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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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knappen Jahr ihre eigene Praxis in Höchst. Ist ja bei euch quasi um die Ecke.«
    »Die Cornelius?«
    »Hm. Soll ich sie mal fragen, oder möchtest du lieber selbst den Kontakt herstellen? Nein, ich denke, das solltet ihr machen. Und denk daran, ich bin da, wenn du Hilfe brauchst oder einfach nur jemanden zum Zuhören. Und noch was: Ich hab keine Familie, niemanden, um den ich mich kümmern muss, und trotzdem geht's mir oft genug ähnlich wie dir. Es gibt diese Tage, da wünschte ich mir, ganz, ganz weit weg zu sein, ohne Telefon, ohne Fernsehen, nur ich und die Natur. Das sind so Tage wie dieser, wo ich schon mit einem Gefühl aufgewacht bin, dass es eigentlich nur besser werden könnte, stattdessen ging es noch weiter bergab. Kopf hoch, es geht vorbei.«
    »Hoffentlich. Mach's gut und gönn dir was Schönes heute Abend«, sagte Hellmer zum Abschied.
    »Was soll sich jemand wie ich schon gönnen? Ich hab nur das Telefon, sonst niemanden.«
    »Aber ab Samstag hast du vier Wochen deine beste Freundin um dich. Das sind doch schöne Aussichten, oder? Am Meer spazieren gehen, im Meer baden und …«
    »Lass gut sein. Ciao, und grüß Nadine von mir.«
    »Ciao, bis morgen. Und danke für alles.«
     
    Donnerstag, 20.30 Uhr
     
    Hellmer rief noch vom Parkplatz bei Nadine an und sagte, dass es etwas später werde. Sie wusste, dass seine Abteilung zurzeit in einer schwierigen Ermittlungsphase steckte, und stellte keine weiteren Fragen.
    Hellmer fuhr nach Schwanheim, hielt vor dem Haus von Jung, zögerte eine Weile und stieg dann aus. Eine Partie Schach gegen eines der beiden Genies. Oder auch zwei Partien. Er wollte testen, wie gut er noch war, auch wenn er davon ausgehen musste, herbe Niederlagen einzustecken. Lara Jung kam ans Tor, nachdem Hellmer sich durch die Sprechanlage ausgewiesen hatte.
    »Was für eine Überraschung«, begrüßte sie ihn und ließ ihn durch das Tor treten, warf einen längeren Blick auf den Porsche und runzelte die Stirn, ließ sich darüber hinaus ihr Erstaunen aber nicht anmerken. »Was führt Sie her? Nein, lassen Sie mich raten … Sie möchten gerne eine Partie Schach spielen.«
    »Ertappt«, antwortete er etwas verlegen. »Aber nur, wenn es Ihnen passt.«
    »Mir passt es immer, ich habe Ferien und sonst nichts zu tun. Frederik ist leider nicht da, er ist irgendwo unterwegs. Das unterscheidet uns beide, er kann im Gegensatz zu mir nicht abschalten und ist ständig auf Achse. Bitte folgen Sie mir, aber wundern Sie sich nicht, es ist nicht aufgeräumt. Und ganz ehrlich, ich habe auch nicht vor, das in den nächsten Tagen zu tun. Wenn unsere Eltern uns schon als Hüter des Hauses missbrauchen, dann sollen sie es auch vom Personal wieder instand setzen lassen«, sagte sie lachend und ging vor Hellmer in das große Wohnzimmer mit der hohen, stuckverzierten Decke.
    »Bitte, nehmen Sie doch Platz. Am besten an dem Tisch, dort spielen Frederik und ich immer, wenn wir hier sind. Etwas zu trinken?«
    »Ein Glas Wasser.«
    Lara zog eine Schublade aus dem Tisch und sagte: »Hier, das Spiel. Wenn Sie so freundlich wären, schon mal die Figuren zu stellen.«
    Hellmer sah Lara nach und fühlte sich in seine Jugend zurückversetzt, als er in eine Mitschülerin verliebt gewesen war, die Laura sehr ähnlich gesehen hatte. Sie hatten eine Weile nebeneinander gesessen, und allein ihr Duft hatte ihn bisweilen um den Verstand gebracht. Mittlerweile war aus dieser jugendlichen Schönheit eine überaus dicke Frau geworden, die Hellmer bei dem einzigen Klassentreffen vor drei Jahren, das er je besuchte, anfangs nicht wiedererkannte. Dreifachkinn, wulstige Finger und Arme vom Umfang seiner Oberschenkel. Er hatte erfahren, dass sie seit beinahe zwanzig Jahren mit einem Marokkaner verheiratet war, drei Kinder hatte und sich auch sonst wohl zu fühlen schien, obgleich sie nicht wie vierzig, sondern mindestens zehn Jahre älter aussah.
    Er fragte sich, wie Lara wohl in fünfundzwanzig Jahren aussehen mochte, wobei er fast sicher war, dass sie immer auf ihr Äußeres achten würde. Sie war zu klug und selbstsicher, als dass sie sich gehen lassen würde. Ich kann mich aber auch täuschen, Sieglinde war auch nicht gerade dumm, dachte er und baute das Spiel auf. Er hatte ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, seit einigen Jahren hatte er keine Schachfigur mehr bewegt, weil er niemanden hatte, mit dem er spielen konnte. Lara ließ sich Zeit, schließlich kehrte sie mit zwei Gläsern und einer Flasche Wasser zurück. Sie

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