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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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das würde ich nie behaupten. Ich glaube Ihnen sogar, dass Sie
nichts wissen von Urgroßvaters Untaten.“ Sie öffnete ihre Umhängetasche und
nahm einen Zeitungsausschnitt heraus. Der Dreispalter steckte in einer
Klarsichthülle.
    „Hier Ihre Familiengeschichte.
In dem Interview vom 13. Juli. Ich habe es aufgehoben. Weil Sie sich ja damals
schon für den Taubenmord stark machten. Was für ein Mensch ist das?, wollte ich
wissen. Hier steht“, sie blickte auf den Zeitungsartikel, „Urgroßvater
Friedrich war Tischler. Meine Familie stammt aus Österreich. Friedrichs Sohn
Konrad — 1897 bis 1961 — hat Österreich als junger Bursche verlassen, sich in
Franken angesiedelt und ebenfalls als Handwerker sein Brot verdient. Sein Sohn
Herbert — mein Vater — wurde 1920 geboren und ist vor vier Jahren gestorben.
Ich bin der Letzte meines Stammes.“
    Petra richtete den Blick auf
Kovechluser und steckte den Zeitungsausschnitt in die Handtasche zurück.
    „Es könnte...“ Der
Bauunternehmer wischte sich über die Stirn. „Ja, es könnte vielleicht doch ein
anderer... eine andere Familie sein. Ich meine...“
    Er verstummte. Petra erwiderte
nichts auf diesen lachhaften Einwand. Sie hatte ihren Feind in die Ecke
gedrängt. Endlich! Der Kerl stand mit dem Rücken zur Wand. Sein Schweiß war
Angstschweiß. Nicht auszudenken, wenn diese Familiengeschichte bekannt würde. Man
würde sein stiernackiges Benehmen anders deuten als bisher. Ganz der
Urgroßvater, wie! Hat dem Urenkel zwar keine goldenen Löffel vererbt, aber ein
paar Derbheiten in der Charakterstruktur. Hoh, die politischen Gegner würden
feixen. Ganz aus Versehen würden sie ihn mit ,Friedrich’ anreden und sich dann
mit gespielter Betroffenheit entschuldigen. Und auch der organisierte
Taubenmord erschien nun in einem ganz anderen Licht. Jaja, der Urgroßvater
wurde um einen Kopf kürzer gemacht, und der Urenkel läßt den Tauben die Köpfe
abschlagen. Zu alldem — würde es heißen — muss man geboren sein.
    Petra unterdrückte ein Lächeln.
Sie weidete sich zwar nicht an Kovechlusers Situation, aber sie gönnte ihm die
Hornissen im Bauch — ja Hornissen! Flöhe waren das nicht.
    Der Stadtrat gab sich einen
Ruck.
    „Und nun, verehrte Frau
Delius?“
    Er sagte es ohne Hohn.
    Jetzt bin ich nicht mehr die
verrückte Taubentante, dachte sie. Jetzt lässt er vermeintlichen Respekt
raushängen, dass ich fast darauf ausrutsche.
    „Was für eine Frage.“
    „Sie meinen. Sie hätten mich in
der Hand.“
    „Sie brauchen nicht in der
Möglichkeitsform zu reden. Ich habe Sie in der Hand. Ich kann Sie so
bloßstellen, dass Sie sich fühlen würden wie im Feinripp-Tanga auf dem
Rathausplatz. Aber ich kann auch den Mund halten und niemand erfährt von
Friedrich, dem Schänder.“
    „Ein Kriminalmuseum in Wien,
sagten Sie?“
    „Wollen Sie versuchen, dass man
dort die Unterlagen über Ihren Urgroßvater entfernt? Das würde Staub aufwirbeln
wie ein Sandsturm in der Sahara und erreichen würden Sie nichts.“
    „Vermutlich.“
    „Am besten gar nicht daran
rühren. Es muss schon ein irrer Zufall stattfinden wie das jetzt mit mir.“
    Seine Fischaugen taxierten sie.
Beim Grinsen hielt er den Mund geschlossen. In diesem Moment klingelte das
Telefon. Kovechluser entschuldigte sich mit einem Blick, nahm den Hörer ab und
meldete sich.
    Dann: „Ah, Fritz-Eugen! Danke,
dass du zurückrufst. Wie? Doch! Muss noch heute sein. Ja, ich weiß. Aber du
hast doch noch einen Termin für deinen Schwager frei. Um... Ja, da kann ich.
Also, Fritz-Eugen, um 19Uhr. Wie? Ja, der zweite. Nein, unten. Also, bis dann!“
    Er legte auf und wandte sich
Petra zu. „Wieviel?“
    „Was meinen Sie?“
    „Wieviel kostet Ihr Schweigen,
Ihr Stillschweigen — wie es so schön heißt?“
    Fassungslos sah sie ihn an.
„Sie... denken, ich will Geld?“
    „Was denn sonst?“
    Petra nickte bedächtig. „Ja,
das ist eben der Unterschied. Er liegt im Denken. Sie können sich nichts
anderes vorstellen. Ein ansehensgeiler, kohlegieriger Amtsträger kennt nur sich
und sein Konto. Aber ich will etwas anderes, werter Freund. Und dafür bekomme
ich nichts — außer Anfeindungen. Ich will tierisches Leben retten: unsere
Stadttauben. Die haben nichts verbrochen und die schaden niemandem. Das
bisschen Verunreinigung zählt nicht. Die will ich retten. Jetzt begriffen?“
    „Sie verlangen“, fragte er
verdutzt, „dass ich meine Politik ändere?“

    „O ja!“
    „Das... das... ist unmöglich.“
    „O

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