Mörderische Tage
schon.«
»Ja, bis morgen.«
Hellmer legte auf, er hatte einen schalen Geschmack im Mund. Er fühlte sich hundeelend, wollte sich dies aber seinen Kollegen gegenüber nicht anmerken lassen, ging auf die Toilette, schloss sich ein und weinte minutenlang. Schließlich begab er sich zu den Waschbecken, wusch sein Gesicht und ging zurück ins Büro. Er musste stark sein.
Samstag, 18.20 Uhr
Holzer hatte einen schwarzen Pilotenkoffer in der Hand, trug eine braune Lederjacke, ein schwarzes Hemd jeans und schwarze Lederschuhe. Er roch dezent nach einem frischen Eau de Toilette, Berger ging auf ihn zu und reichte ihm die Hand.
»Berger, meine Ermittler Hauptkommissar Hellmer, der Partner von Frau Durant, die vermisst wird, Oberkommissa-rin Seidel und ihr Partner Hauptkommissar Kullmer.«
»Angenehm«, sagte Holzer und stellte seinen Koffer auf den Boden. Er hatte in etwa Hellmers Größe und Statur, sehr schlank und drahtig, die dunkelblonden Haare waren modisch kurz geschnitten, die Konturen seines Gesichts fein mit leicht hervorstehenden Wangenknochen, fast femininen Lippen und einem markanten Kinn mit einem tiefen Grübchen genau in der Mitte, fast wie bei Kirk Douglas. »Gehen wir doch gleich in medias res. Ist das das komplette Material?«
Berger nickte: »Das ist alles Material zu den bisherigen Fällen, Frau Durant natürlich ausgenommen.«
»Ich möchte eins vorausschicken, um Missverständnissen vorzubeugen, denn es gibt nicht wenige, die mit meiner Arbeitsweise nicht klarkommen: Ich arbeite grundsätzlich allein, nur wenn ich Fragen habe, werde ich auf Sie zukommen, und wenn Sie Fragen haben, können Sie mich jederzeit kontaktieren. Wenn außerordentliche Meetings abgehalten werden, stehe ich natürlich auch zur Verfügung und werde meine bisher gewonnenen Erkenntnisse mitteilen, wobei ich großen Wert darauf lege, dass nicht alle Beamten der Soko anwesend sind, sondern nur der Kern der Ermittler. Zudem bin ich jeden Tag von neun bis zehn hier, um mich mit Ihnen zu besprechen und Fragen zu beantworten.«
»Sie können gerne ein Büro bei uns haben«, sagte Berger etwas irritiert, »wir sind für alle Eventualitäten gerüstet. Es würde doch unsere Zusammenarbeit erheblich erleichtern und …«
Holzer unterbrach Berger mit einer Handbewegung. »Danke für das Angebot, auf das ich sehr gerne zurückkomme. Aber, und ich bitte das zu verstehen, ich brauche bei meiner Arbeit absolute Ruhe. Es ist nicht gegen Sie und Ihre Abteilung gerichtet, aber es ist meine Art zu arbeiten. Ich bin mir bewusst, dass mir ein gewisser negativer Ruf vorauseilt, aber den nehme ich in Kauf, solange ich meinen Job gut machen kann.«
Ja, der Ruf der unsäglichen Arroganz, Dr. Arschloch, dachte Hellmer und blickte zu Boden.
»Und wenn wir Fragen oder neue Erkenntnisse gewonnen haben?«, fragte Seidel kühl und gelassen, die ähnliche Gedanken wie Hellmer hatte.
»Wie ich sagte, dann rufen Sie mich an und teilen mir diese Erkenntnisse mit, ich bin jederzeit zu erreichen, oder Sie hinterlassen eine Nachricht, ich melde mich dann schnellstmöglich«, erwiderte er lächelnd. »Aber bevor ich wieder fahre, möchte ich ein kurzes Brainstorming mit Ihnen machen, was Ihnen bei allen Fällen ganz besonders aufgefallen ist, welche Gemeinsamkeiten Sie festgestellt haben, welche Unterschiede, warum Sie glauben, dass es sich um ein und denselben Täter handelt und so weiter. Bereit?«
In der folgenden Stunde berichteten die Beamten von ihren bisherigen Ermittlungsergebnissen, sie berichteten von dem Fall Gernot und dass der Täter ganz offensichtlich dessen Taten kopierte, als sie jedoch Vermutungen anstellten, wurden sie von Holzer unterbrochen.
»Vermutungen und Hypothesen bringen weder Sie noch mich weiter. Es sind Fakten, die zählen, nichts als Fakten. Ich werde Ihnen in den nächsten Tagen oder Wochen Fakten servieren, die Ihnen vielleicht nicht gefallen, weil Sie nicht in Ihr Ermittlungsbild passen, aber ich garantiere Ihnen, Sie werden damit dem Täter sehr, sehr nahe kommen. Es geht für uns darum, das Leben von Frau Durant und mindestens drei weiteren Personen zu retten. Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, hoffen Sie darauf, dass der Täter direkten Kontakt zu Ihnen aufnehmen wird. Dies kann, muss aber nicht der Fall sein. Serientäter handeln sehr unterschiedlich, genau wie die Motive sehr unterschiedlich sind. Jeder hat ein eigenes Muster, nach dem er vorgeht, und dieses Muster gilt es zu erkennen. Ich habe in den
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