sache jedoch anders. Ihrer Ansicht nach hatte man es mit einem Serienmörder mit zwanghaftem Frauenhass und einem fast rituell festgelegten Vorgehen bei seinen Verbrechen zu tun. Klingt fast wie Kollege Olsson, dachte Bäckström, und woher zum Teufel nehmen die bloß ihre Ideen?
Es gab in den Beschreibungen der beiden konkurrierenden Zeitungen auch gewisse Gemeinsamkeiten. Eine dünne Verbindung zwar, aber dennoch. Ein weiterer Experte nämlich, der in der ersten Zeitung die Polizeispur vertreten hatte, hielt es nicht für unvorstellbar, dass es sich um eine besondere Sorte von Serienmörder handelte, dem es darum ging, eben die Polizei auszurotten, während ihm alle anderen egal waren, und das lag daran, dass Uniformen ihn sexuell erregten. Das sei, der Zeitung zufolge, sein spezieller »Trigger«.
Die müssen doch eine gemeinsame Irrenhausseite im Netz haben, wo sie sich geistige Nahrung holen, dachte Bäckström und wollte die Zeitung schon zur Seite legen, als sein Blick auf einen Artikel fiel, der ihn nach Luft schnappen ließ.
Der befragte Experte, Dozent in einem Fach namens Forensische Psychiatrie an der psychiatrischen Sankt-Sigfrids-Klinik in Växjö und mit einem großen Bild in der Zeitung vertreten, hatte einen längeren Vortrag über die Folterspuren gehalten, die die Polizei am Opfer gefunden hatte. Entweder, dachte Bäckström, hat der dieselben Bilder gesehen wie der innere Kreis der Ermittlertruppe am Abend zuvor. Oder sie waren ihm von jemandem, der sie gesehen hatte, im Wesentlichen korrekt und ausführlich beschrieben worden.
Auch der Dozent mit dem seltsamen und
Weitere Kostenlose Bücher