Moerderjagd
einen Mann kennengelernt, der sie in Beschlag nimmt. Das ist doch sonst nicht ihre Art, sich so rar zu machen.
Ob ich mir vom Versandhandel ein Kleid schicken lassen sollte? Oder doch lieber Jeans anziehen, falls Manfred zu meinem Geburtstag kommt?
Manfred Luck
Das mit der Eleonora Lorenz hatte sich wie ein Lauffeuer verbreitet. Ich habe sie gekannt. War eine hübsche Person, sehr nett und gebildet. Ihr Mann war mir nicht so sympathisch, wirkte immer etwas arrogant, auf Abstand bedacht. In einer Kneipe am Rheinufer hatte ich die beiden kennengelernt. Mit Eleonora war ich direkt im Gespräch. Ihrem Mann schien das nicht gefallen zu haben, er hatte nach einem Bier die Rechnung verlangt und Eleonora den Mantel gebracht. Ich habe sie dann in regelmäßigen Abständen in der Stadt getroffen. So habe ich auch mitbekommen, dass sie irgendwann schwanger war. Glaube, ich habe das erst bemerkt, als sie schon im sechsten Monat war, so schlank, wie sie war. Tolle Figur!
Es gab mal Gerüchte, klar, die gehen schnell durch die Stadt. Man darf aber nicht auf jedes Gerücht etwas geben. Die Leute wollten so vieles über die Frau wissen, vor allem, nachdem sie bei ihrem Mann ausgezogen war. Das passte nicht ins Bild der spießigen Leute. Denke mal, die, die am meisten geredet haben, sollten zuerst überlegen, wie sie selbst leben!
Vorhin habe ich mit Jil telefoniert. An ihrer Stimme konnte ich erkennen, wie hektisch sie wieder einmal war. Meine kleine Perfektionistin!
»Ich muss dich sehen, Jil!«, habe ich gebettelt. »Lass uns ein Eis essen gehen oder einen Rotwein auf der Terrasse trinken!«
Jil willigte ein. Eine Stunde später saßen wir uns gegenüber, am Rheinufer, an einem kleinen Tisch in der Sonne. Vom Nachbartisch aus wurde Jil zuerst nach dem Stand der Ermittlungen gefragt, ehe wir Zeit für uns hatten. Jil wirkte müde. Sie schien viel zu arbeiten, wenig zu schlafen. Sie machte sich Sorgen um Elke. Zum Glück brauchte ich nicht auf das Thema einzugehen. Der Kellner kam in dem Moment an unseren Tisch.
Zu meiner Freude bestellte Jil sich einen großen Erdbeereisbecher mit Sahne. Danach war sie früher immer so entspannt gewesen. Wie zufällig streifte ich ihre Hand. Sie ließ es zu, ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Erschrocken registrierte ich anschließend, dass Jil abrupt ihren Löffel zur Seite legte. Ich rechnete schon damit, dass sie jetzt aufstand und ging.
Aber nein! Es war ein Traum! Jil packte meinen Kopf, legte ihn in ihre Hände und drückte ihre weichen vollen Lippen auf meinen Mund.
Der Besitzer des Lokals, ein Italiener, ging an uns vorbei und sprach von »Dolce Vita«. Er hatte recht. Das Leben konnte so schön sein!
Jil verabredete sich mit mir für den Abend. Ich versprach, noch einmal für uns zu kochen, in der Hoffnung, dieses Mal nicht sitzengelassen zu werden.
»Notfalls gehe ich auch mit dir den Hund ausführen«, hatte ich angeboten. Jils Eltern konnte ich gut leiden, besonders die Mutter. Die passte eigentlich so gar nicht in diese ländliche Idylle hinein.
Erst als Jils Handy ging, waren wir wieder mitten im Alltag angekommen. So schnell konnte das gehen! Von Wolke sieben hinunter auf die Erde.
Jil erwähnte am Telefon den Namen von Eleonora Lorenz. Ich sprach sie später darauf an.
»Du hast die Frau gekannt?« Ihre Augen funkelten. Das war sie wieder – meine alte Jil. Beschwichtigend hob ich meine Arme vor die Brust und musste laut anfangen zu lachen. »Nur rein platonisch, Jil, Ehrenwort!«
Dem Kellner winkte ich anschließend und bestellte noch zwei Cappuccino für uns. Von Jil erntete ich erneut ein Lächeln. Sie liebt Cappuccino, das wusste ich natürlich. Die Situation war genau richtig. Ich lehnte mich ein Stück vor, ergriff Jils Hände, dann küssten wir uns leidenschaftlich.
Am Nachbartisch saß eine Oma mit Enkelkind. Sie regte sich über uns auf und meinte laut, so etwas würde sich in der Öffentlichkeit nicht schicken! Notgedrungen ließen wir voneinander ab, nicht wegen der Oma, sondern aus Rücksicht auf das Kind.
Eher beiläufig erwähnte ich gegenüber Jil, dass in der Stadt das Gerücht umgegangen war, Eleonora Lorenz sei von einem anderen Mann schwanger gewesen.
Ich hatte sogleich an den Doktor aus Sankt Goarshausen gedacht, aber nichts gesagt. Mir war es egal.
»Das ist ja mal wieder typisch für dich«, regte Jil sich daraufhin auf. Ich hatte Mühe, sie zu beschwichtigen und davon abzuhalten, den Tisch fluchtartig zu verlassen. Da war sie
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