Mörderspiel
waren dem ganzen Unglück relativ unbeschadet entronnen.
„Es ist vorbei“, sagte er leise. „Mein Gott, es ist endlich vorbei“, wiederholte er. „Sieh nach, ob Joshua noch lebt, ob er eine Chance hat. Ich bringe Brett nach oben, stoppe die Blutung und versuche ihn zu stabilisieren. Erstaunlich, was? Letztlich hat er sich doch als mein bester Freund erwiesen.“ Er kniete neben Brett nieder und hob ihn vorsichtig hoch.
Dann sah er Sabrina an und fragte: „Hast du wirklich an mich geglaubt?“
„In meinem Herzen immer.“
„Aber du hattest Zweifel.“
„Logische, in meinem Verstand. Aber…“
„Aber was?“
„Mein Herz wollte meinem Verstand nie Glauben schenken.“
Er lächelte, und gemeinsam verließen sie das Horrorkabinett.
EPILOG
„J on!“
Er hörte seinen Namen und sah zurück.
Da stand sie auf dem Balkon und rief ihn.
Er hielt inne, lächelte und winkte ihr zu.
Es war jetzt zwei Jahre her, dass Notärzte und Rettungsteams ins Schloss geeilt waren, gefolgt von der Polizei.
Reggie und Brett hatten es beide geschafft. Seine eigenen Wunden waren schnell geheilt und hatten nur kleine Narben hinterlassen. Joshua war auf dem Operationstisch gestorben.
Die Medien hatten sich auf Joshua Valines Tod gestürzt und genussvoll das Leben des ungewöhnlichen Künstlers ausgebreitet. Sein Werk erhielt postum große Anerkennung. Die Gerüchte über ihn stimmten Jon jedoch traurig. Joshua war schuldig geworden, weil er sich verliebt und weniger mit dem Verstand als mit dem Herzen gedacht hatte. Nur deshalb war er zum Mittäter an brutalen Morden geworden. Jon fragte sich oft, ob Joshua viele Jahre im Gefängnis hätte ertragen können. Camys Kugel und Bretts Entschlossenheit, seinen Gastgeber und Freund zu schützen, hatten den Fall jedoch abgeschlossen, ehe er zum Gericht ging.
Sabrina war in jener Nacht mit dem Medizinteam ins Krankenhaus gefahren, um als Freundin bei Brett zu bleiben. Sobald die Polizei mit den Verhören fertig war, etwa zwei Wochen nach dem Vorfall, war Jon von Lochlyre Castle abgereist. Er hatte wegfahren müssen, um sich klar zu werden über alles Geschehene und über seine Zukunft, und zwar allein.
Schließlich war er Sabrina nachgereist. Und erst bei ihr war er zusammengebrochen. Er hatte geglaubt, nicht mehr weinen zu können. Doch er erkannte schließlich, dass er sich die Schuld am Tod von Cassie und Susan und an all dem Leid gegeben hatte, das sich im Schloss zutrug. Aber in jener ersten Nacht bei Sabrina fing er an, sich zu verzeihen und verliebte sich wieder.
Sie heirateten in aller Stille, in Anwesenheit ihrer Familie, ihrer Schwester, dem Schwager und dem kleinen Neffen. Jon war nie glücklicher gewesen.
An ihrem ersten Hochzeitstag wurden sie mit der Geburt ihres Sohnes beschenkt. Kurz danach hatte Sabrina darauf bestanden, dass sie die Staaten verließen und wieder hierher zurückkehrten, zum Lochlyre Castle. Sie hatte ihn überzeugt, dass nicht das Schloss böse war, sondern nur einige Menschen, die in ihm gelebt hatten. Sie liebte den Besitz und schwor sich, ihn zu einem Ort des Glücks zu machen. Zusammen würden sie das schaffen.
Und sie hatten es geschafft.
„Jon!“
„Was?“
„Du siehst mich so seltsam an.“
„Nun ja, du hast mich gerufen.“
„Ich habe eine Karte von V.J. und Tom erhalten. Sie sind in Spanien, und sie möchten eine Woche auf Besuch zu uns kommen.“
„Großartig! Sag ihnen zu!“
Er war erstaunt über das Glücksgefühl, das ihn durchströmte. Er liebte sein Schloss, und Gott sei Dank wollten auch seine Freunde wieder hierher kommen.
„V.J. sagt, wir müssen bald mal wieder eine Krimi-Woche abhalten.“
„Wir denken darüber nach, okay?“
„Okay!“
Sabrinas Augen strahlten im Sonnenschein. Der Wind bewegte ihr Haar und ließ es um ihr Gesicht flattern. Sie sah umwerfend verführerisch aus, wie sie so auf dem Balkon stand. Die Poseidonstatue hatten sie entfernen lassen, und der Innenhof war mit einer Vielzahl bunter Blumen bepflanzt worden.
Sie strich sich das Haar zurück. „Jon…?“
„Ist sonst noch was?“
„Ja!“
„Was?“
„Das Baby schläft…“
„Ja?“
„Ich dachte, du möchtest vielleicht für ein Weilchen zurückkommen.“
Er lächelte, winkte und ging aufs Schloss zu. Genau hier wollte er sein.
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