Moerderische Schaerennaechte
disziplinierten jungen Mannes wachgerufen, der er einmal gewesen sein musste.
Margit zeigte auf einen anderen Soldaten, der auf dem Foto etwas weiter rechts stand.
»Wer ist das?«
»Der da«, sagte Kaufman langsam. »Das ist Erneskog, wir teilten auf Korsö eine Stube.«
»Erneskog, und wie hieß er weiter?«
Er drückte die Zigarette aus und zündete sich noch eine an. Die Luft in der kleinen Küche war jetzt so verräuchert, dass es Thomas im Hals kratzte. Er erhob sich.
»Ist es Ihnen recht, wenn ich das Fenster öffne?«
Kaufman nahm keine Notiz von ihm. Er runzelte die Stirn in dem angestrengten Bemühen, sich dreißig Jahre zurückliegende Ereignisse in Erinnerung zu rufen.
»Mal sehen. Sein Name war … Sven, Sven Erneskog, und der andere neben ihm …« Er verstummte. »Eklund. Ja, zum Teufel, das ist Stefan Eklund.«
Kaufman wirkte richtig glücklich über seine Leistung und sah sie triumphierend an.
»Noch funktionieren die kleinen grauen Zellen«, sagte er. »Ich bin noch nicht ganz verblödet.«
Thomas notierte die Namen.
»Erinnern Sie sich an die letzten beiden?«, fragte Margit mit einem Kopfnicken zu den zwei Soldaten, die noch nicht identifiziert waren.
»Tja, Mensch, wie hießen die …«
Ein Anflug von Verzweiflung flog über Kaufmans unrasiertes Gesicht. Die Oberlippe zitterte, und für einen kurzen Moment dachte Thomas, der Mann würde in Tränen ausbrechen.
Hatte es ihn so aufgewühlt, über die alten Erinnerungen zu reden? Oder war es die plötzliche Erkenntnis seines eigenen Verfalls, die ihm zusetzte?
»Ich kann mich nicht mehr erinnern. Das ist weg, genau wie Kihlbergs Vorname.« Er machte ein bekümmertes Gesicht. »Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal vergesse.«
Thomas blickte wieder auf das Foto.
»Dürfen wir das Foto mitnehmen? Ich verspreche Ihnen, dass Sie es zurückbekommen, aber wir würden gern eine Kopie davon machen.«
Er löste das Foto vorsichtig aus dem Album und wog es in der Hand. Die Spätnachmittagssonne auf dem Bild schien auf die muskulösen Oberkörper. Einer der Männer hielt ein Barett in der Hand, an dem das Emblem der Küstenjäger schimmerte.
Vor dreißig Jahren hatte Kaufman der Elite unter den Soldaten angehört. Jetzt waren nur noch Trümmer übrig.
Kapitel 24
»Was für ein Wrack«, sagte Thomas und drehte den Zündschlüssel um.
Trotz ihrer Befürchtungen war das Auto unversehrt, als sie aus Kaufmans Wohnblock traten. Die Halbstarken, die ein Stück entfernt gestanden und geraucht hatten, waren verschwunden.
»Der Typ wird sich noch zu Tode saufen«, sagte er und blinkte, um links abzubiegen. Es hatte begonnen zu nieseln, und er schaltete die Scheibenwischer ein. Es ging auf drei Uhr nachmittags zu.
»Schlimm, so was zu sehen«, sagte Margit leise.
Sie waren beide während ihrer Jahre bei der Polizei auf alle Arten menschlichen Verfalls gestoßen. Drogensüchtige, die bei ihrer Jagd nach Rauschgift scheußliche Dinge getan hatten, und Opfer von Misshandlungen, die kaum wiederzuerkennen waren. Sie hatten völlig zertrümmerte Wohnungen gesehen und Leichenteile, bei denen sich einem der Magen umdrehte.
»Daran gewöhnt man sich nie«, sagte sie.
»Nein, aber das ist vielleicht auch gut so.« Thomas schaltete mit der rechten Hand. »Dass man nicht abgebrüht wird, meine ich.«
»Wenn nur die eigenen Kinder nicht derart abhängig werden.«
Es schien, als hätte Margit die Begegnung mit Kaufman persönlicher genommen, als sie es sonst tat. Sie war eine erfahrene Polizistin, die selten die Fassung verlor und mit den meisten Situationen umgehen konnte. Aber Anna und Linda, ihre beiden halbwüchsigen Töchter, waren ein ständiger Quell der Sorge, und mehr als einmal hatte sie Thomas von ihren Ängsten erzählt.
Als Polizistin wusste sie nur zu gut, was jungen Mädchen alles passieren konnte, wenn sie nicht vorsichtig waren. Also schlug sie in die andere Richtung um. Margit war eine überbeschützende Mutter, die ständig mit ihren Töchtern darüber stritt, wo die Grenze war.
Dass ihr Mann Bertil sich weigerte, Stellung zu beziehen, und stattdessen das Weite suchte, wenn das Gezänk zwischen den Frauen im Haus ausbrach, befeuerte den Frust nur noch.
»Linda war betrunken, als sie am Samstag nach Hause kam«, sagte Margit nach einer Weile. »Sie hat ins Blumenbeet gekotzt, bevor sie die Tür aufschloss. Und danach hat sie behauptet, sie hätte sich den Magen verdorben.«
Sie stieß ein kleines sarkastisches Lachen
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