Mörderische Kaiser Route
dem Flughafen zu tun?“ Endlich stellte Dieter die Frage, die ihn wahrscheinlich die gesamte Fahrt beschäftigt hatte. Ich grinste ihn frech an. „Nichts, absolut nichts. Hab ich das etwa gesagt?“ Mein Freund schnaubte und winkte genervt ab.
„Mit dir kann man einfach nicht vernünftig reden.“ Er griff nach dem Handy, das er in einer kleinen Ledertasche am Hosengürtel trug. „Da rede ich lieber mit meiner Frau und meinem Sohn.“
Ehe er sich versah, hatte ich ihm das Handy aus der Hand genommen.
„Zuerst bin ich dran. Ich brauche die Dienst- oder die Privatnummer des Kommissars aus Paderborn. Er hat sie dir doch gegeben?“
Dieter nickte. Er verzichtete darauf, mich nach dem Grund für meine Bitte zu fragen und nannte mir die Zahlen. Zu meiner Freude bekam ich das technische Kleingerät tatsächlich in Gang gesetzt. Der Mann meldete sich schon nach dem zweiten Klingelzeichen.
Ich wolle von ihm nichts Konkretes über den Todesfall in der Wewelsburg wissen, erklärte ich ihm. „Mir ist daran gelegen, die Namen und Herkunftsorte derjenigen Frauen und Männer zu bekommen, die in der letzten Woche in der Jugendherberge übernachtet haben. Können Sie sie mir besorgen?“
Das dürfte kein Problem sein, bestätigte der Kommissar mir. Er würde sich sofort darum kümmern und mir eine Liste zukommen lassen, wenn ich ihm einen Grund für mein Interesse nennen könnte.
„Vielleicht entdecken mein Kollege und ich jemanden, der schon einmal in unserer Ecke unangenehm aufgefallen ist. Das könnte dann auch für Ihre Ermittlungen von Vorteil sein.“ Der Kommissar lachte auf.
„Sie sind gut, Herr Grundler“, sagte er vergnügt, „unsere Ermittlungen laufen auf einen Unglücksfall hinaus. Ich warte nur noch das Obduktionsergebnis ab, um mich endgültig festzulegen.“ Unvermittelt änderte er die Tonlage. „Ich muss jetzt den Eltern kondolieren. Sie wohnen fast in meiner Nachbarschaft“, sagte er betroffen.
Schnell beendete er das Gespräch mit der nochmaligen Zusage, uns sofort über alle Ergebnisse seiner Arbeit zu informieren.
Zufrieden gab ich das Handy an Dieter zurück. „Nach der Pflicht kommt die Kür.“ Es sei wie bei uns in der Kanzlei, stöhnte ich. „Ich mache die Arbeit und du lebst nur für das Vergnügen.“
Aber ich konnte meinen Freund mit dieser Bemerkung nicht schocken. Er lächelte milde, als er die Rufnummer von Do eintippte und auf die Verbindung wartete. Es sei alles bestens, versicherte Dieter ihr.
„Nur Tobias nörgelt am laufenden Band“, lästerte er. Wir würden uns beeilen und er würde sich freuen, sie und Tobi bald wieder in die Arme schließen zu können. Wann das sei, könne er leider nicht sagen.
„Das hängt ganz von Tobias und seinen lahmen Knochen ab. Der kommt einfach nicht in die Gänge“, behauptete Dieter dreist.
Diese Fehleinschätzung meiner sportlichen Fähigkeiten würde mein vorlauter Chef bereuen, nahm ich mir vor. Ich konnte nicht schnell genug aufs Rad kommen und trat kräftig in die Pedale.
Fröhlich pfeifend folgte Dieter mir, als wir in Siddinghausen das Tal der Alme verließen und über einen, zum großen Teil bewaldeten, kleinen Bergrücken an einem ehemaligen Römerlager vorbei ins Möhnetal wechselten.
Auf eine Besichtigung von Rüthen mit seinen prächtigen Ackerbürgerhäusern verzichtete ich. Ich kannte das ruhige, sehenswerte Landstädtchen, anders als Dieter, dem ich dieses Kleinod vorenthielt. Ich würde radeln, bis er von sich aus klein beigab und auf Knien darum bettelte, endlich eine Nachtpause einzulegen. Das hatte ich mir vorgenommen.
Wir flogen geradezu durch das idyllische Belecke, hatten keinen Blick für die Reste der Burg der Herren von Mülheim in Sichtigvor und düsten an Allagen und Völlinghausen vorbei zum Möhnesee.
Es wurde schon Abend, als wir in Körbecke, dem touristischen Hauptort an dem großen Stausee, ankamen. Wir hatten inzwischen nach meinem Fahrradtachometer annähernd fünfundsiebzig Kilometer zurückgelegt.
„Tobias, sei nicht so kindisch“, schnaufte Dieter endlich zu meiner Zufriedenheit. „Lass uns für heute Schluss machen.“ Er deutete auf ein ansprechendes Restaurant mit Pensionsbetrieb. „Wenn du deinen Charme spielen lässt, bekommen wir bestimmt für die Nacht ein Zimmer.“
Ich verzog meinen Mund. Das war wieder typisch für Schulz. Wenn es brenzlig wurde, kehrte er den Chef raus und ließ seinen Handlanger die Drecksarbeit machen. Er war nur zu feige, selbst die Bitte nach einer
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