Moerderische Sehnsucht
genauso.« Mira nahm ihr eine Kaffeetasse ab. » Er ist zielgerichtet und hat sich dieser Aufgabe voll und ganz verschrieben. Es ist ihm wichtig, dass er die Kontrolle über sich und andere hat. Seine Fähigkeit, die aktiven Arbeitsphasen langfristig zu unterbrechen, deutet auf große Willenskraft und Selbstbeherrschung hin. Allerdings glaube ich nicht, dass er längerfristig eine persönliche oder intime Beziehung zu anderen unterhalten kann. Vor allem nicht zu Frauen. Geschäftsbeziehungen? Ich glaube, die könnte er eine Zeit lang führen. Er muss über Einkünfte verfügen. Weil er schließlich in seine Opfer investiert.«
» Die teuren Produkte, die silbernen Ringe, die Reisen auf verschiedene Kontinente, die Unterhaltung des Orts, an dem er sie gefangen hält.«
» Ja, und wenn man die Qualität der von ihm verwendeten Produkte nimmt, ist er einen gehobenen Lebensstil gewohnt. Die Reinigung der Frauen ist Teil des Rituals, aber dafür könnte er auch gewöhnliche Produkte nehmen, die man überall bekommt.«
» Er arbeitet nach dem Motto › von allem immer nur das Beste‹«, stimmte Eve ihr zu. » Vielleicht ist er auch ein Konkurrent oder ein hochrangiger Angestellter von Roarke und hat die Seife, das Shampoo und das Laken deshalb ausgewählt.«
» Beides wäre logisch.« Mira trank ihren Kaffee und freute sich darüber, dass Eve sich daran erinnert hatte, wie sie ihn am liebsten trank. » Er hat diese Beziehung absichtlich hergestellt. Genau, wie er absichtlich um diese Zeit zurückgekommen ist, um wieder in New York zu arbeiten. Weil es eine Verbindung für ihn gibt.«
Jetzt stellte sie die Tasse wieder fort und bedachte Eve mit einem ernsten Blick. » Und zwar Sie. Diese Frauen gehören in gewisser Weise alle Roarke . Und Sie gehören ihm ganz.«
Eve dachte kurz darüber nach und runzelte die Stirn. » Dann hat er die Frauen also meinetwegen ausgesucht? Aber ich habe damals die Ermittlungen gar nicht geleitet.«
» Sie waren eine brünette Frau, die an den Ermittlungen beteiligt war. Damals waren Sie noch zu jung, um seinen Ansprüchen zu genügen. Inzwischen sind Sie alt genug.«
» Sie gehen davon aus, dass er es auf mich abgesehen hat?«
» Oh ja, das tue ich.«
» Huh.« Eve trank ihren Kaffee und dachte gründlicher darüber nach. Miras Theorien ließen sich nicht einfach abtun, das wusste sie. » Er bevorzugt Frauen mit langem Haar.«
» Es hat schon Ausnahmen gegeben.«
» Ja, ja, ein paar. Er ist wirklich clever. Aber sich an mich heranzumachen wäre dumm.« Eve rückte gedanklich ein paar Puzzleteile um. » Es ist wesentlich schwieriger einen Cop zu kidnappen als eine Zivilperson.«
» Aus seiner Sicht wären Sie so etwas wie ein Hauptgewinn. Es wäre eine Herausforderung und ein toller Coup. Falls er sich über Sie erkundigt hat– und das hat er ganz bestimmt getan–, weiß er auch, wie ausdauernd Sie sind.«
» Aber es wäre alles andere als leicht, mich zu verfolgen. Erstens würde ich es sofort merken, und zweitens habe ich keinen regelmäßigen Tagesablauf wie die anderen Frauen. Sie sind mehr oder weniger immer zur selben Zeit zur Arbeit und von dort wieder nach Hause gegangen und haben regelmäßig dieselben Orte aufgesucht. Das tue ich nicht!«
» Was die Herausforderung für ihn nur noch größer machen würde«, widersprach die Psychologin ihr. » Wenn er Sie dann erwischen würde, wäre das die denkbar größte Befriedigung für ihn. Sie gehen davon aus, dass er es aus einem Konkurrenzgefühl heraus auf Roarkes Angestellte abgesehen hat. Das könnte durchaus sein. Nur, dass es ihm zumindest nicht bewusst um Rache geht. Er tut alles, was er tut, aus einem bestimmten Grund. Und ich glaube, in diesem Fall geht es ihm um Sie.«
» Das wäre eine große Hilfe.«
» Ich hatte mir bereits gedacht, dass Sie das so sehen würden«, stellte Mira fest.
Eve kniff die Augen zusammen und ging die Möglichkeit noch einmal in Gedanken durch. » Wenn wir davon ausgehen, dass er auch mich kidnappen will, und wenn ich einen Weg finden könnte, ihn zu ködern– das heißt, ihn dazu zu bringen, sich an mich heranzumachen, bevor er sich die Nächste schnappt–, könnten wir ihn erwischen. Dann könnten wir ihn ein für alle Mal aus dem Verkehr ziehen, und es wäre endlich vorbei.«
» Er wird sich nicht von Ihnen ködern lassen.« Ohne Eve aus den Augen zu lassen, griff Mira abermals nach ihrer Kaffeetasse und hob sie an ihren Mund. » Ich kann Ihnen versprechen, dass sein Zeitplan
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