Moerderjagd
sterben, doch über das Wie entscheide ich selbst! Ob Sie mir je verzeihen kann? Ich habe sie auf meine Weise immer geliebt und wollte ihr nie wehtun, niemals! Reden? Nein, das wollte und konnte ich nicht mit ihr.
Hass ist etwas ganz eigenes und nichts, das man teilen muss. Genau wie der letzte Gang … der letzte Weg … den muss man auch alleine bewältigen.
Jil Augustin
Die Nachricht, dass Eleonora tot aufgefunden wurde, hat mich geschockt. Gerade dachte ich noch, die beiden Morde an Paul und Arno aufgeklärt zu haben, dann diese Nachricht. Der Mord an Eleonora passte nicht in den Ablauf. Es ergab auch keinen Sinn. Gut, sie war mit Paul bekannt. Jeder in der Gegend kannte Paul Weinand, vor allem die Frauen. Auch für den Staatsanwalt war sie mehr als eine Bekannte. Ihm war der nächtliche Ausflug mit Eleonora im Freibad bestimmt in keiner guten Erinnerung.
Ich musste mehr über sie erfahren. Wieder im Auto, rief ich gleich Hansen an. Er war schon eifrig am Recherchieren und konnte mir berichten, dass Eleonora ein Kind im Alter von sechs Monaten hatte. Sie lebte von ihrem Mann getrennt. Unter der Woche kümmerte sie sich gemeinsam mit ihrer Mutter um den Säugling, am Wochenende ihr Mann. Sie hatte einen Freund, nichts wirklich Festes. Die Mutter hat uns auch die Anschrift von ihrem Nochehemann gegeben. Richtig fertig war die Frau, so Hansen. Er hat sie aufgesucht. Zu diesem Zeitpunkt war die Frau schon über den Tod ihrer Tochter informiert. Passanten hatten die Leiche am Morgen gefunden. Eleonora war bekannt, eine Frau rief sogleich bei der Mutter an.
Die Mutter habe auch von dem Staatsanwalt gesprochen. Noch einmal musste ich an die gemeinsame Befragung von ihr und unserem Staatsanwalt denken. Sie, die lebenshungrige junge Frau mit den leuchtenden Augen, die noch so vieles erleben und sehen wollten. Daneben unser Staatsanwalt, er wirkte ganz fade, grau und humorlos neben Eleonora Lorenz. Sie hatte ihn nach dem Schwimmbadausflug mit zu sich nach Hause genommen, Kleider gegeben. Mir fiel seine patzige Art ein, wie er versuchte sich zu rechtfertigen. Eleonora lachte nur, schien kein Problem mit dem kleinen Ausflug zu haben. Ich war für einen Moment ganz in Gedanken versunken, konzentrierte mich nicht richtig auf den Verkehr und verpasste eine Ausfahrt.
»Verdammt! Das auch noch!«
Hansen lachte laut auf. Er kannte meinen Fahrstil inzwischen und nahm meine Reaktionen nicht mehr wirklich ernst.
»Wenn Sie hier sind, sollten wir Frau Lorenz’ Mann einmal aufsuchen.« Mit diesen Worten beendete er das Telefonat.
Eleonora war noch so jung gewesen, tragisch. Irgendwie hatte ich die Frau um ihre Lebensfreude beneidet.
Ich nehme mir die Morde zu sehr zu Herzen. Vor allem in den letzten beiden Jahren merke ich immer wieder, dass ich zu sentimental werde, Berufliches mit nach Hause schleppe und nicht abschalten kann am Abend. Das ist nicht gut.
»Sie sehen schlecht aus«, begrüßte Hansen mich später im Büro. Das sind so Momente, die ich überhaupt nicht brauche. Gemeinsam mit Hansen suchte ich dann am Nachmittag Herrn Lorenz auf. Zuvor hatte ich mit Hansen noch einen Tee getrunken, grünen Tee. Er meinte, das sei gut für seinen Magen. Wenn es denn hilft … sah ich ihn grinsend an und schlürfte meine Tasse aus.
Auf der Fahrt zu Herrn Lorenz musste Hansen zweimal den Wagen anhalten und kurz aussteigen. Der Tee war allem Anschein nach doch nicht das Richtige gewesen, um seinen Magen zu beruhigen.
Lorenz öffnete erst nach dem dritten Klingeln. Die beiden, er und seine Frau, waren erst vor drei Jahren hierher gezogen, aus beruflichen Gründen. Herr Lorenz arbeitete als Lehrer an der Grundschule. Zu Anfang sei alles gut gewesen, auch die Ehe, betonte er. Ohne Umschweife hatte er geredet. Die Worte kamen mal schnell und hastig, dann wieder langsam und zäh aus seinem Mund.
Der Mann machte einen ganz aufgelösten Eindruck, weinte immer wieder, hielt das Baby auf seinem Arm.
Das Reihenhaus wirkte sehr gepflegt und perfekt aufgeräumt. So sah meine Wohnung nicht immer aus.
Von Herrn Lorenz erfuhren wir, dass seine Frau an dem Abend ihres Todes mit einer Freundin eine Pizzeria aufgesucht hatte. Wenige Meter vor dem Friedhof hatten sich die beiden Frauen erst getrennt. Die halbe Nacht sei er rumgelaufen, habe versucht, Eleonora über ihr Handy zu erreichen.
»Und warum wollten Sie Eleonora anrufen? Sie lebten doch inzwischen getrennt.«
»Es ist meine Pflicht, verstehen Sie das nicht? Wir haben doch nicht
Weitere Kostenlose Bücher