Mörderische Verstrickungen
Morgen.
Ich ging auf die Telefonbuch-Seite und klickte TERRY |149| MAHALL in STEELE, ALABAMA an. Die Antwort lautete, dass keine Person dieses Namens gelistet war. Ich tippte TERRENCE ein, und unverzüglich erschienen Name und Adresse. So einfach. Wenn man bedachte, dass ich sechzig Jahre ohne Computer gelebt hatte!
»Betsy?«, sagte ich, als sie ans Telefon ging. »Hier ist Patricia Anne Hollowell. Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass ich heute früh an Sie denke.«
»Mrs Hollowell. Oh, Mrs Hollowell, ich danke Ihnen so sehr.« Eine Pause, und dann ein tiefer Atemzug. »Hier oben ist alles vereist. Terry sagt, wir sollen die Beerdigung verschieben. Es ist eine Erdbestattung. Aber ich will nicht länger warten. Es ist, als stünde ich unter einem gewissen Zwang, und dasselbe gilt für Susan.«
»Dann tun Sie, was Sie tun müssen.«
»Ich muss ihr zur letzten Ruhe verhelfen.«
»Ich weiß. Und ich bin in Gedanken bei Ihnen.«
»Danke, Mrs Hollowell. Danke, dass Sie angerufen haben, ich weiß das mehr zu schätzen, als Sie denken.«
Ich legte auf und blickte aus dem Fenster, bis Fred anrief und sagte, dass er sicher gelandet war.
|150| 11
Mit seinen 39 Jahren war Richard Nelson, Luke und Virginias einziges Kind, ein attraktiver Mann. Insbesondere, wie Mary Alice immer sagt, seit sie ihm die Ohren am Kopf festgetackert hatten. Jedes Mal, wenn sie das sagt, habe ich die schmerzvolle Vision von einem Hammer und von Polsternägeln. Tatsächlich standen Richards Ohren in seinen Kindertagen so weit ab, dass das Licht durch sie hindurchschien, und unseren Kindern war es unter der Androhung qualvoller Strafen verboten, ihn »Dumbo« zu nennen. Ich bin mir aber sicher, dass sie sich um die Strafen herummogelten und es dennoch taten.
Der Richard, der später an diesem Tag in meiner Küche saß, hatte sich im Laufe seines Wachstums jedoch seiner eher langen Nase angepasst und hatte hübsche, anliegende Ohren. Er ähnelte in seinem groben Baumwollhemd, den Jeans und den Boots mehr einem Möchtegern-L.-L.-Bean-Cowboy als einem Kongressabgeordneten. Das war aber in Ordnung so. Er sah gut aus. Ich bin mir sicher, dass er einen Großteil der weiblichen Wähler in Columbus für sich gewinnen konnte. Ich gebe es nur ungern zu, aber es ist so viel einfacher, für einen gut aussehenden Mann zu stimmen, selbst wenn er ein Spatzenhirn besitzt. Die Leute aus seinem Distrikt konnten sich glücklich schätzen, dass Richard auch noch schlau war.
»Das Problem ist Mamas Auto, Cousine Pat«, sagte er. |151| »Sie geben es morgen frei in Pulaski, und ich muss es abholen. Cousine Schwesterherz hat mir gesagt, sie würde mich raufbringen, damit ich es dann zurück nach Birmingham fahren kann. Aber Daddy kommt morgen raus aus dem Krankenhaus, das hoffe ich jedenfalls.«
»Ich hole deinen Daddy ab«, bot ich an. »Da musst du keinen Gedanken mehr drauf verschwenden.«
Ich stellte eine Tasse Kaffee vor ihn hin und reichte ihm die Zuckerschale. »Möchtest du einen Keks?«
»Nein, danke.« Er gab einige Teelöffel Zucker in seinen Kaffee und rührte ihn um.
Ich goss mir selbst eine Tasse ein und setzte mich ihm gegenüber. Ich hatte am Morgen endlich Zeit gehabt, das Haus sauber zu machen, und das beruhigende Geräusch der in der Waschmaschine rotierenden Wäsche drang aus dem Haushaltsraum.
»Wie kommt es, dass du den Wagen abholst?«, fragte ich. »Ich dachte, er gehöre Holden Crawford, diesem Kerl, der umgebracht wurde. Im Handschuhfach soll doch ein Kaufvertrag gelegen haben.«
»Das war auch so. Ein handgeschriebener Kaufvertrag. Der Kauf ist aber nicht dokumentiert.«
Richard nahm seinen Kaffee und trank einen Schluck. »Uff. Heiß.«
Der Dampf hätte ihn eigentlich vorwarnen müssen.
»Und der handgeschriebene Kaufvertrag reicht nicht?«
»Gewöhnlich schon. Aber Mr Holden ist tot und Mama verschwunden, weshalb wir die Umstände des Verkaufs nicht kennen. Wir brauchen von Mama eine Aussage, dass sie den Vertrag aufgesetzt und das Geld tatsächlich von Mr Crawford erhalten hat.«
Er nahm einen weiteren Schluck Kaffee, flüsterte »Mann, |152| ist der heiß« und sagte: »Mama. Bei ihr liegt das Problem.«
Dort lag ein Teil des Problems; es lagen außerdem eine Reihe von Leichen in der Gegend herum, die ein Problem waren.
»Und du hast keine Ahnung, wohin deine Mutter verschwunden sein könnte?«
»Keinen Schimmer.« Schulterzuckend stellte er seinen Kaffee ab. »Ich dachte immer, sie und Daddy verstünden sich gut.
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