Moerderische Idylle
zuzieht«, fragte Carin, und ihre Stimme klang plötzlich richtig lüstern.
»You will be the first to know«, sagte Bäckström in seinem besten Fernsehamerikanisch.
23
Växjö, Donnerstag, 10. Juli Am Donnerstag beschloss Lewin, keine Abendzeitungen mehr zu lesen. Sein Entschluss war endgültig, unwiderruflich und umfasste Aftonbladet, Expressen und die kleineren und womöglich noch widerwärtigeren Geschwister derselben, nämlich Göteborgs-Tidningen und Kvällsposten.
Der groß aufgemachte Artikel, der ganz besonders seinen Abscheu erregte, hatte am selben Tag in Kvällsposten gestanden, und vor dem Hintergrund dessen, was bereits in den Abendzeitungen des Landes gestanden hatte, war er fast harmlos. Robinson-Micke hatte sich zu Wort gemeldet und mitgeteilt: »Traf Linda in der Mordnacht.« Robinson-Micke hatte in seiner Eigenschaft als Doku-Promi mit lokaler Zugehörigkeit am Donnerstagabend des 3. Juli im Stadshotell gearbeitet. Am selben Abend, an dem Linda den Nachtclub des Hotels besucht hatte, und einige Stunden vor ihrer Ermordung. Er war mit zwei anderen aus seiner Branche zusammen gewesen - Farm-Frasse und Big-Brother-Nina -, und gemeinsam sollten sie an der Bar aushelfen, sich unter die Gäste mischen und ansonsten zur Stimmung im Lokal beitragen.
Gegen zehn Uhr abends, etwas über eine Stunde vor Lindas Eintreffen im Nachtclub, hatte Micke stark angetrunken, barfuß und mit bloßem Oberkörper auf dem Tresen getanzt, war auf die Nase gefallen und hatte jede Menge Gläser zerschlagen, als er herumgekrochen war. Um Viertel nach zehn war er mit einem Krankenwagen ins Växjöer Krankenhaus gefahren worden. Sein Kumpel Frasse hatte ihn begleitet und schon vom Krankenwagen aus einen ihm bekannten Journalisten angerufen. Das Interview mit Micke und Frasse war noch im Wartezimmer der Notaufnahme gemacht worden, und am nächsten Morgen, an dem Morgen, an dem Linda ermordet aufgefunden worden war, und noch ehe die Zeitungen etwas über den Mord gebracht hatten, war Kvällsposten mit einer langen Reportage über Robinson-Micke herausgekommen, über jenen aus der Bar und aus der Robinson-Serie bekannten Micke, der dieser doppelten Verdienste wegen am Vorabend im Stadshotell von Växjö überfallen und misshandelt worden war. Obwohl er doch in Växjö geboren und aufgewachsen war und jetzt als einer der bekanntesten Bürger der Stadt gelten musste.
Was später an diesem Abend und in der Nacht zum Freitag geschehen war, hatte die Polizei von Växjö überdies genau und im Zusammenhang eben mit dem Mord an Linda Wallin untersucht.
Nach Beendigung des Interviews und nachdem er eine weitere Stunde darauf gewartet hatte, dass die Ärzte sich seinem Kumpel widmeten, hatte Farm-Frasse die Sache sattbekommen und war zum Stadshotell zurückgekehrt. Dort hatte der Türsteher ihn nicht einlassen wollen, es war zu einem Handgemenge gekommen, die Polizei war gerufen worden, und Farm-Frasse war unmittelbar vor Mitternacht in der Ausnüchterungszelle in der Wache in der Sandgärdsgata gelandet.
Zwei Stunden danach hatte sich Robinson-Micke zu ihm gesellt, nachdem er in der Notaufnahme ausgerastet und dann von der Polizei geholt und in eine weitere Ausnüchterungszelle derselben Wache gesteckt worden war. Gegen sechs Uhr morgens hatten beide die Wache verlassen dürfen, und auf seinen Kumpel Frasse gestützt, hatte ein stark hinkender Micke den Oxtorg überquert und war aus der polizeilich interessanten Handlung verschwunden. Unklar war, wohin sie sich begeben hatten.
Wenn wir uns das alles vor Augen halten, ist das, was er eine Woche nach dem Mord in der Zeitung erzählte - er sei Linda in der Mordnacht begegnet -, durch und durch gelogen. Robinson-Micke konnte am Abend vor dem Mord nicht mit Linda gesprochen haben, und sie hatte ihm nicht »unter vier Augen anvertraut, dass sie sich in letzter Zeit aufgrund ihrer Stelle bei der Polizei von Växjö oft bedroht gefühlt hatte.«
Da Farm-Frasse dasselbe Handicap hatte wie Robinson-Micke, und da er außerdem auf demselben Gang mit Ausnüchterungszellen gesessen hatte, konnte auch er Linda in der Mordnacht nicht begegnet sein. Blieb also die Dritte im Bunde, Big-Brother-Nina, die sich immerhin im Nachtclub aufgehalten hatte, bis dort gegen vier Uhr morgens Feierabend gemacht worden war.
Nina war schon am Freitagnachmittag von der Polizei vernommen worden, an dem Tag, an dem Linda ermordet aufgefunden worden war, und sie hatte ziemlich lange gebraucht, um zu
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