Mörderische Tage
USA mit vielen Serienmördern zu tun gehabt, ich habe unzählige Gespräche geführt und festgestellt, dass sie nur eins gemeinsam haben – sie ticken anders als der Rest der Menschheit. Wichtig für Sie ist, dass Sie ihn nicht in der Schublade suchen, in der Hans Schmidt oder Lieschen Müller sind, sondern ihn in einer Schublade suchen, in der sich das Grauen eines kaputten und weit abseits der Gesellschaft stehenden Monsters befindet. Aber wenn Sie sich trauen, diese Schublade mit mir zu öffnen, dann werden Sie auch das Monster finden, nach dem Sie suchen. Sind Sie bereit dazu?«
Hellmer hatte sich auf die Tischkante gesetzt und meinte: »Herr Holzer, Verzeihung Dr. Holzer, wir haben in der Vergangenheit das Grauen in all seinen Facetten gesehen, uns ist nichts neu.«
»Gut. Aber wozu brauchen Sie mich dann?«, fragte er und sah Hellmer dabei direkt in die Augen.
»Das will ich Ihnen sagen. Das Grauen sehen und es zu analysieren sind zwei Paar Schuhe. Dieser Täter geht vollkommen anders vor als alle, mit denen wir es bisher zu tun hatten. Er geht nicht an die Öffentlichkeit, er sucht nicht den Kontakt zu uns, das heißt, wir wissen nicht, was seine Intention ist.«
Ein leicht süffisantes Lächeln zeichnete sich auf Holzers Lippen ab, als er erwiderte: »Herr Hellmer, wieso behaupten Sie, er würde den Kontakt zu Ihnen nicht suchen? Er hat es bereits getan, und zwar schon mit dem ersten Mord. Aber weil Sie nicht entsprechend reagiert haben, das heißt, nicht so, wie er sich das vorgestellt hat, musste er zu drastischeren Mitteln greifen: er hat Frau Durant entführt. Halten Sie sich eins vor Augen – längst nicht alle Serienmörder nehmen direkt Kontakt auf. Aber lassen Sie mich erst einmal ausführlich die Akten durchgehen, ich muss die Fotos analysieren, die Fundorte besichtigen, um mir ein Bild von der Persönlichkeit des Täters zu machen und eine Spur von den Opfern zum Täter herzustellen. Und ich werde natürlich Vergleiche zum Fall Gernot zu ziehen versuchen. Haben Sie noch Fragen ?«
»Wie sicher sind Sie, dass wir ihn kriegen?«
»Sie meinen, wie sicher ich bin, dass wir ihn kriegen, bevor er Ihre Kollegin getötet hat? Das war doch Ihre eigentliche Frage, oder? Nun, ich bin nie sicher, und ich werde mich auch niemals festlegen. Ich versichere Ihnen jedoch, dass ich mein Bestes tun werde. Aber auch mir sind Grenzen gesetzt, denn ich bin weder ein Zauberer noch ein Hellseher. Wenn es sonst nichts weiter gibt, würde ich mich gern auf den Nachhauseweg machen, denn ich fürchte, ich habe eine lange Nacht vor mir.«
Berger begleitete Holzer zur Tür und fragte: »Wann sehen wir uns wieder?«
»Sobald ich erste Erkenntnisse gewonnen habe. Das kann schon morgen sein, es kann aber auch erst Montag oder Dienstag sein. Wir bleiben aber auf jeden Fall in Kontakt.«
Nachdem Holzer sich mit einem kräftigen Händedruck von Berger verabschiedet hatte, sagte Kullmer: »Ist dieser Typ wirklich so gut, wie behauptet wird?«
»Ich sagte Ihnen bereits, er ist nicht ganz einfach. Aber nennen Sie mir ein Genie, das einfach zu handhaben war oder ist«, antwortete Berger. »Holzer war in den USA bei den Besten der Besten, er hat bereits mehrere schier unlösbare Fälle gelöst und …«
»Er ist die Arroganz in Reinkultur«, warf Seidel kalt wie Trockeneis in den Raum.
»Liebe Frau Seidel, ist das nicht vollkommen egal? Lassen Sie ihn so arrogant und unausstehlich sein, wie er will, er ist im Augenblick unser einziger Strohhalm – und hoffentlich mehr als das. Ich will Frau Durant wiederhaben. Es kann nicht angehen, dass ein durchgeknallter Psychoheini jetzt auch noch in unserm Präsidium rumwildert.«
»Wie kann er so sicher sein, dass wir dem Täter sehr nahe kommen werden?«, warf Seidel in den Raum. »Wie waren seine Worte gleich noch mal? Ich werde Ihnen Fakten servieren, durch die Sie dem Täter sehr, sehr nahe kommen. So ähnlich hat er sich ausgedrückt. Wie kann er so sicher sein?«
»Erfahrung«, antwortete Berger gelassen. »Lassen Sie ihn doch um Himmels willen ein arrogantes Arschloch sein, solange er seine Arbeit beherrscht und uns weiterhilft, kann er sich meinetwegen aufführen wie der Kaiser von China. Verärgern Sie ihn nicht, haben Sie das verstanden? Schließlich verfolgen wir alle ein Ziel.«
»Ich fahr noch mal in Julias Wohnung«, sagte Hellmer, der es im Präsidium nicht mehr aushielt. »Und dann nach Hause.«
»Herr Hellmer, ich kann mir vorstellen, wie …«
»Gar nichts
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