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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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er sechs Züge im Voraus denkt, dann denken Sie mit. Und irgendwann werden Sie sieben Züge im Voraus denken und ihn matt setzen, weil er nicht damit gerechnet hat, dass Sie ihm jemals überlegen sein könnten. Sie haben das Zeug dazu, ich weiß es.« Sie machte eine Pause, trank von ihrem Wasser und fuhr fort, ohne ihn dabei aus den Augen zu lassen. »Es ist kein Zufall, dass wir uns begegnet sind, denn es gibt keinen Zufall, da der Begriff an sich unwissenschaftlich ist. Synchronizität der Ereignisse würde es eher beschreiben, obwohl ich diese Formulierung auch nicht ganz passend finde. Wir mussten uns treffen, den Grund dafür dürfen Sie allein herausfinden.«
    Hellmer hatte sich zurückgelehnt, die Beine übereinandergeschlagen und Lara aufmerksam zugehört. Hatte sie ihn schon gestern über die Maßen beeindruckt, so heute noch um vieles mehr. Und im Prinzip hatte sie ausgesprochen, was er am Vormittag schon gedacht und Julia Durant gegenüber geäußert hatte. Auch er hatte von der Eröffnung gesprochen und von dem Im-Voraus-Denken.
    Doch wenn jemand wie Lara Jung es sagte, bekam es mit einem Mal eine andere Qualität. Aber warum? Nur, weil sie erst siebzehn war und doch so reif? Oder weil sie einen höheren IQ hatte als er? Kam es nicht auch auf die Lebenserfahrung an? Und was war mit der Berufserfahrung? Er würde noch eine Menge nachzudenken haben, über sich, über seine Einstellung zum Beruf und über das Leben.
    »Aber wie kann ich denken wie er, wenn er uns um so viele Züge voraus ist? Nein, Moment, das stimmt nicht ganz, er hat schon mehrere Spiele gewonnen.«
    »Na und? Jedes neue Spiel beginnt mit einer Eröffnung. Gehen Sie die vergangenen Spiele Zug für Zug durch, und Sie werden wissen oder zumindest erahnen, was er als Nächstes vorhat. Es kann sein, dass noch ein oder zwei Menschen ihr Leben lassen müssen, aber ich garantiere Ihnen, wenn Sie es machen, wie ich Ihnen sage, dann werden Sie gewinnen. Und denken Sie auch daran – Sieg bedeutet nicht zwangsläufig Triumph, es kann auch eine bittere Erfahrung sein. Am Ende ist es nur ein einziges Spiel, das entscheidet, und es kommt nicht darauf an, wie viele Spiele er schon gewonnen hat, sondern dass Sie dieses entscheidende Spiel gewinnen. Sie werden es schaffen, denn Sie sind intelligenter als fünfundneunzig Prozent Ihrer Mitmenschen. Und noch etwas: Sobald er Ihren Atem im Nacken spürt, wird er unvorsichtig werden, denn er rechnet nicht damit, dass Sie ihm auf die Schliche kommen könnten. Und das ist Ihre Chance, den König vom Thron zu stoßen. Das ist das, was ich in leicht abgewandelter Form beim FBI gelernt habe.«
    »Und Sie sind tatsächlich erst siebzehn Jahre alt?«
    Lara lachte auf und antwortete: »Ja, das ist mein einziges Handicap, weil viele der Älteren mich nicht für voll nehmen. Ich kann es ihnen auch nicht verdenken, da kommt eine, die ihre Tochter oder gar Enkeltochter sein könnte, und erklärt ihnen die Kriminologie neu. Aber ich habe gelernt, damit umzugehen. Irgendwann werde ich fünfundzwanzig sein, und keiner wird mich mehr dumm angucken oder irgendwelche blöden Sprüche loslassen.«
    »In meinem Kopf dreht sich gerade ein riesiges Karussell …«
    »Auch das ist normal und geht vorbei. Ich bin vermutlich die Erste, die Ihnen die Wahrheit über sich selbst gesagt hat.« Nach einer Pause fragte sie leise: »Um wie viele Morde geht es?«
    »Bis jetzt vier.«
    »Und was noch? Vermisste?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Sie haben sich gestern nach Frau Uhlig erkundigt und dabei erwähnt, dass sie vermisst wird. Schon vergessen?«
    »Richtig. Mein Gedächtnis lässt wohl doch nach. Ja, wir haben es mit mehreren vermissten Personen zu tun, deren Verschwinden zur Vorgehensweise des Täters passt. Jetzt muss ich aber los, ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir. Danke für das Spiel und alles andere.«
    »Keine Ursache. Ich wusste gestern schon, Sie würden wiederkommen. Wenn etwas ist, Frederik und ich sind noch gut drei Wochen hier, dann geht's wieder zurück in die Heimat.«
    »In die Heimat?«, fragte er verwundert.
    »Frederik und ich haben sowohl die amerikanische als auch die deutsche Staatsangehörigkeit, ein Privileg, das nur wenigen Menschen zuteil wird. Wir hatten das Vorrecht der edlen Geburt. Ich würde mich freuen, Sie wiederzusehen.«
    »Danke. Und ich kann mich auf Ihre Verschwiegenheit verlassen?«
    »Das war das Erste, was ich bei meinen zwei Praktika beim FBI in Quantico gelernt habe. Warten Sie,

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