Mörderische Tage
Boden.
»Das volle Programm ist im Anmarsch. Berger hat mich angeschrien, als hätte ich ein Verbrechen begangen.«
»Das ist Berger, daran wirst du dich gewöhnen müssen, wenn du bei uns bist.«
»Wo sind ihre Kleider?«, fragte sie, ohne auf Hellmers Bemerkung einzugehen.
»Willst du sie anziehen?«, fragte Holzer. »Das schaffst du nicht, meine Liebe. Am besten lassen sie sich anziehen, wenn sie tot sind, mausetot. Dann sind sie wie kleine Püppchen, mit denen man schön spielen kann.«
»Halt doch endlich dein verdammtes Maul, du perverses Arschloch«, schleuderte sie ihm entgegen. »Aber im Knast solltest du schön auf dein Arschloch aufpassen, die Jungs sind ganz scharf auf Frischfleisch.«
»Du hast mich was gefragt, und ich habe brav geantwortet. Wenn ich gewusst hätte, wie du drauf bist, hätt ich dich vorher noch drangenommen.«
»Tja, man kann nicht alle Leckereien haben. Frank, bring dieses widerwärtige Stück Scheiße nach oben, und hier, nimm die noch mit für seine Füße«, sagte sie und warf ihm ihre Handschellen zu. »Ich kann seine Visage nicht länger ertragen.«
»Verraten Sie mir, warum Sie das getan haben?«, fragte Hellmer. »Warum? Beantworten Sie mir nur diese eine Frage, dann lass ich Sie zufrieden. Warum diese Grausamkeiten?«
Holzer verzog den Mund zu einem Lächeln, als er antwortete: »Ich bin das absolute Böse. Grrrr, böse, böse, böse. Zufrieden, Frankie-Boy?«
»Es gibt kein absolutes Böses«, konterte Hellmer.
»Doch, es steht vor dir. Schau dir dieses schöne Gefängnis an, du musst zugeben, es ist eine Kostbarkeit. Vielleicht macht ihr ja mal ein Museum draus, so eine Art Kabinett des Grauens. Aber um dir und euren Psychoheinis die Arbeit zu erleichtern, ich stamme aus einer angesehenen Familie, genoss die beste Erziehung, hat aber alles nichts genützt. Wenn das Böse in einem ist, kriegt man es nicht mehr los. Ich bin doch irgendwie ein armes Schwein, oder?«
Hellmer sagte nichts und ging mit Holzer nach oben, während Kaufmann den Frauen die Decken aus den Zellen umlegte und sich vor sie setzte, damit sie jeder von ihnen ins Gesicht sehen konnte. Sie sprach sie beim Vornamen an.
»Alina, kannst du mich jetzt hören?«
Sie nickte.
»Darf ich dich duzen?«
»Hm.«
»Ich bin Sabine. Gleich werden meine Kollegen kommen und auch Ärzte, die sich um euch kümmern werden. Du brauchst keine Angst mehr zu haben. Hast du das verstanden?«
»Hm«, erwiderte sie, Tränen strömten über ihre Wangen, als sie begriff, dass es tatsächlich vorbei war.
»Ich darf nach Hause?«, sagte Franziska Uhlig mit ungläubigem Blick, ohne eine Träne zu vergießen.
»Ja, aber erst wirst du im Krankenhaus untersucht.«
»Julia?«
»Danke«, war alles, was sie über die Lippen brachte, bevor sie den Kopf auf die angezogenen Knie legte und wie Alina hemmungslos weinte.
Die Krankenwagen trafen kurz nacheinander ein. Die Frauen wurden vorsichtig nach oben geführt, wobei Julia Durant kaum in der Lage war, die Stufen zu bewältigen. Nur wenige Minuten nach den Ärzten erschien die Polizei, unter ihnen Kullmer, Seidel und Berger.
»Was, zum Teufel, ist das?«, stieß er hervor und sah sich um.
»Was?«
»Holzers ganz persönliches Gefängnis. Hier hat er sich ausgetobt«, antwortete Kaufmann, während Hellmer sich zu
Julia in den Krankenwagen gesetzt hatte und ihre Hand hielt.
»Wie sind Sie auf ihn gekommen?«
»Ja, wie seid ihr auf ihn gekommen? Den hätte doch nie jemand auf der Rechnung gehabt«, sagte Kullmer.
»Das ist eine komplizierte Geschichte. Nicht jetzt, morgen oder übermorgen … Tut mir leid, ich kann nicht mehr«, sagte sie und brach urplötzlich in Tränen aus. Doris Seidel nahm sie tröstend in den Arm.
»Ist gut. Komm, lassen wir die andern die Arbeit machen.«
Als Seidel mit der völlig erschöpften Sabine Kaufmann gegangen war, sagte Berger zu Kullmer: »Das war eine Spitzenleistung von den beiden, oder wie sehen Sie das?«
»Mehr als das. Und wehe, Sie maulen sie an, weil sie die Regeln gebrochen haben …«
»Nicht diesmal. Und außerdem, welche Regeln?«
Sonntag, 23.50 Uhr
Alina Cornelius, Franziska Uhlig und Julia Durant wurden in die Main-Taunus-Kliniken in Bad Soden gebracht, wo sie aufwendigen Untersuchungen unterzogen wurden.
Bei Alina wurden keine körperlichen Schäden festgestellt, die Ärzte konnten jedoch nicht sagen, ob ihr Gehör auf Dauer geschädigt sein würde, da ihre Ohren über einen längeren Zeitraum einem
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