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Mörderische Kaiser Route

Mörderische Kaiser Route

Titel: Mörderische Kaiser Route Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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in die Pedale und holte Schwung, um mit hoher Geschwindigkeit vorwärts zu kommen. Die Geschwindigkeitsanzeige sprang schon bald auf über vierzig Stundenkilometer, nicht gerade wenig mit unseren stabilen Tourenrädern und den Rucksäcken auf den Schultern.
    Womit ich nicht gerechnet hatte, das waren die Serpentinen. Da musste ich schon ganz gewaltig in die Bremsen steigen, um die erste Haarnadelkurve noch zu meistern, bei der zweiten Biegung ließ ich es von vornherein langsamer angehen.
    Behutsam bog ich ums unübersichtliche Rund und wollte wieder in die Pedale treten, als ich im letzten Moment den Stacheldraht erkannte, der wenige Meter vor mir knapp über Lenkerhöhe stramm über die Straße gespannt war.
    „Achtung“, schrie ich Dieter zu, „bleib stehen!“
    Ich riss den Lenker herum, ließ mich gegen den Berg fallen und stieß das Fahrrad beiseite. Ich landete auf dem Rücken und rutschte auf meinem Rucksack unter dem Draht hindurch.
    Ich lag noch benommen auf dem Boden, als sich Dieter besorgt über mich beugte.
    „Nichts passiert“, sagte ich mit scheinbarer Ruhe. Ich gab mich gelassen, doch innerlich bebte ich. Das war kein Zufall gewesen. „Da hat uns einer umbringen wollen“, schimpfte ich.
    Langsam spürte ich das Pochen meines Herzens und das schnelle Atmen. Dieter nickte. Er reichte mir die Hand und half mir auf die Beine.
    „Waren wir mit diesem Anschlag gemeint oder ein x-Beliebiger, der gerade zufällig den Berg herunterkam?“, fragte er nachdenklich.
    Mit weichen Knien stolperte ich zu einem Baum, um den ein Ende des Drahtes gebunden war. Ich dröselte das Ende auf und wickelte den Draht auf einen stabilen Ast.
    „Das kann doch nur der Affenarsch in dem Sportwagen mit dem Paderborner Kennzeichen gewesen sein“, behauptete ich, als ich das stachelige Material neben dem Straßenrand ins Gras legte, wo es niemandem schaden konnte.
    Dieter zuckte mit den Schultern.
    „Kann sein, muss aber nicht. Und wenn er es war, kriegen wir ihn nicht mehr. Der ist längst über alle Berge.“ Er hatte sich ebenso wenig wie ich das Nummernschild eingeprägt.
    Mein Freund inspizierte mein Fahrrad und kam zu dem Ergebnis, dass es noch fahrtauglich war.
    „Fahr langsam bis zum nächsten Dorf, dort lassen wir es durchchecken“, schlug er mir kameradschaftlich vor.
    Mit immer noch zittrigen Händen und schlackernden Beinen kletterte ich mühsam auf den Sattel und rollte los. Tatsächlich, so fühlte ich beim Fahren, hatte das Fahrrad nichts abbekommen bei meinem freiwilligen, wenn auch erzwungenen Abstieg. Trotzdem traute ich mich nicht, ein höheres Tempo einzuschlagen.
    Gemächlich rollten Dieter und ich ins Tal und fuhren am Ufer der aufgestauten Seen entlang über Herdecke bis nach Wetter. Wir hatten heute gerade einmal siebzig Kilometer zurückgelegt, aber ich hatte genug. Ich wollte nicht mehr und fand für meine Unlust Verständnis bei meinem Freund.
    Eigentlich hatten wir nach unserer Planung bis zum Baldeneysee und dort nach Möglichkeit bis zum Fahrradmuseum nach Werden kommen wollen, aber diese weiteren fünfzig Kilometer wollte ich mir heute nicht mehr zumuten. „Ich bin nicht konzentriert bei der Sache“, sagte ich zu Dieter. „Nach meiner Auffassung wollte uns einer an den Kragen und das macht mir gewaltig zu schaffen.“
    Die Erinnerung an den perfiden Versuch vor wenigen Jahren, mich mit Marcumartabletten aus dem Weg zu räumen, wurde wieder wach.
    „Ich glaube, wir stehen jemandem gewaltig im Weg oder auf den Füßen.“
    Mein Freund schwieg dazu. Er suchte zunächst nach einem Hotel, in dem wir uns einquartierten, dann sorgte er dafür, dass mein Fahrrad von einem Zweiradmechaniker gewartet wurde. Ich hatte mich in der Zwischenzeit auf unser Zimmer verzogen und dachte nach.
    Dieter weckte mich am frühen Abend.
    „Zu Hause ist alles in Ordnung“, sagte er. „Ich habe mit Sabine gesprochen, aber ihr natürlich nichts von dem Zwischenfall gesagt. Das war doch in Ordnung, oder?“
    „Selbstverständlich“, gab ich zur Antwort, als ich mich ächzend erhob. Das unbehagliche Gefühl hatte ich immer noch in mir. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie ich ausgesehen hätte, wenn ich mit dem Gesicht im Stacheldraht hängen geblieben wäre oder er sich fest um meinen Kopf gewickelt hätte.
    Das war einer der Tage, da wollte ich am liebsten abends ein Bier trinken, um dann mit der genügenden Bettschwere in der Nacht zu versinken. So ein Glas, das kam alle paar Monate vielleicht einmal vor.

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