Moerderische Schaerennaechte
ursprünglichen Branntweinstuben der Insel aus dem achtzehnten Jahrhundert. Es war der einzige Trost, der den Bauern von Eknö vor dreihundert Jahren blieb, wenn sie zwangsweise nach Sandhamn abkommandiert wurden, um die Segelschiffe zur Hauptstadt zu lotsen.«
Jonas warf einen raschen Blick hinein, während Nora die halbe Treppe zum Speisesaal hinaufging.
Nur knapp die Hälfte der Tische war besetzt, deshalb war es kein Problem, einen mit Aussicht aufs Meer zu ergattern. Es war dunkel geworden, und das erleuchtete Seglerhotel auf der anderen Seite des Hafens hob sich deutlich vom nachtblauen Himmel ab. Die Silhouette mit dem kleinen roten Turm obendrauf war eines der Wahrzeichen von Sandhamn.
Nora bestellte ihr Lieblingsgericht, Fischeintopf, und ein Glas Weißwein. Jonas wählte Värdshussteak und ein Glas Roten. Die Kellnerin schenkte eilfertig ein.
»Erzählen Sie mir mehr von Ihrer Tochter«, bat Nora.
»Wilma, der eigensinnigste Teenager der Welt.« Jonas lehnte sich zurück und fuhr mit weicherer Stimme fort: »Sie ist dreizehn und kann ohne ihren Laptop und ihr Handy nicht leben.«
»Ich habe auch so ein Exemplar.«
Nora sah Adam vor sich, ihren frühreifen, stolzen Sohn, der nach seinem Vater kam. Ebenso begabt und ebenso stur.
Ihr wurde ganz warm ums Herz.
»Sie verstreut alle Kleider auf dem Fußboden und kriegt eine Krise, wenn ihr Lieblingspullover bei Margot ist, meiner Ex«, sagte Jonas und zupfte etwas wehmütig an der Tischdecke. »Ab und zu kuschelt sie sich noch auf dem Sofa an mich, wenn wir zusammen fernsehen, aber das passiert immer seltener. Sie wird langsam groß.«
»Findet sie es nicht lästig, alle zwei Wochen bei einem anderen Elternteil zu wohnen?«
Nora musste die Frage einfach stellen. Das beschäftigte sie jedes Mal, wenn es wieder Zeit war, die Taschen der Jungs zu packen.
Jonas dachte nach, bevor er antwortete.
»Ich weiß nicht«, sagte er schließlich. »Sie war noch so klein, als wir uns getrennt haben, deshalb kennt sie es nicht anders. Wir wohnen nicht weit voneinander entfernt, und bisher hat es gut funktioniert.«
»Hat sie sich nie darüber beklagt?«
»Nein, das hat sie tatsächlich nicht.«
Sie spürte, wie eine Last von ihr abfiel. Vielleicht machte sie sich ganz unnötig Sorgen.
»Hat Margot wieder geheiratet?«
»Ja, schon vor vielen Jahren. Unsere Beziehung ging ziemlich bald nach Wilmas Geburt in die Brüche.«
Nora bemerkte, dass das Gespräch sich zu einer Art Kreuzverhör entwickelte, aber sie konnte es nicht lassen.
»Hat Margot noch mehr Kinder?«
»Einen Jungen. Ihr Mann hat auch einen Sohn aus einer früheren Verbindung. Das gibt ein ziemliches Hin und Her während der großen Feiertage, aber bisher hat immer alles geklappt.«
Jonas hob das Glas, als wollte er darauf trinken, dass alles so gut organisiert war.
»Verstehen Sie sich gut mit Ihrer Ex?«, fragte Nora.
»Ja, das kann man sagen. Es ist zwölf Jahre her seit unserer Trennung, und wir hielten es damals beide für die beste Lösung. Wir waren viel zu jung und unreif, als dass es hätte halten können. Wilma war nicht gerade geplant, wir wurden beide davon überrumpelt. Jetzt helfen wir uns gegenseitig. Wenn ich fliegen muss, springt sie ein, und umgekehrt.«
»Das hört sich nach einer idealen Lösung an.«
»Tja, es klappt ganz gut. Wie ist es bei Ihnen und Ihrem Ex?«
»Bei uns?«
Nora zögerte mit der Antwort.
Manchmal konnte sie sich nicht vorstellen, sich jemals wieder mit Henrik zu verstehen. Ganz gleich, worüber sie auch sprachen, es endete immer mit Streit und hitzigen Diskussionen.
»Wir haben wohl den richtigen Weg noch nicht gefunden«, sagte sie schließlich. »Wir sind erst seit einem halben Jahr getrennt.«
Sie öffnete die Arme in einer resignierten Geste.
»So schlimm?«, sagte Jonas.
Nora wandte das Gesicht ab. Sie musste schlucken, ehe sie antworten konnte.
»Ja.«
»Mit der Zeit wird es besser, das kann ich Ihnen versprechen. Nach einer Weile baut man sein eigenes Leben auf und gewinnt Abstand. Die erste Zeit nach der Trennung ist immer die schwerste, danach gibt sich das. Glauben Sie mir.«
Jonas lächelte sie aufmunternd an, und Nora entspannte sich ein wenig.
Zu ihrer Überraschung stellte sie fest, dass ihr Weinglas bereits leer war. Heimlich warf sie einen Blick auf Jonas’ Glas und sah, dass er seinen Wein kaum angerührt hatte.
»Der Wein ist wirklich gut«, sagte sie, als müsste sie sich entschuldigen. »Richtig süffig.«
Jonas winkte
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