Mörderisches Musical
angespannt, daß sie nicht einmal den Anfang von Smith’ nächstem
Satz hörte.
»...eine Massage. Und ich kenne genau die
richtige Person.«
»Was ist mit einer Massage?«
»Sie würde dir helfen.« Smith hörte auf zu
kneten und tätschelte Wetzons Kopf.
»Ich gehe zu einer Psychotherapeutin«, sagte
Wetzon. Sie hatte es so nebenbei fallenlassen wollen, aber nun klang es wie
etwas Folgenschweres.
»Eine Psychotherapeutin? Weswegen, um Himmels
willen? Dein Leben ist so unkompliziert...« Wie zur Hervorhebung ihrer Worte
begannen die Telefone zu läuten, alle Apparate auf einmal.
»Wie bitte?«
»Sprich doch weiter, Schatz.« Smith lächelte sie
nachsichtig an.
»Ach, was soll’s.« Smith brauchte sich momentan
nicht besonders anzustrengen, um sie zu zermürben. Wetzon nahm den Hörer ab.
»Smith und Wetzon, guten Morgen.«
»Hallo, ist B.B. da?«
»Bleiben Sie bitte dran. Mit wem spreche ich?«
»Wendy.«
Wetzon stellte den Anruf durch. »Wendy, na so
was. B. B. hat eine Freundin.«
Smith blickte finster. »Private Anrufe während
der Geschäftszeit?«
»Ach, Smith, laß schon. Nimm’s locker. Er nutzt
es nicht aus...« Sie ging an die Tür, öffnete sie und rief: »B. B., Wendy für
dich auf zwei.« Sie schloß die Tür und grinste Smith an.
»Hm«, sagte Smith. »Also, warum gehst du zu
einer Therapeutin?« Wie ein Hund mit einem Knochen, dachte Wetzon. Sie hätte
Smith niemals die Tür einen Spalt breit öffnen dürfen. Smith hatte ihre eigene
Therapie abgebrochen, kurz nachdem sie sich mit Richard Hartmann eingelassen
hatte. Zu dumm, denn es hätte vielleicht zu der Erkenntnis beigetragen, was für
ein gemeiner Mensch Hartmann war. »Mir kannst du alles sagen.«
Wirklich? Wetzon seufzte. »Ich habe etwas, das
man als posttraumatisches Streßsyndrom bezeichnet.«
»Was ist das? Hört sich furchtbar an.«
»Ich kann nicht schlafen und habe einen
wiederkehrenden Traum, daß auf mich geschossen wird.«
»Tja, Schatz, es wird nun mal auf Leute
geschossen. Du bist ja nicht die erste. Du mußt einfach darüber wegkommen.«
Smith untersuchte ihre Fingernägel.
»Sicher werden Leute erschossen, Smith.
Soldaten, Polizisten, Drogenhändler, unschuldige Zuschauer in Slums. Nicht
Leute wie wir.«
»Um Himmels willen. Da versuche ich mich
einzufühlen...«
»Smith, du würdest Einfühlungsvermögen nicht
erkennen, wenn du am hellen Tag darüberstolpern würdest.«
»Zuckerstück, du weißt einfach nicht, wie man
sich helfen läßt.«
»Du hast mit Silvestri gesprochen.«
»Was? Ich kann’s nicht glauben. Wenn du dich
wieder mit diesem Verlierer triffst, dann brauchst du wirklich Hilfe. Triffst
du ihn?«
»Verrate ich nicht.« Warum hatte Smith so eine
Art, Dinge zu sagen, die richtig waren, und sie dann zu verdrehen? »Ich lasse
mir jetzt helfen.«
»Dazu brauchst du keine Therapeutin. Du solltest
mit mir reden. Ich berechne es nicht einmal.«
Wetzon starrte ihre Geschäftspartnerin an. Smith
meinte es völlig ernst. Trotz allem begann Wetzon zu lachen.
Smith war ungehalten. »Du bist unmöglich. Ich
versuche, deine Freundin zu sein, und du weist mich ab und lachst mich aus.«
»Nein, nein, ehrlich.« Wetzon konnte kaum
sprechen, so mußte sie lachen. »Nein, wirklich. Dank dir für die Fürsorge.«
»Hm.« Smith kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück
und blätterte ihre Nachrichtenzettel durch. »Der hier ist für dich.« Sie wollte
ihn Wetzon schon reichen, dann zog sie ihn zurück und las ihn.
»Von wem ist das?« Die Augen naß vor Lachen,
fing Wetzon die Tränen vorsichtig mit einem Papiertuch auf, damit das —
angeblich wasserfeste — Mascara nicht verlief.
»Susan Orkin. Ist sie nicht mit dem Senator
verheiratet?«
»Nicht mehr.«
»Woher kennst du sie?« Smith hörte sich
eingeschnappt an.
»Sie war Dilla Crosbys Geliebte...«
»Muß das sein? Ich kann das nicht ausstehen.«
»Versuche, darüber wegzukommen, Herzchen.«
»Herrgott, ich wußte, ich würde es bedauern,
mich von dir ins Theater schleppen zu lassen.«
»Darf ich daran erinnern, daß du uns eingekauft
hast?«
Smith sagte: »Ich schätze, daß ich das
verdiene.« Sie schien beleidigt.
Und Wetzon hatte Mitleid mit ihr. »Susan und ich
waren zusammen am Douglass.«
»Ach.«
»Brütest du die Nachricht aus?« Sie stand auf,
um Smith den rosa Zettel wegzunehmen.
»Es steht nichts weiter darauf. Nur daß sie
angerufen hat...heute morgen um neun Uhr. Bändelst du wieder mit ihr an, jetzt,
wo sie ungebunden
Weitere Kostenlose Bücher