Mörderisches Musical
war
das passiert?
»Warum könnte ihr jemand den Schädel einschlagen
wollen?« Smith kostete das Bild aus, das ihre Worte heraufbeschworen hatten.
Gewöhnlicher Mord ließ sie ziemlich kalt, aber ein aufsehenerregender
Prominentenmord war etwas ganz anderes.
»Ich weiß nicht. Ich habe Dilla seit Jahren
nicht mehr gesehen. Sie war früher Gruppentänzerin mit Carlos und mir, aber sie
war ehrgeizig. Und habgierig. Sie tat nie etwas, wenn nichts dabei
heraussprang. Geld und/oder Macht. Ich meine, Beziehungen und so. Männer
überschütteten sie mit Schmuck, Kleidern und Pelzen. Mann, ich weiß noch, wie
sie einmal in einem herrlichen Blackglama-Nerzmantel herumstolzierte, während
wir für Chorus Line, vortanzten. Sie gab damit an. Man wußte, daß sie
immer eine Sache laufen hatte, Sex für Geld...« Auweia, dachte sie, ich
beschreibe Smith.
Smith spielte mit der diamantenbesetzten Spange
an der goldenen Gliederkette, die Richard Hartmann, Smith’ derzeitiger
Liebhaber, ihr zum vierzigsten Geburtstag geschenkt hatte. »Ich kann solche
Frauen einfach nicht ausstehen.« Sie drehte sich nach dem Kellner um.
Wetzon grinste. Sie konnte es nicht
unterdrücken.
Smith runzelte die Stirn, als sie sich wieder
umwandte. »Trotzdem, warum sollte sie jemand ermorden?«
»Die einzigen Dinge, von denen Dilla angezogen
wurde, waren Geld und Macht. Sie ließ sich mit vielen Leuten ein, und sie hatte
eine häßliche Gewohnheit, Dinge über sie zu sammeln.«
»Was für Dinge?«
»Informationen. Klatsch halt. Was die Leute
nicht nach außen dringen lassen wollten.«
»Ach so, dann war sie eine Erpresserin.« Der
Kellner kam an ihren Tisch. Smith verkündete: »Wir sind fertig.«
Wetzon schüttelte den Kopf. »So weit würde ich
nicht gehen.« Zum Kellner sagte sie: »Nein, warten Sie. Ich nehme unsere Reste
mit nach Hause.« Während der Kellner die Teller abräumte, fuhr Wetzon fort:
»Aber Dilla schaffte es, sich ziemlich schnell einen ganz neuen Beruf als
Inspizientin und Koproduzentin aufzubauen. Sie kannte Leute, die ihr Geld
gaben.«
»Wir hätten gern noch ein paar Biscotti«, sagte
Smith zum Kellner. »Und zwei doppelte Espressi.«
»Einen davon bitte koffeinfrei«, warf Wetzon
ein.
»Vielleicht war sie einfach eine raffinierte
Geschäftsfrau, Liebes.«
»Das war sie bestimmt.« Wetzon grinste sie an.
Endlich hatte Smith gemerkt, daß sie und Dilla etwas Gemeinsames hatten. »Was
willst du denn mit dem Abfall?« Smith deutete auf die in Alufolie verpackten
Reste, die der Kellner auf den Tisch legte.
»Abendessen für morgen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, daß du und Alton
diese Schnipsel eßt.«
»Alton ist diese Woche in Caracas.«
Smith nickte verständig. »Hätte ich mir denken
können. Du lebst wieder als Kirchenmaus.« Das Gebäck kam mit dem Espresso.
Wetzon tunkte die Spitze eines Kekses in den
Espresso und knabberte daran. »Einmalig.«
Eine plötzliche Eingebung ließ Smith’ Gesicht
aufleuchten. »Es könnte doch ein Raubüberfall gewesen sein. Diese Stadt ist
voll von Obdachlosen. Ich wünschte bei Gott, Pat Buchanan würde als
Bürgermeister von New York kandidieren.«
»Igitt. Jetzt kommst du wirklich in Fahrt. Und
was hat Patrick Buchanan mit dem Mord an Dilla zu tun, wenn ich fragen darf?«
»Warum stellst du dich so an? Ich meine nur, daß
manche Obdachlose in leeren Theatern schlafen könnten.«
»Möglich.«
»Und was wird jetzt aus der Show?«
»Ich weiß nicht. Eigentlich soll nächsten
Samstag die Premiere in Boston sein.«
»Wird die Polizei sie weglassen?«
»Wir reden von einer Mort-Hornberg-Show,
Schatz«, sagte Wetzon gedehnt. »Mort ist eine Institution. Er braucht nur den
Hörer abzuheben und seinen Senator, den Bürgermeister, den Justizminister, den
Staatsanwalt anzurufen. Es wird schwierig, aber glaub mir, sie gehen nach
Boston. Das einzige, was sie wirklich aufhalten könnte, ist die
Dreiviertelmillion, die sie brauchen, um die Reisekosten zu decken, und das
habe ich möglicherweise erledigt.« Sollte sie Smith von Twoey erzählen?
»Du? Die Rechnung bitte«, sagte Smith, als der
Kellner fragte, ob sie noch etwas wünschten.
»Mort bat mich, zu versuchen, einen Investor
aufzutreiben, und vielleicht ist es mir gelungen. Ich habe für sie ein Treffen
morgen zum Mittagessen im Four Seasons verabredet, mit mir als
Anstandsdame und Agentin.«
Nach kurzem Zögern sagte Smith mit gefährlicher
Ruhe: »Ich kann es nicht glauben.«
»Glaub es. Du wärst stolz gewesen,
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