Moerderische Kuesse
die Finger kriegt, denn ich bin überzeugt, dass Rodrigo ein paar grausige Spiele mit mir treiben will, bevor er mich umbringt.
Und ich habe keine Lust mitzuspielen.«
Swains Magen verkrampfte sich bei der Vorstellung, dass Nervi Lily in seine Hände bekommen könnte. Swain musste oft schwierige Entscheidungen treffen, aber die hier fiel ihm leicht.
»Das lasse ich keinesfalls zu«, versprach er ruhig.
»Danke.« Ihr Lächeln hellte sich ein wenig auf, so als hätte er ihr ein Geschenk gemacht, und sein Magen verkrampfte sich noch mehr.
Keiner von beiden hatte gefrühstückt, darum hielten sie an einem Cafe am Straßenrand, wo sie sich beide, Lily mit Hut und Sonnenbrille, je ein Croissant und einen Cafe au lait einverleibten. Er sah ihr beim Essen zu, und sein Herz begann protestierend zu donnern, als er sich fragte, ob dies wohl sein letzter Tag mit ihr zusammen war. Er hatte geglaubt, die Sache noch länger hinziehen zu können, aber die Umstände sprachen dagegen. Falls Rodrigo Nervi hinter dem anonymen Anruf steckte, dann würden sie das erst bei dem Treffen feststellen können, und dann wäre es zu spät.
Er wünschte, sie hätten eine andere Wahl, aber die hatten sie nicht. Die Begegnung war unvermeidlich. Wenn der Kerl morgen anrief, musste sie seinen Vorschlag annehmen, ein Treffen mit ihm vereinbaren und dort auftauchen. Dann …
würde sich erweisen, ob der Anrufer Rodrigo Nervi war oder nicht. O Gott, er betete, dass es jemand anderer sein möge. Er wollte mehr als nur einen weiteren Tag mit ihr erleben. Er wollte mehr als nur eine Nacht.
Er selbst hatte sich immer, wenn er einen Job angenommen hatte, vor Augen gehalten, dass es sein letzter Einsatz sein könnte, denn wer mit Menschen zu tun hatte, die zur Gewalt neigten, konnte dabei gewaltig eins auf die Nase bekommen.
Bei Lily war das ganz ähnlich; sie hatte stets an vorderster Front gekämpft und den damit verbundenen Gefahren offen ins Auge geblickt. Doch das Wissen, dass sie aus freien Stücken hier war, machte die Sache nicht einfacher.
Aber falls Nervi und seine Schläger zu dem Treffen erschienen und er Lily verlieren würde, dann würde der Drecksack dafür bezahlen, das schwor er sich.
24
Swain gab den Megane zurück und mietete, da Lily nicht umzustimmen war, bei einer anderen Autovermietung einen kleinen blauen Fiat mit vier Zylindern. »Nein!«, hatte er entsetzt aufgestöhnt, als sie ihm erklärte, was sie von ihm erwartete. »Lass uns wenigstens einen Mercedes nehmen.
Damit fällt man wirklich nicht auf.« Er begann zu strahlen. »Ich weiß was. Wir holen uns einen Porsche. Vielleicht brauchen wir die Pferdestärken. Oder einen BMW. Du hast die Wahl.«
»Fiat«, wiederholte sie.
»Gesundheit.«
Ihre Lippen zuckten, aber sie schaffte es, nicht zu lächeln.
»Wir wollen auf keinen Fall ein Auto, das irgendwie auffällt.«
»Ich schon«, widersprach er eigensinnig. »Es ist doch egal, ob ich auffalle. Mich kennt hier sowieso keiner. Wenn ich jemanden suchen würde, würde ich nach Leuten Ausschau halten, die Fiat fahren, denn genau so einen Wagen besorgt man sich, wenn man nicht auffallen will.«
Die gleiche Theorie hatte sie auch angewandt, als sie sich mit einer knallroten Perücke verkleidet hatte, daher war das Argument nicht völlig aus der Luft gegriffen. Aber inzwischen stach sie der Hafer: Sie wollte ihn mindestens einen Tag lang hinter dem Lenkrad eines kleinen Fiats erleben, nur um zu hören, wie kreativ er in seinen Klagen und Verwünschungen werden konnte.
»Erst bist du im Jaguar aufgetaucht, und heute hast du mich in einem Megane abgeholt – falls uns jemand gesehen hat und jetzt nach dir Ausschau hält, wüsste er jedenfalls, dass du eine Schwäche für schnelle Autos hast. In einem Fiat würde er dich auf keinen Fall vermuten.«
»Ach was«, grummelte er.
»Fiat baut gute Autos. Wir können einen dreitürigen Stilo nehmen; der ist eher sportlich –«
»Ich
kann
nicht
nur
zwanzig,
sondern
dreißig
Stundenkilometer fahren, wenn ich mich richtig abstrample?«
Sie musste sich auf die Zunge beißen, um nicht loszuprusten, so lächerlich war die Vorstellung von ihm auf einem Dreirad, die langen Beine fast über den Ohren angewinkelt, während er wie wild in die Pedale trat.
Er bockte so sehr, dass er nicht einmal an den Schalter der Autovermietung treten wollte, bis sie sich umdrehte und ihn anzischte: »Willst du vielleicht, dass ich den Wagen auf meine Kreditkarte miete? Dann wüsste Rodrigo in
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