Mörderisches Paradies
Schuss.
“Kannst du mir das vielleicht mal erklären?”, verlangte Lee. Sie waren bereits hinter dem kleineren Boot her, hielten aber noch Abstand. Vorerst wollte Lee unbemerkt bleiben.
“Ehrlich, wir wollten doch nur ein bisschen reden”, meinte Amanda und schenkte Lee ihr süßestes Lächeln.
Währenddessen lief Matt unruhig hin und her. “Wir müssen doch noch mehr tun können”, murmelte er.
“Willst du das Risiko eingehen, dass sie Keith töten oder wen sie auch immer in ihrer Gewalt haben?”, versetzte Lee hitzig.
Matt schüttelte den Kopf.
Lee sah Amanda an. “Es tut mir wirklich leid, aber Sie werden einstweilen an Bord bleiben müssen.”
“Das macht nichts”, versicherte sie aufgekratzt. “Was glauben Sie denn, wo wir hinfahren?”
“Ich glaube, ich weiß, wo es hingeht”, meinte Matt und sah Lee an. “Zur Insel.”
Lee schaute nach vorn. “Damit könntest du verdammt richtig liegen”, meinte er.
Die Kugel wurde mehrmals abgefälscht. Erst traf sie die Messinglampe, dann prallte sie an der Rückseite eines Metallspiegels ab und streifte noch eine Nachttischlampe, bevor sie in die Holzwand einschlug.
Auf einmal stieß Keith einen Fluch aus, drückte sich eine Hand auf die Schläfe und sank zu Boden.
Einen Moment rührten sich weder Sandy noch Beth. Die Pistole fiel zu Boden und lag vergessen da.
“Mein Gott!”, schrie Sandy dann und sprang auf.
Zu Beths Überraschung rannte sie zu Keith. Brad lag immer noch stöhnend am Boden, während Sandy nach einem Handtuch griff und es an Keiths Kopf drückte.
“Sie haben ihn womöglich umgebracht!”, rief sie Beth panisch zu.
Entsetzt sprang Beth auf, stieß Sandy zur Seite und kniete sich neben Keith. Er war nicht tot, er atmete noch. Sein Herz schlug noch. Aber da war Blut …
Vorsichtig tupfte Sandy die Wunde ab.
“Geben Sie her”, sagte Beth. Sie nahm das Handtuch und machte einen Druckverband um Keiths Schläfe. Sie spürte, wie sich etwas um sie herum bewegte, kümmerte sich aber nicht darum. Ihr vordringlichstes Ziel war jetzt, die Blutung zu stoppen.
Keith öffnete die Augen. Im einen steckte immer noch die grüne Kontaktlinse, die andere musste er irgendwo verloren haben.
“Was zum Teufel ist passiert?”, keuchte er.
Ein Gefühl grenzenloser Erleichterung durchströmte Beth. Wenigstens lebte er. Dann klappten seine Augen wieder zu. “Ach so, ich weiß wieder … eine Kugel … aus dem Nichts.”
“Sandy, kann ich etwas Wasser haben?”, bat Beth.
Damit wischte sie das Blut weg und stellte erleichtert fest, dass es nur eine Streifwunde war. Anschließend sah sie sich um. Die Kugel steckte im Holzrahmen der Tür – was für ein Glück!
“Kannst du sitzen?”, fragte sie Keith.
Stöhnend setzte er sich auf und sah hoch. Beth ebenfalls, dann zuckte sie zusammen und sank gegen die Wand. Vor ihnen stand Brad mit der Waffe, die sie leichtsinnigerweise vergessen hatte.
“Brad”, sagte Sandy verängstigt.
Das Durcheinander hätte größer nicht sein können, überlegte Beth. Anstatt zu helfen, hatte sie Keith um ein Haar umgebracht. Und Sandy, eben noch die kaltblütige Mörderin, hatte sich zu Tode erschreckt, weil Beth ihn möglicherweise getötet hatte. Den Mann, den sie selbst noch Augenblicke zuvor bedroht hatte. Und Brad …
Brad sah ausgesprochen wütend aus.
“Brad”, wiederholte Sandy.
“Was willst du?”, fuhr er sie an. “Sie hat mir ein Loch in den Arm gebissen und mich fast zeugungsunfähig getreten. Und dieses Arschloch hier hat mir ein blaues Auge verpasst und mich niedergeschlagen. Und da soll ich noch freundlich bleiben?”
“Sie glauben, dass wir sie umbringen werden”, murmelte Sandy, die anscheinend die Seiten gewechselt hatte.
“Nur zu gern”, brummte Brad.
Keith sah die beiden an und schien ziemlich verwirrt. Ein dünner Faden Blut rann über sein Gesicht.
“Was haben Sie denn mit uns vor?”, fragte er.
“Sie hier behalten, bis wir unser Geld haben”, erklärte Sandy.
“Und dann werden Sie uns umbringen wie die anderen auch”, mutmaßte Beth.
Brad schaute sie wütend an. “Wir haben niemanden umgebracht. Sondern ein paar Boote geklaut und nach Südamerika verfrachtet. Und dafür wurden wir bezahlt. Das ist alles.”
“Aber Sie haben das Boot der Monocos geklaut. Und weder Ted noch Molly sind seitdem wieder gesehen worden.”
Langsam wurde auch Sandy ungeduldig. “Aber Sie waren nicht mal in der Nähe ihres Boots. Brad und ich sind an Bord gegangen, und da waren
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