Moerderische Schaerennaechte
natürlich. Die Branche hat es nicht leicht heutzutage, besonders die großen Airlines, die mit den Billiganbietern konkurrieren müssen. Aber mir gefällt’s, auch wenn die goldenen Jahre vorbei sind.«
»Die goldenen Jahre?«
»Die gute alte Zeit, als Piloten wie Götter hofiert wurden und alles bekamen, worauf sie mit dem Finger zeigten.« Er zog vielsagend die Augenbrauen hoch. »Als ich anfing, bekam man noch hohe Zulagen und wohnte in Fünfsternehotels. Inzwischen wird ein Sparpaket nach dem anderen geschnürt. Aber uns geht es natürlich immer noch besser als den Kollegen bei den Billigairlines.«
Er zeigte auf ihre Speisekarte.
»Wissen Sie schon, was Sie nehmen?«
Nora nickte, und Jonas winkte der Bedienung, die auf seine Geste sofort reagierte.
Wie macht er das?, dachte Nora. Normalerweise war es nicht so einfach, die Aufmerksamkeit des Personals zu erregen. Aber er hatte Charisma, das musste sie zugeben.
Sie trank einen Schluck Wein. Jonas hatte einen trockenen Weißen aus Australien vorgeschlagen, mit einer Selbstsicherheit, die von Kennerschaft zeugte. Der Wein war wirklich sehr gut.
Eine Gruppe von vier Personen kam herein, und Nora sah sofort, dass es Bekannte von Henriks Eltern waren. Noch bevor sie das Gesicht abwenden konnte, hatte man sie entdeckt. Hoffentlich plauderten sie nicht aus, dass sie hier mit Jonas gegessen hatte.
Sie runzelte die Stirn, ärgerlich über sich selbst. Es ging niemanden etwas an, ob sie hier mit einem anderen als ihrem verflossenen Ehemann zusammensaß. Aber Jonas sah ein bisschen zu gut aus und war ein bisschen zu jung, als dass ihr die Situation behagt hätte.
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass eine der Frauen die Gruppe verließ und auf ihren Tisch zusteuerte. Es war Siv Angern, eine enge Freundin ihrer Exschwiegermutter Monica Linde. Genau wie Monica war sie elegant gekleidet und perfekt frisiert. Sie trug eine teure Strickjacke im Matrosenstil von einem bekannten Designer.
Nora erhob sich lustlos, um die Begrüßung über sich ergehen zu lassen.
Siv Angern beugte sich vor und hauchte Küsschen auf Noras Wangen. Oberschichtgetue, dachte Nora, aber so war es üblich in den Kreisen ihrer Schwiegereltern.
Typisch, dass sie ausgerechnet heute Abend hier aufeinandertreffen mussten.
In wenigen Stunden würde Monica über jedes Detail informiert sein, und sie würde sofort Henrik anrufen und ihm alles haarklein berichten. Irgendwie würde Monica es schon schaffen, Nora diesen Abend reinzuwürgen.
»Nora, wie schön, dich zu sehen.«
»Hallo«, erwiderte Nora in neutralem Ton. »Wie geht es euch denn so?«
»Wir sind nur übers Wochenende hier.« Sie machte eine Geste in Richtung ihres Mannes. »Mit dem Boot.«
Nora wusste, dass dem Ehepaar Angern eine große Motorjacht gehörte, eine Princess, die über vierzig Fuß lang war.
»Das mit eurer Scheidung tut mir ja leid«, fuhr Siv Angern fort. »Ihr wart so ein schönes Paar, Henrik und du. Ich hätte nie gedacht, dass ihr euch jemals trennen würdet. Monica ist tief bekümmert, wie du dir denken kannst.«
Nora bezweifelte, dass ihre ehemalige Schwiegermutter es sonderlich schwer nahm. Sie waren nie gut miteinander ausgekommen. Möglicherweise würde ihr Schwiegervater, Harald Linde, sie ein kleines bisschen vermissen.
»Wie haben die Jungs es aufgenommen?«
Siv Angern sprach die Worte in genau dem gleichen Tonfall aus wie Monica Linde, und Nora fragte sich manchmal, ob die Frauen in diesen Kreisen nicht in Wirklichkeit alle geklont waren. Zum Verwechseln ähnlich in Kleidung und Aussehen, ständig mit prominenten Namen um sich werfend, damit auch ja niemandem entging, mit wem man verkehrte oder befreundet war. Pure Oberflächlichkeit ohne echte Gefühle.
Diesen Teil ihres Lebens mit Henrik würde sie ganz bestimmt nicht vermissen.
»Aber dir geht es gut, wie ich sehe«, fuhr Siv Angern fort, ohne sich davon beirren zu lassen, dass Nora nicht antwortete.
Ihr Lächeln und ihr vielsagender Blick in Jonas’ Richtung konnte niemandem entgehen.
»Ich kann nicht klagen«, erwiderte Nora leichthin, ohne sich etwas anmerken zu lassen. »Wie nett, euch getroffen zu haben. Ich hoffe, ihr habt einen unterhaltsamen Abend.«
Sie setzte sich, um deutlich zu machen, dass das Gespräch beendet war.
Im selben Moment kam die Serviererin und dirigierte das Ehepaar Angern und deren Freunde glücklicherweise die Treppe hinauf in den oberen Restaurantbereich.
Weit weg von dem Tisch, an dem Nora und Jonas saßen.
»Tut
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