Mörderische Tage
gerne an. Gibst du mir noch deine Adresse?«
Als Hellmer aufgelegt hatte, sagte er zu Nadine: »Es ist dir doch hoffentlich recht, dass Susanne für ein paar Tage bei uns wohnt.«
»Natürlich. Ich brauchte sowieso mal wieder jemanden, mit dem ich reden kann. Frank, ich …«
Hellmer legte einen Finger auf Nadines Mund und sagte: »Pst, lass sein, ich weiß genau, was du sagen willst. Wir holen das mit Julia alles nach. Das hab ich mir selbst schon versprochen.«
Samstag, 21.27 Uhr
Die Meldung ging exakt um 21.27 Uhr beim KDD ein – ein Spaziergänger, der anonym bleiben wollte, hatte eine weibliche Leiche im Frankfurter Stadtwald gefunden. Unmittelbar nach dem Anruf rückte ein Team aus.
Nur drei Minuten darauf ging ein weiterer anonymer Anruf ein, in dem behauptet wurde, dass die Psychologin Alina Cornelius aus Frankfurt-Eschersheim verschwunden sei.
Die Beamten des Kriminaldauerdienstes teilten sich die Arbeit auf, Prof. Morbs, der das Wochenende über Bereitschaft hatte, führte eine erste Leichenschau der weiblichen Person durch, die er auf Anfang bis Mitte zwanzig schätzte, den Todeszeitpunkt konnte er jedoch vor Ort nicht bestimmen, da der Verwesungsprozess bereits eingesetzt hatte.
»Meines Erachtens hat der Täter sie ausbluten lassen. Zahlreiche Stich- und Schnittwunden … Möglich, dass er sie bei lebendigem Leib hat ausbluten lassen. Aber wie gesagt, das kann ich nicht hier feststellen. Auffällig ist, dass ihr die Augen herausgeschnitten wurden.«
Als die Beamten des zweiten Trupps die Wohnung von Alina Cornelius betraten, sahen sie einen laufenden Fernsehapparat, dessen Ton auf stumm geschaltet war, während aus der Stereoanlage leise Musik von einem Klassiksender kam. Auf dem Tisch lagen ein Buch und mehrere Zeitschriften, Alinas Handtasche mit ihrer Geldbörse und sämtlichen Papieren hing am Stuhl, im Flur und im Wohnzimmer brannte Licht, es sah aus, als hätte Alina Cornelius die Wohnung nur kurz verlassen. Doch der Anrufer behauptete, sie sei bereits seit Donnerstagabend verschwunden, was die Beamten zu dem Schluss kommen ließ, dass der Mann entweder mit ihr verabredet gewesen war oder über Täterwissen verfügte, was nichts anderes bedeutete, als dass es sich bei dem Anrufer um den Entführer handelte.
Die Beamten informierten umgehend Kullmer und Seidel, die Bereitschaft hatten, und diese riefen bei Hellmer an, dem während Julia Durants Urlaub mit Sabine Kaufmann eine engagierte junge Frau zur Seite gestellt worden war. Siebenundzwanzig Jahre alt, etwa eins fünfundsechzig groß, sehr schlank, blonder Bubikopf, Sommersprossen auf der Nase, mit einem stets neugierigen Blick aus grünen Augen, dem sich kaum einer entziehen konnte. Die ledigen und auch einige verheiratete Männer waren wie wild hinter ihr her, doch bislang hatte sie alle charmant abblitzen lassen. Julia Durant hatte sich für Sabine Kaufmann als Vertretung stark gemacht, weil sie ahnte, dass es keine Bessere an Hellmers Seite geben konnte, sie selbst natürlich ausgenommen.
Kullmer und Seidel fuhren in den Stadtwald, Hellmer und Kaufmann sahen sich in Alina Cornelius' Wohnung um. Nachdem Hellmer sich mit Carla Wiedekind vom KDD besprochen hatte, sagte er zu Sabine Kaufmann: »Es sieht fast genauso aus wie bei Julia. Es ist seine Handschrift. Dieser gottverdammte Bastard hat uns endgültig herausgefordert!«
»Wieso hast du mich heute Nachmittag nicht angerufen?«, fragte sie ein wenig gekränkt, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
»Weil ich nicht daran gedacht habe. Das ist die Wahrheit.« Er nahm eine Klarsichthülle vom Tisch, in der ein Vertrag steckte. »Sie hat vor, sich eine Eigentumswohnung in Höchst zu kaufen, in der Nähe ihrer Praxis. Hoffen wir mal, dass sie den Einzug noch erlebt.«
»Warum so pessimistisch?«, fragte Kaufmann, während sie einen alten Sekretär durchwühlte. »Glaubst du nicht an unsere Fähigkeiten?«
»Ich habe immer daran geglaubt. Aber nun ist meine Partnerin spurlos verschwunden …«
»Das brauchst du mir nicht zu sagen. Ich werde dich auch nicht nerven.«
»Du nervst nicht, okay?« Er drehte sich zu ihr um und fasste sie mit beiden Händen an den Schultern: »Das war ein rabenschwarzer Tag, und ich find's gut, dass du für die nächsten Wochen meine Partnerin bist.«
»Lass uns weitermachen«, antwortete sie. »Für uns gibt's hier nichts weiter zu tun, überlassen wir das Feld der Spusi. Und die KTU soll sämtliche Telefonate der letzten Tage
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