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Mörderische Tage

Mörderische Tage

Titel: Mörderische Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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reichte ihm die Flasche, er öffnete sie und schenkte ein, während Lara einen schwarzen und einen weißen Bauern nahm und Hellmer wählen ließ. Er deutete auf die rechte Hand.
    »Weiß«, sagte sie. »Sie beginnen.«
    Bereits nach dem ersten Zug überzog ein spöttisches Lächeln ihre Lippen. »Die englische Eröffnung. Ich hoffe, Sie haben sich das gut überlegt.«
    »Ich muss erst wieder reinkommen und meine grauen Zellen auf Vordermann bringen. Ich weiß, dass ich verlieren werde, ich bin einfach zu lange draußen.«
    »Warum sagen Sie das? Mit dieser Einstellung werden Sie selbstverständlich verlieren. Wenn Ihr IQ tatsächlich bei hundertdreiundvierzig liegt, können Sie auch Unmögliches vollbringen, das sollten Sie sich stets vor Augen halten. Wie kommen Sie mit Ihren Ermittlungen voran?«
    »Tut mir leid, darüber darf ich Ihnen keine Auskunft geben. Sie haben einen Fehler gemacht …«
    »Dann machen Sie mal keinen«, antwortete sie, ohne eine Miene zu verziehen, und trank einen Schluck Wasser. Dabei beobachtete sie ihn aufmerksam, als wollte sie wie am Tag zuvor in sein Inneres blicken. Es war ihm nicht unangenehm, er dachte nur, ich darf mich nicht zu ihr hingezogen fühlen, sie könnte meine Tochter sein. Konzentrier dich auf das Spiel, ein richtiger Zug …
    »Voila, Schach«, stieß er nach dem sechsten Zug triumphierend hervor.
    »Sehr gut, Herr Hellmer, aber leider nicht gut genug. Ebenfalls Schach. Sie hatten drei Optionen und haben sich für die ungünstigste entschieden. Konzentrieren Sie sich, denken Sie mindestens drei Züge im Voraus. Und lassen Sie sich Zeit, auch wenn in Ihrem Kopf im Moment etwas anderes vorgeht als dieses Spiel.«
    Er merkte, wie er rot wurde, und hoffte, sie würde es nicht bemerken, obgleich dies Wunschdenken war, da sie ihn weiterhin fortwährend fixierte, kaum einen Blick auf das Schachbrett warf und dennoch einen Zug machte.
    »Wieder Schach«, sagte er nach einer Weile und lehnte sich zurück.
    »Leider muss ich erneut dagegenhalten. Sie sind nicht locker genug, sondern innerlich total verspannt. Ich weiß genau, woran Sie denken.«
    »So, woran denn?«, fragte er in der Hoffnung, sie würde nicht den Nagel auf den Kopf treffen.
    »An mich. Kein Wunder, ich sehe Sie ja auch die ganze Zeit über an. Was denken Sie, wenn Sie meinen Blick spüren?«
    »Es macht mich etwas nervös.«
    »Nein, nicht nur das, es bringt Sie aus der Fassung. Ihre Konzentration leidet darunter, und deshalb ziehen Sie falsch. Darf ich fragen, wie lange Sie schon an Ihrem Fall arbeiten? Ach übrigens, Schach und matt.«
    »Zu lange.«
    »Ist das ein Geheimnis?«
    »Nein, eigentlich nicht, Sie können es morgen sowieso in der Zeitung lesen. Seit Oktober.«
    »Geht es um einen oder mehrere Mordfälle?«
    »Mehrere.«
    »Wieso sind Sie heute wirklich gekommen? Es geht Ihnen doch nicht nur um Schach. Höchstens indirekt. Sie sind auch nicht wegen mir gekommen, obwohl ich mich sehr geschmeichelt fühlen würde, da Sie ein sehr attraktiver Mann sind. Ich habe es mit Jungs in meinem Alter probiert, mit einem etwas älteren Mann, aber die intellektuelle Ebene hat bei keinem von ihnen gestimmt. Ich habe Schluss gemacht, bevor die Beziehungen auf emotionaler Ebene zu tief wurden und die Ärmsten am Ende verletzt worden wären.«
    »Hören Sie, ich wollte wirklich nur meine Schachkenntnisse auffrischen. Es tut mir leid, wenn ich Ihre Zeit unnötig in Anspruch genommen habe«, erwiderte er förmlich und wollte aufstehen, doch sie hielt ihn mit einer Handbewegung zurück.
    »Bleiben Sie doch sitzen. Ich wollte Sie nur testen … Es kommt auf die Eröffnungen an, sie sind das A und O eines Schachspiels. Unabhängig davon, ob der Gegner eröffnet oder Sie. Habe ich Ihnen schon erzählt, was ich nach meinem Studium machen werde?«
    »Nein.«
    »Ich werde in einem ähnlichen Bereich tätig sein wie Sie, ich studiere Kriminologie, habe bereits zwei Praktika beim FBI gemacht und werde schon im nächsten Sommer fest dort anfangen.«
    »Und als was genau? So was wie Agent Scully aus Akte X?«, fragte er grinsend.
    »Machen Sie sich ruhig lustig, das bin ich gewohnt. Nein, ich werde als Kriminologin tätig sein, mit Schwerpunkt Viktimologie und Fallanalysen. Während meiner Praktika habe ich gelernt, dass sowohl beim Täter als auch bei der Polizei die Eröffnung das Wichtigste ist. Versetzen Sie sich in den Täter hinein, als wäre er ein Schachspieler. Denken Sie wie er, auch wenn es Sie innerlich zerreißt. Wenn

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