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Mörderischer Stammbaum

Mörderischer Stammbaum

Titel: Mörderischer Stammbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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aus. Hochsprung wäre der richtige Sport für sie. Aber
wahrscheinlich tut sie gar nichts und neigt deshalb zum Rundrücken.
    Gaby stellte die Jungs vor und
Petra wurde so freundlich begrüßt als wäre sie Ehrenmitglied bei TKKG.
    „Wir wollen zu Kovechluser“,
sagte Gaby dann eifrig. „Sie können sich denken weshalb. Und jetzt sieht es so
aus, als wären Sie uns zuvorgekommen.“
    Petra nickte. „Ich habe lang
und breit mit ihm geredet: über das gesamte Taubenvernichtungs-Programm, und
ich glaube, ich habe was erreicht.“
    „Tatsächlich?“, fragte Tim
erstaunt.
    Er fühlte sich enttäuscht als
hätte man ihn auf dem Weg zur Kampfmatte zurückgepfiffen — weil der Gegner
bereits von einem andern besiegt wurde. Aber dann rief sich der TKKG-Häuptling
zur Ordnung. Es geht nicht darum, dass wir was bewirken, dachte er,
sondern dass überhaupt was bewirkt wird. Egal von wem. Es geht um die
Tauben.
    „Ja.“ Petra nickte. „Ich habe
auf ihn eingeredet, ihn beballert mit meinen Argumenten. Ich habe versucht, ihm
klarzumachen, wie grausam seine Taubenpolitik ist. Und er hat signalisiert,
dass er darüber nachdenken wird und gegebenenfalls umschwenkt.“
    „Na, das ist doch was!“, rief
Gaby.
    „Hm!“, brummte Tim. „Ein
ziemlich vages Versprechen, wie?“
    „Er gibt mir in zwei Tagen
Bescheid“, erwiderte Petra. „Bis dahin braucht er Bedenkzeit.“
    „Wahrscheinlich will er Sie nur
hinhalten“, unkte Tim. „Und nach zwei Tagen bleibt alles wie es ist. Denn so
ein richtiger Gesinnungswandel, der zündet spontan. Das ist wie eine Explosion
in Hirn oder Herz. Wie Erleuchtung, Fischvergiftung oder Liebe auf den ersten
Blick. Jedenfalls sofort und mit Ergebnis. Nicht mit einer Auszeit für
Gewissenserforschung, zumal in unserer Sache doch alle Für- und Wider-Argumente
tausendmal gesagt sind und zu jedermanns Bedienung auf dem Tisch liegen.“
    Petra sah ihn aufmerksam an.
„Willst du auch mal Kommunalpolitiker werden — also Stadtrat — und/oder
Psychologie studieren, wissenschaftliche Seelenkunde?“
    „Weder noch!“ Tim grinste. „Ich
studiere was Handfestes, wahrscheinlich Architektur.“
    „Er ist besonders gut in
Mathe“, erklärte Gaby und deckte dabei ihrem Freund die Hand über den Mund.
„Sei mal nicht so misstrauisch! Vielleicht hat Petra Erfolg gehabt und
Kovechluser hat sein gutes Herz in sich entdeckt.“
    „Es wäre wirklich besser“,
nickte Petra, „wenn ihr ihn nicht auch noch bestürmt.“
    Na, schön!, dachte Tim. Ich
beuge mich dem Entschluss der Damenriege. Aber mit uncoolem Feeling. Diese
wahnsinnig nette Petra ist diesem Polit-Profi doch niemals gewachsen, was
Niedertracht, Taktik und Heuchelei angeht. Wenn der ihr zwei Tage abluchst,
dann will er in der Zeit was machen. Fehlen noch Zustimmungen für den
Taubenvernichtungs-Beschluss? Wohl kaum. Das ist beschlossen mit allen
Unterschriften. Was ist es dann? Ich wette, der plant Übles, und Petra ist zu
gutartig, um das zu durchschauen.
    Aber er behielt seine Zweifel
für sich und hörte zu, wie Gaby von Bierröder, dem Taubentöter mit der
Eisenstange, erzählte. Petra erschauderte, aber sie sagte nicht viel. Vor allem
erwähnte sie mit keinem Wort den mörderischen Urgroßvater Friedrich des
Stadtrats und Bauunternehmers Kovechluser.

9. Tag der ausgebrochenen Zähne
     
    Kovechlusers Schwager — der
Zahnarzt Dr. Fritz-Eugen Bachrippe — hatte einen harten Tag hinter sich. Aber
auch jetzt — um kurz vor 19 Uhr — war noch nicht Schluss.
    Durch die Seidenwalder Allee
waberten graue Dunstschleier. Das Abblendlicht der Autos zeichnete tunnelartige
Lichtbahnen. Fußgänger trugen Hüte oder Mützen und hatten die Kragen
hochgeklappt.
    Bachrippe war allein in seinem
Ordinationsraum. Die beiden Helferinnen hatten sich um 18 Uhr ins Privatleben
abgeseilt, wie es im Arbeitsvertrag festgeschrieben war, die junge Dame an der
Anmeldung war ebenfalls schon gegangen; und Bachrippes Gattin hatte zweimal
über Haustelefon angefragt, wann er denn endlich zum Abendessen käme.
    „Erst muss ich noch deinen
Herrn Bruder behandeln“, hatte der Zahnarzt geantwortet. „Bernd hat sich einen
Zahn ausgeschlagen, ist dringend. Also iss mal allein! Ich nehme ohnehin nur
Salat und ein Bier.“
    Diesen diätetischen Vorsatz
fasste Bachrippe jeden Abend, denn er hatte kiloweise Speck an Bauch und
Rippen. Aber meistens wurde es dann anders und fünf Schinkenbrote und ebenso
viele Bierchen wurden vertilgt.
    Doch im Moment fühlte sich

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