Moerderjagd
ist?«
»Wie eine Frau, die einen Mann sehr geliebt hat, nun mal reagiert. Sie war aufgelöst und am Weinen.«
»So etwas gibt es also noch? Sie glauben also an die ewige Liebe?«
»Was heißt ewige Liebe?« Hansen kam auf mich zu.
»Lassen wir das! Diese Frau Rott möchte ich unbedingt kennenlernen.«
»Gilt Ihr Interesse der Frau als Tatverdächtige? Ich habe mit ihr einen Termin für morgen vereinbart.«
»Glauben Sie, Frau Weinand hat etwas von dem Verhältnis gewusst?«
»Annemarie Weinand hat ausgesprochen abgebrüht auf die Nachricht vom Tod ihres Mannes reagiert. Bei ihr war ich auch kurz, gleich nachdem ich mir den Paul angesehen hatte.«
»Vielleicht war sie ja doch eifersüchtig und hat bei Ihnen nur auf cool gemacht?«
»Mord aus Eifersucht, glauben Sie? Ich hätte auch nichts gegen eine Freundin am Arbeitsplatz«, stellte Hansen fest, während er sich zwinkernd vor meinem Schreibtisch aufbaute. Er hatte Lakritze gekaut, ich konnte seinen Atem riechen.
»Bloß nicht, Hansen, ich habe schon genug Probleme!« Auffallend rollte ich mit meinem Schreibtischstuhl ein Stück nach hinten und verschränkte meine Arme hinter dem Kopf.
»Sie machen es einem aber auch schwer«, konterte Hansen, trat einige Schritte zurück und griff nach seiner Tasche, die er unachtsam neben meinen Schreibtisch gelegt hatte. »Dann fahre ich mal brav nach Hause.«
»Macho!«
»Bis morgen, Frau Kommissarin!«, rief er mir zu und eilte winkend aus meinem Büro. Zehn Minuten später packte ich ebenfalls meine Tasche.
Bevor ich mich ins Auto setzte, wählte ich noch die Nummer meiner Eltern.
»Mama, ich bin auf dem Rückweg. Klar habe ich an das Futter für Balu gedacht. Bis später!«
Jil Augustin, 20.30 Uhr
Zu Hause bei meinen Eltern
Meine Mutter ist so zart und mitfühlend – das meinte ich jetzt ironisch. Sie fällt immer sofort mit der Tür ins Haus. Ich hatte noch nicht richtig die Gartentür der alten Dorfschule, in der meine Eltern leben, in der Hand, als Mutter mir entgegenkam.
»Ich habe gehört, du und Manfred lebt nicht mehr zusammen?«, wollte sie wissen und eilte mir aufgebracht und mit wehendem Haar entgegen.
»Mutter!«, sagte ich vorwurfsvoll und schüttelte den Kopf.
»Nenn mich nicht Mutter! Lydia hört sich doch viel besser an. Die Leute im Dorf reden über dich. Das gefällt mir nicht.«
Ich betrachtete meine Mutter. Sie passte eigentlich nicht in diese Dorfidylle. Sie sah immer noch mondän aus. Schulterlanges, gelocktes Haar, kastanienfarben, üppige Figur. Für eine Frau Anfang sechzig grandios.
»Ja, ich weiß. Eine Frau in meinem Alter sollte verheiratet sein, Kinder haben, weniger Zeit im Büro verbringen und stattdessen Unkraut rupfen«, empörte ich mich und zog genervt meine Nase hoch. »Ich hatte dich nicht für so spießig gehalten«, setzte ich noch nach.
»Jil, jetzt mal ganz ehrlich, fühlst du dich wohl in deiner Haut? Bald hast du Geburtstag. Fürs Kinderkriegen bist du dann auch schon zu alt«, sagte Mutter und baute sich vor mir auf.
Wie ich diese Diskussionen hasste.
»Es gibt Frauen, die mit vierzig ihr erstes Kind bekommen, also keine Panik! Außerdem muss nicht jede Frau Mutter werden.«
»Ich möchte aber Enkelkinder, Jil!«
»Können wir ins Haus gehen oder sollen wir noch ein bisschen die Nachbarn unterhalten? Frau Weber schaut schon ganz neugierig zu uns.« Ich drehte mich um und winkte der Frau im Nachbarhaus zu. »Na, geht es Ihnen gut, Frau Weber?«
»Komm schon rein!«, antwortete meine Mutter und zog mich ins Haus. Das alte Steinhaus war ein wunderschönes Gebäude – Holztreppe, alte Dielen, die knarren, wenn man darübergeht, ein romantischer Garten, in dem meine Eltern Skulpturen aufgestellt haben.
»Du hast ein neues Bild angefangen zu malen?«, fragte ich und blieb im Flur stehen. Mein Blick fiel in das Zimmer im Erdgeschoss, das Mutter ihr Atelier nannte.
»Ja, wenn du möchtest, kannst du dir eins für dein Büro aussuchen. Ich habe im Atelier noch weitere Bilder aus dieser Serie, die ich im Übrigen »Nachtgeflüster« nenne«, raunte meine Mutter zufrieden.
»Für mein Büro scheint mir das nicht passend zu sein«, grinste ich. »Aber für meine Wohnung.« Auf den Bildern waren nur nackte Frauen zu sehen.
Dann gingen wir hinauf in den ersten Stock.
»Manfred ist ausgezogen, er braucht Abstand.« Ich ließ mich in einen weichen Sessel fallen. Alles roch so vertraut. Mutter hatte heute Sauerkraut gekocht, der Duft lag noch im Haus.
»Such
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