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Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition)

Titel: Möwennest-Reihe Gesamtband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Harrys Beine an und legte sie kurz darauf wieder ab. Dann schleifte man ihn weiter.
    „Ihr wollt ihn doch nicht auf den Sessel setzen. Das ist … „
    „Ist gut Vasili“, unterbrach Petr Stojics den Zeternden. „Er wird dort sitzen. Genau, wie ich es veranlasst habe.“
    „Aber Chef …“ Vasili verstummte.
    Die kräftigen Hände unter Harrys Achseln wuchteten seinen Körper auf einen ledernen weißen Sessel. Harry sank zurück. Das Licht der Kronleuchter an der hohen Decke war blendend hell. Zu hell für Harry. Er kniff die Augen zusammen und senkte den Kopf. Abermals hörte er Stojics Stimme. Sie war leise und bestimmt, so wie er sie in Erinnerung hatte.
    Daran hat sich also nichts geändert.
    „Ich möchte, dass ihr alle geht. Andrej und Viktor bleiben vor der Tür. Der Rest verschwindet.“
    Es gab keine Widerworte ; nur ein wenig Gemurmel, das nach und nach verklang. Die Tür wurde geschlossen. Harry hörte, wie Petr den Schlüssel im Schloss drehte und vernahm den Hall, den seine Schritte auf dem Fußboden produzierten, während er sich näherte. Dann verstummte das Geräusch. Ein Sessel wurde verschoben. Harry öffnete die Augen und hob den Blick. Vor ihm breitete sich ein schwammiges Bild aus. So als schaute er durch eine völlig verdreckte Brille. Er rieb sich die Augen, was den Zustand nur leidlich besserte. Man hatte ihn auf einen der Sessel an der Nordwand gesetzt. Petr saß ihm gegenüber. Zwischen ihnen stand das Schachbrett auf dem eigens dafür angefertigten Mahagonitisch. Stojic besaß es seit einer Ewigkeit und bezeichnete es als eines seiner wertvollsten Besitztümer. Oft und gerne hatte er davon erzählt, wie in einer Partie Schach auf diesem Brett über Leben und Tod entschieden worden war.
    Damals, vor zehn Jahren, hatte Harry das für eine nette, wenngleich übertriebene Anekdote gehalten, die Stojic allzu gerne seinen Geschäftspartnern aufgetischt hatte. Harry hatte dieses Gebaren immer für ein Mittel zur Einschüchterung gehalten. Jetzt schien ihm das plötzlich gar nicht mehr so realitätsfern …
    Petr sah ihn an und er sah Petr an. Der Gesichtsausdruck seines Chefs war undurchdringlich, frei von jeglicher Gefühlsregung. Völlig neutral betrachtete er Harry. Da war kein Augenrollen, kein Zucken der Mundwinkel, kein Stirnrunzeln. Genauso gut hätte Harry auf eine kalte Betonwand gucken können. Die hätte ihm genau so viel über ihren Gemütszustand verraten.
    Der Moment dauerte an. Petr machte keine Anstalten etwas zu sagen. Sekunden verstrichen und wurden zu Minuten. Es fiel kein Wort.
    Obgleich die Situation zum Zerreißen gespannt war, fühlte sich Harry an den Tag erinnert, an dem er begonnen hatte, für Stojic zu arbeiten. Er war sicher, dass dies das letzte und einzige Mal gewesen war, das er Auge in Auge mit Petr allein in einem Raum gesessen und eben jene quälende Stille hatte ertragen müssen.
    Damals war die Frage lediglich gewesen, ob Harry kompromisslos und loyal arbeiten konnte, ohne dabei zu viele Fragen zu stellen. In dieser Stunde war die Frage eine andere. Welche das jedoch war, verbarg Petr Stojic eisern hinter einer nichtssagenden Fassade. Er wartete.
    W orauf? Darauf, dass Harry vor ihm auf die Knie fiel und um sein Leben bettelte? Oder wartete er nur darauf, dass Harry endlich begann, sich zu rechtfertigen?
    Harrys Hände zitterten und als er den Kopf senkte, weil er dem Blick seines Chefs nicht länger standhielt, bemerkte er, dass auch der Rest seines Körpers unruhig zuckte.
    „Hast du Angst?“, fragte eine innere Stimme.
    Ja, und ob!
    Wenn er nur gewusst hätte, was Petr von ihm hören wollte, wäre ihm wohler in seiner Haut gewesen. Er wusste es nicht. Und er war, durch all jenes, was er hatte durchmachen müssen, einfach nicht länger imstande, sich zusammenzureißen.
    „ Petr … ich …“, begann er. „Ich kann alles erklären …“
    Stojic schnalzte mit der Zunge, hob die rechte Hand und winkte ermahnend mit dem Zeigefinger.
    „Harry, Harry, Harry“, sagte er ruhig. „Es ist so lange her. Hast du da unten in Zeeland alle guten Manieren vergessen?“
    Harry vermochte darauf nicht zu antworten.
    „Erste Frage: Was tut man, wenn man alte Bekannte trifft?“
    Erneut blieb Harry stumm. Petr lächelte kalt.
    „Richtig“, sagte er, „man begrüßt sich. Also: Hallo , Harry Romdahl, schön dich mal wieder zu sehen.“
    „Hallo Petr … Herr Stojic“, flüsterte Harry.
    „Zweite Frage: Scotch oder Sliwowitz? Und die Antwort darauf ist ebenso

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