Mörderspiel
Plattenweges, der den Brunnen umgab und hinter dem Rosenbogen in einen Kiesweg überging, der bis zum See hinabführte.
Die Wände des großen Schlafzimmers waren mit antiken Teppichen behängt. Es gab einen großen Kamin, aber auch eine moderne Warmwasserheizung. Auf einem Podest stand ein riesiges Himmelbett. Eine Ebene tiefer als das Schlafzimmer, gleich hinter einem mittelalterlichen Torbogen befanden sich ein großes Bad mit Whirlpool und eine Sauna. Außerdem verfügte Cassandra genau wie Jon über ein großes Ankleidezimmer mit Einbauschränken.
„Was gibt es an alledem auszusetzen?“ hatte Jon sie gereizt und gekränkt gefragt.
Die Inneneinrichtung war in der Tat vom Feinsten. Trotzdem war ihr das Landleben zuwider. Dieser Winkel Schottlands war eben nicht London, Paris, New York oder auch nur Edinburgh.
Und genau deshalb gefiel es ihm hier so gut, hatte er erwidert.
Und Jon entfernte sich immer mehr.
Sie spürte Tränen in den Augen brennen und war verblüfft über die plötzliche Gefühlsaufwallung. Wieso machte er sich mehr aus einem Haufen Steinen und seinen idiotischen Freunden als aus ihr? „Jon! Jon! Verdammt, Jon!“
Er hatte von Scheidung gesprochen, weil sie für ihr Zusammenleben keinen gemeinsamen Nenner mehr fanden. Aber er konnte sich nicht einfach so scheiden lassen. Das durfte er nicht! Sie hatte ihm bereits gesagt, dass sie ihm das unmöglich machen würde. Sie würde ihn durch den Schmutz ziehen und unzählige finstere Geheimnisse über ihn und seine Freunde preisgeben.
„Jo…“
Sie wollte ihn wieder rufen, merkte jedoch, dass jemand hinter ihr stand.
Sie fuhr herum, um zu sehen, wer ins Zimmer geschlüpft war. „Du? Verdammt! Raus mit dir! Hat er dich geschickt? Mach, dass du aus meinem Zimmer kommst! Aus
unserem
Zimmer! Ich bin seine Frau. Ich bin die, die mit ihm schläft! Raus hier!“
Sie wandte sich rasch wieder ab, um vom Balkon hinunterzusehen. „Jon!“
Sie hörte eine hastige Bewegung. Etwas raschelte wie von einer leichten Brise bewegt, und sie fuhr erneut herum.
Und erkannte, dass sie ihrem Killer in die Augen starrte.
„O Gott!“ keuchte sie und begann verzweifelt zu rufen.
„Jon! Jon! Jon!“
Sie spürte den Druck des Geländers im Rücken und schrie auf.
Dann fiel sie.
Und sah ihren eigenen Tod.
Jon Stuart war zornig. Richtig zornig. Er hatte vorgehabt, endgültig zu gehen. Doch etwas in Cassandras Stimme ließ ihn plötzlich aufmerken, und er drehte sich rasch um.
Und da war sie.
Und fiel…
Es sah aus, als würde sie fliegen. Sogar jetzt wirkte sie, wie stets, elegant. Sie trug einen weißen Seidenmorgenmantel, der sich um ihren Körper aufblähte. Ihr ebenholzfarbenes Haar bekam durch den goldenen Sonnenschein blauschwarze Glanzlichter. Sie fiel in geradezu dramatischer Grazie und Schönheit.
Und nur Sekundenbruchteile nach der sinnlosen Erkenntnis, dass er absolut nichts für sie tun konnte, wurde ihm bewusst, dass sie starb. Schreiend, seinen Namen kreischend stürzte sie zur Erde.
Und beendete ihr Leben in Poseidons Armen, hingegossen wie eine launische Göttin. Die Augen geschlossen, das schwarze Haar und der schneeweiße Morgenmantel in der Brise flatternd, sah es fast aus, als würde sie schlafen, außer…
Der Dreizack hatte sie durchbohrt.
Und der schneeweiße Morgenmantel färbte sich langsam rot.
Mit hämmerndem Herzen begann Jon zu laufen, rief sie und rannte verzweifelt schneller, als könnte er sie rechtzeitig erreichen und ihr helfen, obwohl er wusste…
Wieder schrie er ihren Namen.
Erreichte sie und hielt sie in den Armen.
Und ihr Blut ergoss sich über ihn.
Während ihre toten Augen ihn in stummem Vorwurf anstarrten.
1. KAPITEL
D rei Jahre später
Die Szene wirkte sehr gruselig. Eine junge Frau in mittelalterlichem Gewand war auf eine Folterbank gespannt. Ihr langes blondes Haar fiel über den Mechanismus der Folterapparatur. Ein dunkelhaariger Mann mit Bart beugte sich halb über sie.
Die Tochter des Earl of Exeter, stand auf dem Schild darüber, auch bekannt als Streckfolter. Das Gerät war nach dem Mann benannt, der am geschicktesten Geständnisse aus seinen Opfern herausgeholt hatte.
Der Künstler, der für die Gestaltung dieser Wachsfiguren verantwortlich zeichnete, war ebenfalls geschickt gewesen. Die Blondine auf dem hölzernen Marterinstrument war bezaubernd mit einem zarten, klassisch schönen Gesicht und großen blauen Augen, in denen die Angst vor der Qual zu lesen stand. Jeder mit normalen
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