Moerderische Kuesse
später?«
»Später. Ich will nicht aus dem Badewasser gerissen werden, weil das Frühstück kommt.«
»Dann dusche ich jetzt.« Sein Kopf verschwand wieder hinter der Tür, und wenige Sekunden später hörte sie das Wasser rauschen.
Kurz bevor ihr Frühstück gebracht wurde, kam er wieder zum Vorschein, in einer schicken schwarzen Hose und einem schlichten weißen, kragenlosen Hemd, dessen Ärmel er über die muskulösen Unterarme gekrempelt hatte. Während er die Rechnung abzeichnete, harrte Lily im Bad aus, wo sie zur Tarnung das Wasser laufen ließ, bis er den Kellner wieder verabschiedet hatte. Gerade als die Tür ins Schloss fiel, klingelte Lilys Handy. Sie atmete tief ein und holte das Telefon aus ihrer Tasche. Ein kurzer Blick auf das Display zeigte ihr, dass der Anrufer die Nummer unterdrückt hatte. »Ich glaube, das ist er«, sagte sie und klappte das Handy auf. »Ja, hallo?«, meldete sie sich auf Französisch.
»Haben Sie sich entschieden?«
Sobald sie die elektronisch verzerrte Stimme hörte, winkte sie Swain mit einem knappen Kopfnicken herbei, damit er mithörte. Sie nahm das Handy einen Zentimeter vom Ohr weg, damit auch er den Anrufer verstehen konnte.
»Ja. Ich mache es, aber unter einer Bedingung. Ich bestehe auf einem Treffen vorab.«
Es blieb kurz still. »Das ist nicht möglich.«
»Sie werden es möglich machen müssen. Sie möchten, dass ich mein Leben aufs Spiel setze, aber Sie selbst wollen kein Risiko eingehen.«
»Sie kennen mich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, inwiefern ein Treffen Ihnen zusätzliche Sicherheit geben könnte.«
Damit hatte er natürlich Recht, aber diese zusätzliche Sicherheit hatte er ihr bereits vermittelt. Wenn Rodrigo hinter diesem Anruf gesteckt hätte, wäre er nur zu bereitwillig auf ihren Vorschlag eingegangen. Es wäre ihm ein Leichtes gewesen, einen Strohmann zu schicken und sie in eine Falle zu locken. Dieser Mann war nicht Rodrigo und arbeitete auch nicht für ihn.
Sie wollte ihm schon Recht geben, dass eine persönliche Begegnung nicht notwendig sei, aber Swain winkte energisch ab, formte lautlos das Wort »Treffen« und nickte dazu heftig mit dem Kopf. Seiner Meinung nach sollte sie auf dem Treffen bestehen.
Einen vernünftigen Grund sah sie nicht dafür, aber sie folgte achselzuckend seinem Vorschlag. »Ich möchte wenigstens einmal Ihr Gesicht gesehen haben. Schließlich kennen Sie meines, nicht wahr?«
Der Anrufer stockte kurz. Offensichtlich hatte sie ins Schwarze getroffen. »Was tut es zur Sache, oh Sie mein Gesicht kennen oder nicht? Ich könnte mich mit einem falschen Namen vorstellen, ohne dass Sie das überprüfen könnten.«
Weil er auch damit Recht hatte und ihr kein logischer Grund einfallen wollte, warum sie auf einer Begegnung beharren sollte, warf sie einfach jede Logik über Bord. »Das ist meine Bedingung«, verkündete sie barsch. »Sie können annehmen oder ablehnen.«
Sie hörte, wie er frustriert Luft holte. »Einverstanden. Ich erwarte Sie morgen um vierzehn Uhr vor dem Jardin du Palais Royal.
Tragen Sie als Erkennungszeichen ein rotes Halstuch. Und kommen Sie allein.«
Swain schüttelte den Kopf, und Lily erkannte an seiner entschlossenen Miene, dass er sich in diesem Punkt nicht umstimmen lassen würde.
»Nein«, sagte sie dementsprechend. »Ich werde mit einem Freund kommen. Er besteht darauf. Ich kann Ihnen nicht gefährlich werden, Monsieur, und er möchte sicherstellen, dass Sie mir auch nicht gefährlich werden können.«
Das Lachen, mit dem der Mann ihre Antwort quittierte, wurde von der Elektronik zu einem harten Bellen verzerrt. »Sie sind wirklich kompliziert. Also gut, Mademoiselle. Stellen Sie noch mehr Bedingungen?«
»Ja«, sagte sie, nur um ihn zu ärgern. »Sie müssen ebenfalls ein rotes Halstuch tragen.«
Er lachte wieder und legte auf. Lily klappte das Handy zu und atmete tief aus. »Rodrigo ist es nicht«, stellte sie überflüssigerweise fest.
»Allem Anschein nach. Sehr gut. Vielleicht haben wir ja doch eine Chance.«
»Wieso willst du dabei sein?«
»Weil jemand, der sich gegen eine persönliche Begegnung wehrt, mit Sicherheit etwas zu verbergen hat und weil ich ihm nicht traue.« Er nahm eine Kaffeetasse, reichte sie ihr und zwinkerte ihr dann zu. »Rate mal, was das bedeutet.«
Lily war in Gedanken immer noch bei dem Anruf und sah ihn völlig ratlos an. »Was denn?«, fragte sie.
»Das bedeutet, dass wir den ganzen Tag freihaben.« Er stieß mit seiner Kaffeetasse prostend
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