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Mörderischer Auftritt

Mörderischer Auftritt

Titel: Mörderischer Auftritt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne George
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festgenommen hätten. Wenigstens kannte ich ein paar von ihnen. Dann durchzuckte mich ein schrecklicher Gedanke.
    »Werde ich gegen Kaution freikommen können?«, fragte ich Timmy. »Meine Tochter, die seit letztem August in Polen ist, kommt in ein paar Tagen nach Hause, und wir müssen noch allerhand Dinge für sie erledigen. Sie ist im vierten Monat schwanger.«
    »Ich wüsste keinen Grund, warum nicht. Ich gehe ohnehin davon aus, dass man Sie lediglich befragen und dann nach Hause gehen lassen wird«, sagte Timmy. Er deutete mit dem Kopf auf Jasper. »Seine Frau ist auch im vierten Monat schwanger.«
    Jasper lehnte sich erneut nach vorn. »Wir werden ein Mädchen bekommen und sie Emily Claire nennen.«
    »Das ist ein schöner Name. Unseres wird Joanna heißen. Ich denke, über einen zweiten Vornamen haben sie noch nicht entschieden. Sieht man es bei Ihrer Frau schon?«
    »Sie sieht aus wie eine geschwollene Aubergine.«
    »Das ist aufregend.«
    »Ja, Ma’am«, pflichtete er mir bei. Ich hatte begonnen, ihn ein wenig zu mögen. Als wir vor der Polizeistation in der Stadt anhielten, teilte er mir mit, dass er mir Handschellen anlegen müsse. Das seien die Regeln.
    Ich sah zu Timmy hinüber. Es schien ihm unangenehm zu sein, aber er nickte mit dem Kopf.
    »Verfluchte Scheiße. Entschuldigen Sie die Ausdrucksweise, Mrs Hollowell, aber wir müssen das tun.«
    Ich hielt ihnen meine Hände hin.
    »Wir müssen Sie Ihnen hinter dem Rücken zusammenschließen«, sagte Jasper. »Vorne kann man sich zu leicht aus den Handschellen lösen. Auf diese Weise sind früher ständig Leute freigekommen.«
    Das Klicken der um meine Gelenke zuschnappenden Handschellen machte mir Angst. Bis hierhin war die ganze Angelegenheit irreal gewesen. Ich hatte Fieber, ich hatte Kopfschmerzen, einer meiner früheren Schüler verhaftete mich wegen Mordes an einem Mann, den ich nie in meinem Leben gesehen hatte, bis er im Alabama Theatre tot in den Orchestergraben gestürzt war. Aber die Handschellen, die meine Arme auf dem Rücken zusammenhielten, waren real. Und unbequem. Warum um alles in der Welt sollte ich fliehen wollen? Ich hatte doch nichts getan.
    Ich war bisher ein einziges Mal auf dem Polizeipräsidium von Birmingham gewesen, und zwar um Henry Lamonts Cousine dort abzuholen, die wegen einer Ordnungswidrigkeit angeklagt gewesen war. Als wir dort ankamen, spielte sie gerade mit einem Mann Karten, den sie uns als Drogensüchtigen vorstellte, der gewöhnlich an Autobahnen herumhing, und sie war dabei, zu gewinnen. In meiner Erinnerung war der Ort hell und luftig gewesen. Heute, als ich eingerahmt von Tim Hawkins und Jasper Blankenship dieselbe Eingangshalle durchschritt, war es viel düsterer. Mir wurde auch bewusst, wie unangenehm es war, die Hände in Handschellen auf dem Rücken zu haben. Es wirkt sich auf den eigenen Schwerpunkt aus und zwingt einen dazu, bedächtig zu gehen.
    Wir kamen zu einem Fenster, durch das man nicht durchsehen konnte, wie im Empfangsbereich beim Arzt. Auf dem Tresen vor dem Fenster lag ein Anmeldeformular, und sowohl Timmy als auch Jasper trugen sich dort ein. Ich hätte mich nicht gewundert, wenn das Fenster aufgegangen wäreund eine Sprechstundenhilfe nach meiner Versicherungskarte gefragt hätte. Aber nichts dergleichen passierte.
    »Hier entlang, Mrs Hollowell«, sagte Timmy und deutete auf eine Tür, über der ein rotes Licht angebracht war. Neben der Tür gab es eine Codetastatur. Er gab verschiedene Ziffern ein, woraufhin ein mahlendes Geräusch zu vernehmen war, ein grünes Licht anging und er die Tür zu einem dahinterliegenden Flur öffnete. »Links«, sagte er.
    Wir traten in einen ausgesprochen freundlichen Raum. Es standen zwei Schreibtische darin und ein runder Tisch mit Stühlen. Ein langer Tresen, über dem Bücherregale angebracht waren, zog sich an einer Wand entlang. Usambaraveilchen standen in voller Blüte unter fluoreszierenden Wachstumslampen. In einer Ecke stand ein großer, kräftiger Drachenbaum, der sich zu den gleißenden Glühlampen an der Decke hinstreckte.
    Eine hübsche junge Frau, die an dem vorderen Schreibtisch saß, blickte hoch. Ich dachte einen Augenblick lang, dass sie sehr kurzes blondes Haar habe, aber als sie sich dann leicht zur Seite drehte, sah ich, dass es zu einem langen Zopf geflochten war. Sie sagte: »Hallo, Tim, hallo, Jasper«, und sah mich neugierig an.
    »Charity, das ist Mrs Hollowell. Sie war meine Englischlehrerin auf der Robert Anderson High

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