Moerderische Schaerennaechte
ihrem Mann etwas Böses gewollt hätte. Er war sein ganzes Leben lang Sportlehrer gewesen, und ein sehr beliebter dazu. Mehrmals war er zum besten Lehrer der Schule gewählt worden.
Die Ehefrau weigerte sich zu glauben, dass ihr Mann Feinde gehabt haben könnte. Sie bestand darauf, dass es ein unbekannter Einbrecher gewesen sein musste, der ihren Mann überfallen hatte. In der letzten Zeit war es zwar vorgekommen, dass Diebesbanden bei alten Leuten geklingelt und versucht hatten, sie zu bestehlen, aber Thomas fiel es schwer, sich das in diesem Fall vorzustellen. Der Mord wirkte allzu gut geplant. Außerdem waren aus der Wohnung der Fredells keine Wertsachen verschwunden.
Hätte die Enttäuschung über eine allzu geringe Beute zu Fredells Tod geführt, wäre die Vorgehensweise eine andere gewesen. Ein tödlicher Schlag, aus Wut versetzt, ein hastig abgefeuerter Pistolenschuss – das hätte Thomas noch eingeleuchtet. Aber einen vollständig bekleideten Mann in seiner eigenen Badewanne zu ertränken, das war ein bisschen zu aufwendig für einen Totschlag im Affekt. Das deutete auf ein ganz anderes Motiv hin als die Jagd eines Einbrechers nach Geld oder Wertsachen.
Die Befragung der Nachbarn hatte kein Ergebnis gebracht. Nur wenige Leute waren an jenem sonnigen Samstag, als Jan-Erik Fredell überfallen worden war, tagsüber zu Hause gewesen. Und niemand hatte im Treppenhaus etwas Ungewöhnliches bemerkt.
Nachdenklich studierte Thomas die Berichte der Polizisten, die in Fredells Haus die Nachbarschaftsbefragung durchgeführt hatten. Die Frage war, wie viel Zeit der Täter benötigt hatte, um Jan-Erik Fredell umzubringen.
Er griff zum Telefon und wählte Sachsens Nummer.
»Andreasson hier«, sagte er, als der Rechtsmediziner sich meldete. »Du, ich habe eine Frage zum Fall Fredell. Hast du eine Vorstellung, wie lange der gesamte Vorgang gedauert haben könnte?«
»Meinst du das Ertränken?«
»Nein, insgesamt.«
Sachsen überlegte.
»Nicht sehr lange«, sagte er dann. »Von dem Moment, als der Mörder in die Wohnung kam, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem Fredell Wasser in seine Lungen atmete …«
Thomas wartete auf die Fortsetzung.
»Wie lange dauert es, eine Badewanne volllaufen zu lassen?«
Thomas dachte nach. Er duschte meistens, wie lange mochte es dauern, eine Wanne zu füllen?
»Eine Viertelstunde vielleicht, jedenfalls nicht mehr als zwanzig Minuten«, sagte er.
»Okay. Nehmen wir an, es hat höchstens eine Viertelstunde gedauert, um in die Wohnung zu gelangen und Fredell ins Badezimmer zu zwingen. Geben wir noch zwanzig Minuten dazu, um die Wanne volllaufen zu lassen. Dann Fredell unter Wasser zu drücken. Sagen wir, noch sechs oder sieben weitere Minuten, um ihn zu ertränken, falls der Täter ganz sichergehen wollte. Wie viel haben wir dann?«
»Fünfunddreißig bis fünfundvierzig Minuten.«
»Es gab ja keine fremden Fingerabdrücke, also hat der Mörder vermutlich Handschuhe getragen. Dann brauchte er keine Zeit damit zu verschwenden, seine Abdrücke wegzuwischen.«
»Das wäre eine durchdachte Planung.«
»Ja, auf jeden Fall. Du hast es mit einem umsichtigen Mörder zu tun.«
Nachdenklich legte Thomas auf. Es hatte also höchstens eine Dreiviertelstunde gedauert, den kranken Mann umzubringen. Ein eiskalter Verbrecher hatte sich Zutritt zur Wohnung verschafft, hatte Fredell gezwungen, sich bekleidet in die gefüllte Wanne zu legen, und ihn dann unter Wasser gedrückt.
Warum hatte er ihn auf diese Weise getötet?
Es gab viele wesentlich einfachere Arten, einem Menschen das Leben zu nehmen. Warum hatte der Täter diese Methode gewählt?
Thomas erhob sich und ging ein paar Schritte, um den Blutkreislauf in Schwung zu bringen. Im Haus gegenüber stand eine Frau am offenen Fenster und rauchte heimlich, anstatt nach draußen zu gehen, obwohl das Gesetz vorschrieb, dass Büros rauchfrei zu sein hatten. Thomas hatte Kollegen, die nach vielen Jahren des Tabakrauchens dazu übergegangen waren, Nikotinkaugummis zu kauen, während sie missmutig murrten, dass es menschenunwürdig sei, Leute hinaus in die Kälte zu jagen, wenn sie mal eine rauchen wollten. Aber die zigarettensüchtige Frau da drüben schien auf alle Verbote zu pfeifen.
Thomas wandte den Blick ab und grübelte weiter.
Der Mörder musste eine Waffe gehabt haben, um Fredell zu zwingen, ins Wasser zu steigen. Also war es möglich, dass er auch Marcus Nielsen zu einem fingierten Selbstmord gezwungen hatte. Mit Waffengewalt konnte er Marcus
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