Moerderische Idylle
besonderen Einblick in die Ermittlungsarbeit schloss sich dem an, was man wohl als Hauptspur bezeichnen musste. Dass es sich um einen Serienmörder handelte. Im Hinblick auf die Brutalität dieses Verbrechens musste er bereits vergleichbare Taten begangen haben, und die Wahrscheinlichkeit der Wiederholung war hoch, um nicht zu sagen hundertprozentig.
Zugleich sei er »kein normaler sexueller Sadist mit gut entwickelten sexuellen Phantasien«, wie die weniger informierten kriminologischen Kollegen des Dozenten zu glauben schienen. Und noch weniger einer, der auf angehende Polizistinnen mit oder ohne Uniform ansprang. Stattdessen handelte es sich um einen »psychisch kräftig gestörten« und jetzt fast schon »chaotischen« Täter. Außerdem war er ein »junger Mann mit Zuwandererhintergrund, der in seiner Kindheit oder frühen Jugend heftigen traumatischen Erlebnissen« ausgesetzt gewesen war, zum Beispiel war er selbst gefoltert oder Opfer von schweren sexuellen Übergriffen geworden. Als Bäckström so weit gelesen hatte, leerte er rasch seinen Kaffee, stopfte die Zeitung in die Tasche und begab sich zur für diese Ermittlung zuständigen Pressesprecherin.
»Hast du diesen Artikel hier gesehen«, fragte Bäckström fünf Minuten später, als er in ihrem Zimmer saß. Er reichte ihr die aufgeschlagene Zeitung.
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte sie. »Ich habe ihn heute Morgen gelesen und genauso reagiert wie du. Dieser Kahn leckt überall«, fügte sie hinzu, »und wenn wir versuchen wollen, das positiv zu sehen, dann ist es vielleicht kein Wunder, dass es gerade auf diesen Experten getropft hat. - Du hast natürlich von Sankt Sigfrid gehört«, sagte sie dann. »Das ist die große psychiatrische Klinik hier in der Stadt, und in der geschlossenen Abteilung sitzen einige von den Allerschlimmsten. Unser Freund, der Dozent, ist ein emsiger Büttenredner an der Polizeischule und hier im Haus. Ich weiß nicht, wie oft ich ihn schon gehört habe.«
»Was du nicht sagst«, sagte Bäckström. »Taugt er denn irgendwas?«, fügte er hinzu.
»Das würde ich schon behaupten«, sagte sie. »Ich finde, dass er oft recht hat.«
Man sollte vielleicht mal mit dem Arsch reden, dachte Bäckström. Das mit dem jungen ausländischen Täter klingt doch gar nicht so blöd, dachte er. Außerdem hatte das Opfer wohl eine Schwäche für solche. Vielleicht eine so große, dass sie ihm auf sein Klingeln hin aufgemacht und ihn eingelassen hatte.
Als Bäckström in den großen Raum zurückkehrte, in dem die Ermittlertruppe untergebracht war, setzte er seine Feldherrenmiene auf und ließ seinen Blick über alle Anwesenden schweifen.
»Na«, sagte Bäckström. »Worauf wartet ihr? Jetzt habe ich gegessen, jetzt will ich einen guten Namen.« Um diese Forderung zu betonen, klopfte er sich auf seinen runden Bauch, ohne das selbst zu merken.
»Namen kannst du von mir kriegen. Wir sind gerade mit der ersten Liste fertig«, sagte Knutsson und schwenkte einen Stapel Computerausdrucke.
»Ist da denn was Brauchbares bei«, fragte Bäckström, nahm die Liste und setzte sich auf seinen üblichen Platz.
»Sind jedenfalls allerlei Namen«, stellte Knutsson fest und ließ sich neben Bäckström nieder. »Neunundsiebzig Stück, um genau zu sein, und dabei haben wir bisher nur die Nachbarn, die Leute, die das Opfer gekannt hat, und die lokalen Talente hier aus Växjö nachschlagen können.«
»Erzähl«, sagte Bäckström. »Gib mir was zu beißen.«
»Ruhe, nur Ruhe«, sagte Knutsson. »Dazu komme ich gleich.«
13
Zuerst waren Knutsson und seine Mitarbeiter Familie, Freunde und Bekannte des Opfers durchgegangen, um festzustellen, ob eins der vielen Register der Polizei etwas Interessantes über einen von ihnen erzählen könnte. Das war nicht der Fall gewesen, was niemanden überrascht hatte. Ein Drittel der etwa zwanzig, die sie nachgeschlagen hatten, waren Lindas Kommilitonen von der Polizeischule, und dort wurde man nicht angenommen, wenn man im Vorstrafenregister der Polizei stand.
»Ebenso unbrauchbar wie unser Opfer«, stellte Bäckström zufrieden fest, faltete die Hände auf seinem Bauch und wippte mit seinem Stuhl nach hinten.
»Zumindest registermäßig gesehen«, sagte Knutsson kollegial.
»Und da wir bald eine kleine DANN des Täters haben, sollen die jetzt allesamt speicheln. Ganz freiwillig und damit wir sie schnell und problemlos aus der Ermittlung streichen können.«
»Dürfte wohl kaum ein Problem sein«,
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