Moerderjagd
ich meine Begabungen nicht auf diesem Sektor hatte, und wechselte zu Jura.«
»Sie haben regelmäßig in Paul Weinands Terminkalender gestanden. Haben Sie dafür eine Erklärung?«
»In seinem Terminkalender soll ich gestanden haben? Regelmäßig, alle vier Wochen? Das kann ich mir nicht erklären. Den Mann habe ich höchstens ein- oder zweimal im Vierteljahr gesehen. Gut, etwas öfter wird es gewesen sein. Sicherlich haben Sie da etwas verwechselt, Frau Kommissarin.
Mich deshalb hier in Ihr Büro zu bestellen, eine Frechheit ist das! Glauben Sie, ich habe meine Zeit gestohlen? Dann kamen Sie auch noch zu spät! So was mag ich überhaupt nicht. Unpünktlichkeit ist der Anfang vom Ende!! Es gibt nur einen Tag, an dem ich zu spät kommen möchte«, er fing laut an zu lachen, »zu meiner eigenen Beerdigung!«
»Was glauben Sie, was eine Stunde hier herumsitzen mich kostet? Ich wäre nicht so reich geworden, hätte ich meine Zeit nicht sinnvoll eingesetzt.
Nein, mit dem Mann hat mich nichts verbunden, außer der Tatsache, dass er bei uns seine Windräder in Auftrag gegeben hat. Wir leben sozusagen in verschiedenen Welten.«
»Können Sie das etwas definieren?«
»Er war ein Visionär, nicht schlecht der Mann. Er konnte andere Menschen begeistern. Deshalb stiegen auch von Tannenberg und der Bürgermeister mit in die Windkraftanlage ein. Nein, ich habe mit den von Tannenbergs sonst nichts zu tun. Meine Mutter hat die Kontakte nie gepflegt, und meine Cousins oder sonstigen Verwandten dieser Seite haben sich auch nicht um ein Treffen mit mir gerissen. Übrigens will ich diesen Namen auch nicht tragen.
Der Ring? Sie können aber auch nerven, Frau Kommissarin!«
»Das habe ich jetzt überhört.«
»Gut, kommen wir zurück zur geplanten Windkraftanlage.
Klar, das ist im Augenblick der Trend. Überall versuchen Gemeinden, ihre Flächen zu vermarkten. Einige kommen auf uns zu und sagen, gebt uns siebzigtausend Euro Pacht im Jahr, und ihr könnt ein Windrad hier aufstellen.
Nein, es ist nicht mehr so einfach, freie Flächen zu finden und sie dann auch noch mieten oder kaufen zu können. Inzwischen muss man einen Kilometer Abstand zu den Gemeinden halten. Da ist die Auswahl an geeigneten Flächen nicht mehr so groß. Außerdem gibt es noch etwas Konkurrenz, und die schläft auch nicht. Kontakte!!! Kontakte sind das A und O, Sie verstehen, Frau Augustin?«
»Susi Rott ist schwanger. Haben Sie davon gewusst?«
»Was sagen Sie?
Die Susi Rott schwanger? Vom Weinand? Puh, das kann ich nicht glauben. Dachte, die Frau hätte mehr Stil.
Wie ich das meine, Frau Kommissarin?
Die Susi hätte doch ganz andere Chancen gehabt. Diese Frau gehört an die Seite eines erfolgreichen Managers, eines Mannes wie …«
»Wie Sie, zum Beispiel?«
»Nicht so vorlaut, Frau Augustin! Ja, die Susi Rott hätte viel besser an meine Seite gepasst. Ich bin aber nicht ihr Typ gewesen. Dummes Weib! Jetzt wird sie alleine mit dem Kind dasitzen, selbst schuld.«
»Wieso selbst schuld?«
»Dachte, Sie wollten mit mir über Arno reden.«
»Wo waren Sie in der letzten Nacht?«
»Bei der Beerdigung! Wo soll ich sonst gewesen sein?«
»Nicht so laut! Meine Ohren sind noch gut. Und anschließend, wo waren Sie nach der Beerdigung?«
»Zu Hause.«
»Den ganzen Abend?«
»Nein.«
»Was soll das? Bitte geben Sie mir jetzt eine richtige Antwort.«
»Frau Weinand.«
»Frau Weinand? Sie wollen behaupten, Sie beide haben sich nach der Beerdigung getroffen?«
»Ja, es war Zufall. Wir sind uns zufällig begegnet, haben geredet. Sie ist eine sehr nette Frau.«
»Sind Sie im Besitz einer Waffe?«
»Was? Ob ich eine Waffe besitze? Ja, natürlich. Sogar fünf Stück. Natürlich habe ich meine Waffen in einem Waffenschrank. Ich bin doch nicht so verrückt und riskiere den Verlust meines Waffenscheins. Und jetzt möchte ich gehen. Wenn Sie noch mehr Fragen haben, dann rufen Sie meinen Anwalt an.«
Zehn Minuten später tauchte Hansen in meinem Büro auf und fragte: »Haben Sie schon mit Schuster gesprochen?« Ich schüttelte den Kopf. »Werde ich gleich machen.«
»Was macht Ihre Frau?«
Hansen winkte ab, lenkte das Gespräch erneut auf den Kollegen Schuster. Dann machte er sich wieder einmal auf den Weg zu meiner einzigen Zimmerpflanze, um sie zu gießen. Sollte die Pflanze in den nächsten Tagen auch eingehen, liegt es mit Sicherheit nicht daran, dass sie zu wenig gegossen wurde. Ich blickte ihm nach, schaukelte auf meinem Stuhl hin und
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