Moerderische Sehnsucht
war.
Oder vielleicht war er selbst der Folterer gewesen.
Sie stand wieder auf und lief vor ihrem Schreibtisch auf und ab. Weshalb hätte er dann Jahrzehnte damit warten sollen zu wiederholen, was damals geschehen war? Hatte irgendetwas seine Taten ausgelöst? Oder hatte er die ganze Zeit experimentiert, bis er eine Methode gefunden hatte, mit der er zufrieden war?
Vielleicht war er ja auch einfach nur verrückt.
Aber die Innerstädtischen Revolten boten einen Anhaltspunkt. Mira hatte ihn schon vor neun Jahren als reifen Mann gesehen. Zwischen fünfunddreißig und sechzig, und wahrscheinlich weiß.
Er könnte also als junger Mann im Krieg gewesen sein.
Sie nahm wieder Platz, fügte ein paar Spekulationen hinzu und gab ein paar Anfragen in den Computer ein.
Während das Gerät anfing zu rechnen, schob sie die Diskette, die ihr Summerset gegeben hatte, in den Schlitz. » Computer, Daten von der Diskette auf Wandbildschirm zwei.«
EINEN AUGENBLICK …
Als die Liste auf dem Monitor erschien, klappte Eve die Kinnlade herunter. » Meine Güte.« Es waren Hunderte, nein Tausende von Namen.
Summerset war wirklich effizient. Die Namen waren sowohl nach den Arbeitsplätzen als auch nach den Wohnorten gruppiert. Beinahe hätte man meinen können, die Belegschaft des Roarke’ schen Imperiums bestünde ausschließlich aus braunhaarigen Frauen zwischen achtundzwanzig und dreiunddreißig, dachte Eve.
» Peabodys Vergleich mit dem Oktopus war gar nicht schlecht.«
Am besten holte sie sich erst einmal eine Riesenkanne dampfenden Kaffees.
*
Roarkes privates Arbeitszimmer war ein großer, rechteckiger Raum, durch dessen mit Sichtschutz versehene Fenster man eine wunderbare Aussicht auf die Stadt genoss. Auf der breiten, U-förmigen Arbeitsfläche standen teurere und bessere Geräte, als sie irgendeine Regierung auf der Welt besaß.
Er musste es wissen, schließlich rüstete er mehrere Regierungen mit seinen Geräten aus.
Er wusste aber auch, dass, egal, wie gut auch immer die Geräte waren, der Erfolg beim Hacken immer vom Geschick– und der Geduld– des Hackers abhing.
Als Erstes ging er seine eigenen Angestelltenakten durch. Auch wenn sie äußerst zahlreich waren, war das eine einfache Angelegenheit. Genau wie die Suche nach aktuellen oder ehemaligen männlichen Angestellten, die zum Zeitpunkt der anderen Morde geschäftlich an den Tatorten oder im Urlaub gewesen waren.
Gleichzeitig erstellte er eine Liste seiner größten Konkurrenten. Nachher würde er auch noch die Firmen unter die Lupe nehmen, die keine echte Konkurrenz für sein eigenes Unternehmen waren. Aber er finge oben an.
Jedes Unternehmen, jede Organisation und jedes Individuum, das mit ihm konkurrierte, hatte die internen Akten gut geschützt. Er müsste die Schutzschichten mit größter Vorsicht lösen, damit ihm niemand auf die Schliche kam.
Während die Kontrolllämpchen seiner Konsole wie Juwelen funkelten, rollte er die Ärmel s eines Hemdes hoch und band sich sein Haar zurück.
Er konzentrierte sich zuerst auf Unternehmen, die Filialen oder geschäftliche Interessen an einem oder mehreren der Orte hatten.
Und fing mit dem Lösen der Schichten an.
Während der Arbeit sprach er mit sich selbst, mit seinen Geräten und auch mit den Schutzschichten, mit denen er beharrlich rang. Seine Flüche wurden immer irischer, sein Akzent verstärkte sich, am Ende knackte er aber auch die dicksten Schutzschilde.
Er machte eine Kaffeepause und ging die Ergebnisse der ersten Suche durch.
Er hatte keinen Angestellten, auf den die Beschreibung passte, doch es gab ein paar, die an mindestens zwei Orten gewesen waren, während dort die Mordserie gelaufen war.
Diese Männer sähe er sich noch einmal genauer an.
Um nicht zu ermüden, wechselte er regelmäßig zwischen den verschiedenen Aufgaben hin und her. Schlängelte sich wie ein Wurm durch die Sicherheitssperren anderer Computer, bahnte sich mit größter Vorsicht einen Weg durch fremde Dateien, suchte, verglich, analysierte, während das Gerät in einem Dutzend Stimmen zu ihm sprach.
Irgendwann erhob er sich, um sich noch eine Kanne Kaffee zu besorgen, und warf dabei einen Blick auf seine Uhr.
Viertel nach vier.
Fluchend fuhr er sich mit beiden Händen durchs Gesicht. Kein Wunder, dass er nicht mehr richtig bei der Sache war. Eve war eindeutig an ihrem Schreibtisch eingenickt. Hätte sie vorgehabt, Schluss zu machen, wäre sie noch kurz bei ihm vorbeigekommen, um zu fragen, ob es schon etwas zu
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