Mörderische Tage
ich begleite Sie zur Tür.«
Lara reichte Hellmer die Hand, sah ihm in die Augen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Viel Glück und viel Erfolg. Wie ist Ihr Vorname?«
»Frank.«
»Viel Erfolg, Frank«, sagte sie, wobei sie Frank auf Englisch aussprach. »Da wir praktisch Kollegen sind, können wir uns doch eigentlich auch duzen, wenn es dir recht ist.«
»Gerne, Lara. Wir sehen uns. Und pass gut auf dich auf.«
»Habe ich schon erwähnt, dass Frederik und ich den schwarzen Gürtel in Karate haben und direkt nach unserer Rückkehr mit einer Nahkampfausbildung beginnen werden? Wir werden eine harte Schule durchlaufen, aber danach sind wir so gut wie unbesiegbar …«
»Wird Frederik denselben Berufsweg einschlagen wie du?«
»Sagen wir, einen ähnlichen. Ich kenne niemanden, der analytischer denken kann als er. Wir werden beide beim FBI arbeiten, allerdings in unterschiedlichen Abteilungen. Während ich viel im Außendienst tätig sein werde, wird er sich hauptsächlich im Hauptquartier in Washington aufhalten.«
»Was sagen eure Eltern dazu?«
»Unwichtig. Komm gut heim und pass du auch auf dich auf, Frankfurt ist im Moment ein sehr gefährliches Pflaster«, sagte sie mit einem rätselhaften Lächeln.
»Ich wohne nicht in Frankfurt, sondern in Hattersheim, wenn dir das was sagt.«
»Natürlich, ist gleich um die Ecke. Ist es dort so ruhig wie auf dem Land?«
»Es ist das Land. Manchmal ist es sogar unerträglich ruhig, mit unglaublich neugierigen Nachbarn, aber es ist gut für die Kinder. Wir hatten allerdings vor einigen Jahren eine Mordserie in unserem beschaulichen Ort. Das Böse ist eben überall. Tschüs.«
»Darf ich dich noch etwas fragen? Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel. Wie kann sich ein Polizist einen solchen Wagen leisten?«
Hellmer lächelte: »Ich bin Polizist aus Leidenschaft, das Geld trat automatisch in mein Leben. Jetzt darfst du raten.«
»Das ist ganz einfach – du hast eine reiche Frau geheiratet oder hast im Lotto gewonnen. Aber ich denke, es ist Ersteres, denn Menschen wie wir gewinnen nicht in der Lotterie.«
Hellmer fühlte sich geschmeichelt. »Ich bewundere deine Gabe, sehr schnell Zusammenhänge herzustellen. Bei mir dauert es immer etwas länger.«
»Das ist lediglich eine Frage des Trainings. Bei meinen Eltern war's nicht anders als bei dir. Meine Mutter hat meinem Vater erst vor kurzem einen Ferrari spendiert. Verdient hat er's nicht.«
»Und warum nicht? Macht man so ein Geschenk nicht, weil man den anderen liebt?«
»Nein, nur wenn man den andern an sich binden will. Bis bald.«
Das wird ja immer spannender, dachte Hellmer auf dem Weg zum Auto. Er winkte Lara, die am Tor stand, noch einmal zu, startete den Motor und fuhr los. Er war noch immer etwas durcheinander, gleichzeitig hatte er das Gefühl, dass ihm endlich jemand die Augen geöffnet hatte. Eine Siebzehnjährige.
Es war Viertel vor zehn, als er seinen Porsche 911 in die Garage fuhr, von dort ins Haus ging, Nadine umarmte und ihr einen langen Kuss gab, was sie sichtlich verwunderte und ein Lächeln auf ihre Lippen zauberte, und danach seine beiden Töchter Stephanie und Marie-Therese begrüßte. Der Abend hatte ihn nach dem lausigen Tag versöhnt. Er war froh, zu Hause zu sein.
Donnerstag, 21.15 Uhr
Sie hatten zu Abend gegessen, zwei Partien Schach gespielt und waren um Punkt zwanzig Uhr zu Bett gegangen. Eine eher ungewöhnliche Zeit, doch er hatte es so gewollt. Sie hatten sich fast eine Stunde geliebt wie Ertrinkende, bis sie erschöpft voneinander gelassen hatten und noch ein Glas Wein tranken. Kurz darauf war sie eingeschlafen. Sex und Wein machten sie jedes Mal müde, vor allem wenn dem Wein noch ein Schlafmittel beigemischt war.
Er war nicht erschöpft, er durfte es nicht sein, er hatte noch zu viel vor.
Eine Weile hatte er noch beinahe reglos neben ihr gelegen, bis er sicher war, dass sie tief schlief. Vorsichtig stand er auf, nahm seine Sachen und verließ auf Zehenspitzen das Schlafzimmer, obwohl er gar nicht so vorsichtig hätte sein müssen, denn Aleksandra war bereits am Donnerstagvormittag für ein verlängertes Wochenende zu ihren Eltern und ihrer Schwester nach Polen gefahren und würde erst am Montagmittag zurückkehren.
Er ging ins Bad und zog sich an, stellte das Telefon auf stumm und lief zu seinem Range Rover. Um Punkt 21.20 Uhr verließ er das Haus, denn er wollte nicht zu spät zu seiner Verabredung erscheinen. Die Zeit drängte, er wollte sein Werk so
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