Mörderisches Paradies
Ihre Handflächen waren feucht und ihre Gliedmaßen eiskalt.
Nur ein Albtraum, redete sie sich ein.
Aber es war nicht nur ein Albtraum.
Nicht weit entfernt raschelten die Blätter. Irgendetwas kroch durch das Dunkel.
Früher einmal hatte es hier zweifellos Piraten gegeben.
Und spanische Galeeren mit Gold an Bord.
Steckte doch mehr hinter Keiths Geschichte?
Die Menschen änderten sich nicht. Es gab immer noch Piraten. Und die Gegenwart machte Beth viel mehr Angst als eine noch so traurige Vergangenheit.
Da draußen schlich jemand umher. Ganz sicher kein Gespenst.
Sondern jemand, der ausgesprochen lebendig war.
3. KAPITEL
N ächtliches Treiben.
Damit hatte er gerechnet.
Irgendjemand auf der Insel spielte sein Spiel.
Ein harmloses Spiel? Auf den Spuren einer Legende?
Oder ein gefährliches Spiel ohne Rücksicht auf Verluste?
Keith erhob sich geräuschlos, wartete einen Moment in seinem Zelt und lauschte, um herauszufinden, aus welcher Richtung die Geräusche kamen. Eine leichte Brise wehte, und in den Bäumen raschelte es ein wenig. Aber was er gehört hatte, war mehr gewesen als das sanfte Zittern der Palmblätter im nächtlichen Wind.
Wer es auch war, er oder sie waren über den Sand gelaufen und im dichten Gestrüpp der Insel verschwunden.
Auf der Suche nach einem Schädel?
Oder ging es um mehr, um etwas vollkommen anderes? Vielleicht hätte er diese Gruselgeschichte nicht erzählen sollen. Aber er hatte sie absichtlich zum Besten gegeben und seine Zuhörer dabei genau beobachtet, um ihre Reaktion zu testen. Doch am Ende hatte er nicht mehr erfahren, als dass sich alle ausgesprochen leicht ins Bockshorn jagen ließen.
Ob er mit seiner Geschichte diese nächtlichen Aktivitäten herausgefordert hatte?
Langsam und leise verließ er sein Zelt und lief über den weißen Sand. Direkt vor ihm hörte er wieder das Geräusch, dieses Mal ganz leise.
Und plötzlich sah er ein Licht etwas weiter vor sich, als glaubte jemand, sich weit genug vom Strand entfernt zu haben und nicht mehr bemerkt zu werden.
Das Licht bewies, dass er kein nachtaktives Tier im Dickicht verfolgte.
Mit geschärften Sinnen ging Keith dem Licht nach und beschleunigte seinen Schritt, als der Strand hinter ihm lag.
Die Angst verschlug Beth sekundenlang die Sprache, bevor ihr Instinkt ihr befahl, die Mädchen zu schützen.
Sie stürzte aus ihrem Zelt und fand …
Nichts. Nichts als das nächtliche Meer und die sanften Geräusche der Wellen, die an den Strand schlugen, sowie eine Palme in der Nähe, die sich ein wenig in der lauen Nacht bog.
Eine Weile verharrte sie ganz still, sah sich um und lauschte.
Noch immer nichts. Verdammt, sie musste sich zusammenreißen. Eigentlich war sie nicht der ängstliche Typ, und Geschichten sollte man nicht zu viel Bedeutung beimessen. Es gab wirkliche Gefahren im Leben, aber mit denen kam sie zurecht. Sie durchstreifte keine gefährlichen Gegenden bei Nacht. Sie trug immer Pfefferspray bei sich und wusste, wie man damit umging. Sie konnte sogar eine Waffe bedienen. Aber sie besaß keine Waffe, weil sie zu Hause eine Alarmanlage hatte.
Warum reagierte sie heute nur dermaßen panisch?
Weil sie im Innersten ihres Herzens wusste, dass sie einen Schädel gesehen hatte – mochten die anderen auch sagen, was sie wollten. Und dieser Schädel war kein Überbleibsel eines Piraten gewesen, der schon vor einer halben Ewigkeit das Zeitliche gesegnet hatte.
Kein Mensch in der Nähe, keine Geräusche mehr. Trotzdem musste sie nach den Mädchen sehen.
Aber zuerst sah sie sich am Strand um. Alle Feuerstellen waren gelöscht, und die Umrisse der Zelte ragten friedlich in die Nacht. Keith und seine Freunde hatten eine Hängematte zwischen zwei Palmen aufgehängt, die sich in der Brise leicht bewegte. Ein Stückchen weiter standen noch ein paar Zelte und etwas entfernt davon noch ein einzelnes, und an keinem sah etwas verdächtig aus.
Beth lief zum Zelt der Mädchen und schaute hinein, mit einem vor Sorge zugeschnürten Hals. Aber sie schlummerten beide tief und fest. Da sie das Licht angelassen hatten, verwandelte es ihr kleines Schlafzimmer in eine kleine Oase inmitten des undurchdringlichen Dunkels.
Erst jetzt atmete sie erleichtert aus und ging wieder hinaus – wo sie geradewegs in etwas Großes, Festes lief.
Von Panik ergriffen, schrie sie.
Als Keith den Schrei hörte, blieb er stehen. Das schrille Geräusch ließ das Blut in seinen Adern gefrieren.
Nach dem Bruchteil einer Sekunde handelte er.
Der
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